Anthony McCarten las am 12.September 2012 auf der Cap San Diego
Das Harbour Front Literaturfestival in Hamburg hatte zum 4.Mal geladen und die Gäste waren zahlreich erschienen.
Knapp 150 Gäste waren in den Bauch der Cap San Diego gekommen, um den Neuseeländer Anthony McCarten live zu erleben.
Die Veranstaltung wurde souverän von der NDR-Moderatorin Margarete von Schwarzkopf moderiert und übersetzt, während Schauspieler Charlie Hübner die Lesung in deutscher Sprache vornahm.
In einer halbstündigen Einführung in das neue Buch "Ganz normale Helden", bei dem es sich um eine Fortsetzung des Romans "Superhero" handelt, erzählte Anthony McCarten in außergewöhnlich klarem Englisch, warum es ihm am Herzen lag, eine Folgegeschichte um Renata, Jeff und Jim zu veröffentlichen. Der anfänglich charmante McCarten zeigte sich während seiner Erzählung durchaus von einer besonders ernsthaften Seite, die sein Anliegen unterstützte, auf die Gefahren des Internets - wie sein Held sie erfährt und seiner Familie nach und nach entgleitet - hinzuweisen. Doch McCarten wäre nicht der großartige Schriftsteller wie wir ihn aus seinen Romanen kennen, wenn er nicht auch auf die positiven Seiten der digitalen Welt zu sprechen gekommen wäre und sie im Selbstversuch anhand von Computerspielen getestet hätte.
So lässt er in seinem neuen Roman seine Figuren überwiegend in Dialogen mit virtuellen Gegenspielern sprechen und schafft eine ganz besondere Atmosphäre.
An diese Schilderungen schlossen sich Lesungen aus drei Abschnitten an, in denen jeweils Renata, Jeff und Jim zu Wort kamen und jeder auf seine ganz eigene Weise in die Welt des Internets eintaucht. Während Mutter Renata geistlichen Beistand sucht, weil sie den Tod ihres Sohnes Donald immer noch nicht verwunden hat, steigt Vater Jim ins Rollenspiel LOL ein und versucht anonym wieder Kontakt mit seinem Sohn aufzunehmen, der ahnungslos seinem unbekannten Gegenspieler verrät, dass sein Vater ein Wixxer sei. Genau in diesen Momenten der Veranstaltung hielt das Publikum inne, um die weniger leichten Abschnitte dieses Abends zu verdauen.
Dass die Lesung nicht nur düster war, bewiesen Anthony McCarten und Charlie Hübner, in dem der neuseeländische Autor seinen Kollegen während des Abschnitts, als Jeff auf seinen besten Kumpel trifft, anfeuerte. Hübner solle lesen, schnell, schneller und wenn er denke, dass er schnell genug sei und solle er wie auf Drogen lesen, so trieb McCarten den Schauspieler an und Hübner tat sein Bestes, um den Anweisungen zu folgen.
Das Publikum belohnte diese rasante Leistung mit einem tosenden Applaus.
Margarete von Schwarzkopf schloss die Lesung an diesem Abend mit einer Gewissensfrage an McCarten, wie er es denn mit dem Ebook halte und McCarten lief mittels Parodie noch einmal zur Höchstform auf. Man stelle sich vor, dass Johannes Gutenberg das iPad und Steve Jobs im Jahr 2010 das Buch erfunden hätte. Mit dieser Idee im Kopf ließ Anthony McCarten gestern den kürzlich verstorbenen Steve Jobs noch einmal auferstehen und lieferte in der für Apple typischen Präsentation eine perfekte Werbeveranstaltung für das jüngst erfundene Produkt ab. Mit großem Applaus belohnten die Zuhörer diesen heiteren bis melancholischen Abend, der dem ein oder anderen Leser mehr als gut in Erinnerung bleiben wird.