Broschiert: 296 Seiten
Verlag: binooki, 2012
Originaltitel: Yedi Gün Duasi
Kurzbeschreibung:
Ist die Wahrheit das, was man sieht oder das, was sich dahinter verbirgt? Ist die Last desjenigen, der geht oder desjenigen, der bleibt, schwerer? Diejenigen, die wir am meisten lieben, verletzen uns, aber wer zieht die Grenze zwischen Liebe und Hass? Drei Schwestern - eine lebt in Deutschland, eine auf dem Land und eine in einer Großstadt in der Türkei - finden sich nach dem Tod der Mutter, die ihre Töchter im Kindesalter beim Vater zurückgelassen hat, nur aus Pflichtgefühl in deren Wohnung ein. Während der sieben Gebetstage wandeln sie mithilfe der gefundenen Tagebücher ihrer Mutter auf deren Spuren. In der außergewöhnlichsten Figur, der Mutter Muzaffer, spiegelt die Autorin die feine Istanbuler Gesellschaft, die vereinzelt auch heute noch vorzufinden ist, und zeigt die geschichtliche Entwicklung der Gesellschaft auf.
Über die Autorin:
Zerrin Soysal, geboren in Çanakkale, hat lange Jahre eine eigene Apotheke geführt. Ihrer Berufung folgend hat sie die Selbständigkeit aufgegeben, sich in Istanbul niedergelassen und eine Ausbildung in der Mario Levi Schreibwerkstatt absolviert. Journalistische Arbeiten der Autorin finden sich in diversen Zeitschriften wie Notos, Sözcükler, Roman Kahramanlar und Yitik Ülke.
Mein Eindruck:
Das Siebentagegebet ist der Debütroman einer Autorin aus der Türkei, in deutscher Sprache erschienen im binooki-Verlag deren Programm es ist, ausschließlich Romane aus der Türkei zu verlegen.
Ein ruhiges Buch, undramatisch erzählt und doch hat es mich sehr interessiert.
Nach dem Tod der Mutter treffen sich 3 Schwestern in der Wohnung der Verstorbenen.
Die älteste ist Güner, die mittlere Süher lebt in Deutschland und das Nesthäkchen Zeynep hat auch schon 2 Töchter.
Einst hatte die Mutter Muzaffer die Familie verlassen. Deswegen ist noch viel Groll in den Frauen, die sich ganz unterschiedlich ausdrückt. Muzaffer war scheinbar kalt und ablehnend und hat ihre Töchter im Stich gelassen. Auf dem Totenbett sagte sie nur ein Wort: egal!
Die Erzählstimme gehört der jüngsten Schwester. Sie ist es auch die die Tagebücher der Mutter findet, die den Zeitraum 1938 bis 1987 umfassen und ein ganz anderes Bild der Mutter zeigen, als erwartet. Zeyneo liest mit Unterbrechungen immer wieder in den Tagebüchern.
Die kursiv gedruckten Auszüge dieser Tagebücher geben dem Roman eine weitere Erzählstimme.
Es wird deutlich, dass Muzaffer einen Grund hatte, ihren Mann zu verlassen. Es gibt ein Geheimnis, dass sich nur langsam enthüllt. Und es stellt sich die Frage, wer ist der geheimnisvolle Melih Bey?
Was mich sehr überzeugte, sind die Dialoge und das Portrait der Schwestern, deren Beziehungen untereinander und Gespräche mir realistisch und glaubhaft vorkommen. So wird das Buch auch nicht zu einer erbitterten Abrechnung (was schon fast ein eigenes literarisches Genre ist) sondern im Gegenteil bei all dem Zorn doch Sehnsüchte und Hoffen auf Zuneigung zeigen. Die Figuren sind ambivalent. Mal egoistisch, mal mitfühlend.
Die Autorin beherrscht die Kunst, Figuren zu gestalten. Das gilt auch für manche Nebenfigur.
Ich denke, ich werde noch weitere Romane dieses Verlages lesen und warte auch auf weitere Veröffentlichungen von Zerrin Soysal.