'Der Stille Don' - 2. Buch, 1. Teil

  • Zitat

    Original von Karthause
    Nein, diese Frauen werden nicht auf Sex reduzieren, sie sind es nämlich, die die Höfe am Leben erhalten, während die Kosaken kämpfen.
    (...)
    War es denn in Deutschland so sehr viel anders, als die Wirtschaft auf dem Rücken der Frauen lastete im 1. und 2. WK?


    Ich habe inzwischen einige Bücher aus der Zeit 1. bzw. 2. Weltkrieg gelesen, aber genau so ist bzw. war es, und zwar in allen an den Kriegen beteiligten Ländern. Das war, so denke ich inzwischen, auch mit ein maßgeblicher Grund für die Veränderungen innerhalb der Gesellschaft.


    Wenn die Frauen während des Krieges Männerarbeiten übernehmen konnten, wieso hätten sie das plötzlich nach dem Krieg nicht mehr können sollen? Der Beweis war ja erbracht - und damit gesellschaftliche Umwälzungen unausweichlich geworden.


    Das Einzige, worin ich mir noch nicht im Klaren bin ist, welcher Krieg die größeren Auswirkungen hatte. Derzeit tendiere ich zum 1. Weltkrieg.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Das Einzige, worin ich mir noch nicht im Klaren bin ist, welcher Krieg die größeren Auswirkungen hatte. Derzeit tendiere ich zum 1. Weltkrieg.


    Da hatte garantiert der 1. WK die größeren Auswirkungen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen waren gewaltig. Neben den materiellen Schäden waren Sieger und Besiegte auch finanziell am Ende. Letzten Endes ist auch noch die Inflation von 1923 den Kriegfolgen zuzuordnen. Es gab weltweit mächtige gesellschaftliche und soziale Umwälzungen. In Deutschland und Russland wurden Monarchien gestürzt. Der Boden für totalitäre Regime wurde bereitet. In Russland kam es dann zum Umbruch, mit der Sowjetunion entstand der erste Staat in dem die Arbeiter und Bauern regierten. Deutschland wurde durch den Versailler Vertrag in die Knie gezwungen, die Folgen waren verheerend. Es entstand ein Nationalismus, der die Welt in einen neuen globalen Krieg stürzte. Danach setzte sich die "sozialistische Revolution" in weiteren Teilen der Welt durch. Aber Ausgangspunkt dieser Entwicklung ist für mich immer der 1. WK. Auch wenn man auf die Militärtechnik schaut, entwickelte sich diese während des und nach dem 1. WK sehr viel schneller. Für mich wird häufig die Bedeutung des 1. WK weit unterschätzt.

  • Zitat

    Original von Karthause
    Für mich wird häufig die Bedeutung des 1. WK weit unterschätzt.


    Ein Gefühl, das sich bei mir auch immer stärker einstellt.


    Ob in der UdSSR wirklich die "Arbeiter und Bauern" regierten, sei mal dahingestellt. Aber, wie aus berufenem Munde ja mitgeteilt, ist das heutige Rußland eine "lupenreine Demokratie" (vermutlich genau so wie Nordkorea oder China) , da werden damals denn wohl auch die "Arbeiter und Bauern" regiert haben. ;-)
    Ich denke, es waren vor allem die Funktionäre, die regiert haben. (Daß die Verhältnisse, vor allem für den "kleinen Mann", schlimm und daher Änderungen notwendig waren, sei nicht bestritten. Die Frage ist, ob es eben nach diesen Änderungen für den "kleinen Mann" besser wurde.)


    Ich muß wieder "Downton Abbey" zitieren, das mir die Augen für die Folgen des 1. Weltkrieges geöffnet hat (wenngleich das bei den Briten angesiedelt ist). Zwischenzeitlich habe ich mir alle Hefte des "Funkkolleg Jahrhundertwende" günstig besorgt, wo es eben auch um diese Zeit und die Veränderungen geht.


    Mir waren die Folgen des 1. Weltkrieges bisher nie so richtig bewußt gewesen, ich konnte mir nicht vorstellen, was diesen von allen vorherigen unterschied. Aber auch das kommt bei Scholochow recht gut durch. Erst durch einige in den letzten Monaten gelesenen Bücher bzw. Filme wird mir das deutlich.



    OT
    Auf die Veränderungen, die der zweite Weltkrieg so mit sich brachte, hat mich übrigens Lynn Austin erstmals aufmerksam gemacht, und zwar in ihrem Buch "Rhapsodie der Freundschaft":
    Rhapsodie der Freundschaft - Lynn Austin
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Karthause
    Aber du wusstest, was ich meine.


    Im Prinzip ja. :grin ;-)
    Ich wollte nur sicher gehen, daß wir beide das gleiche meinen. :-)


    Wenn wir schon bei Buchtips sind: The World of Downton Abbey - Jessica Fellowes Das ist das Buch zur ersten Staffel, hier verlinkt habe ich noch das gerade erschienene zweite Buch.


    Die Bücher sind in englischer Sprache. Zwar "Begleitbücher" zur TV-Serie, bieten sie jede Menge Fotos und Hintergrundinformationen zur damaligen Zeit (Band 1 etwa für die Zeit 1912 - 1920, Band 2 geht anhand der Figuren der TV-Serie auf deren Lebensumstände ein). Vieles, was man dort über den 1. Weltkrieg liest, paßt auch hier bei Scholochow, wenngleich es den Briten vermutlich besser ging.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Was ist das für ein langer Abschnitt! Ich bin immer noch nicht fertig. Leider macht sich bei mir immer wieder Unlust breit, allerdings gibt es auch Phasen, wo ich fasziniert bin.

    Mich stört dieses Springen von Ort zu Ort und Zeit zu Zeit. Manchmal weiß ich nicht, wo ich bin. Ich finde, das erzeugt Unruhe. Oder ist es meine aktuelle Unruhe, die keine richtige Grundstimmung für dieses Buch schafft?


    Zum Inhalt:


    Die Rolle der Frau bei den Kosaken kann ich nicht richtig einordnen. Einerseits wirken sie sehr selbstbestimmt, andererseits werden sie oft verheiratet und auch verprügelt. Aber auch junge Männer werden verheiratet. Und verprügeln tun sie sich gegenseitig.

    Axinja geht wie viele andere Strohwitwen fremd, während Gigori treu zu bleiben scheint. Zumindest erfährt man nichts Gegenteiliges.


    Scholochow bezieht jetzt eindeutig politisch Stellung. Er schreibt hier eindeutig „die Wahrheit“, nämlich die kommunistische.

    Grigori versteht vom Verstand her die Mißstände und Ungerechtigkeiten des Zarenregimes. Allerdings bleibt er vom Herzen ein Kosake und will nicht, dass sich etwas ändert. Und es bleibt die Unsicherheit, ob eine kommunistische Regierung für die Kosaken nicht zum Nachteil wäre. Irgendwie sitzen sie zwischen den Stühlen.

  • Endlich bin ich fertig mit diesem Abschnitt. Ich fand es total verwirrend, wer jetzt auf welcher Seite stand, und überhaupt die vielen Namen.

    Ich hätte vorher etwas über die Februarrevolution lesen sollen, über die Doppelherrschaft. Ich habe gar nicht mitgekriegt, dass es so etwas gegeben hat. Ich habe mich nur gewundert, wer da alles etwas zu sagen gehabt hat.