Der Kinderpapst - Peter Prange

  • Kurzbeschreibung:
    Dies ist die Geschichte des wohl rätselhaftesten Papstes in zweitausend Jahren Kirchengeschichte. Sein Name: Benedikt IX. Sein Drama: Als Kind auf den Stuhl Petri erhoben, blieb ihm die Liebe versagt, der sein ganzes Leben galt. Unter der Bürde, Stellvertreter Christi zu sein, wurde er zum Teufel in Menschengestalt. Dreimal vom Papstthron verjagt, ging er über Leichen, um die Herrschaft wieder an sich zu reißen. Doch so entsetzlich seine Taten scheinen, war sein Leben in Wahrheit ein einziger Schrei nach Gott, Ausdruck seiner verzweifelten Hoffnung, dass der Schöpfer aus dem Dunkel seines Schweigens trete. Dabei stand Gott dem Verzweifelten Zeit seines Lebens vor Augen, in Gestalt der Liebe – in Gestalt jener Frau, nach der sein Herz sich von allem Anfang an verzehrte...


    Über den Autor:
    Peter Prange, geboren 1955, promovierte mit einer Arbeit zur Philosophie und Sittengeschichte der Aufklärung. Nach seinem Durchbruch als Romanautor mit »Das Bernstein-Amulett« folgte die grandiose Weltenbauer-Trilogie: »Die Principessa«, »Die Philosophin« und »Die Rebellin«. Peter Prange lebt als freier Schriftsteller in Tübingen.


    Meine Rezension:
    Zu Anfang des 11. Jahrhunderts hat das Papstamt nur noch wenig mit Glauben, sondern vielmehr mit Macht, Geld und Gebietsansprüchen zu tun. Um ihre Vorherrschaft in Rom zu erhalten, setzen die Tuskulaner nach dem Tod von Papst Johannes XIX. (ebenfalls aus ihren Reihen) den jungen Theofilo auf den Papstthron - gegen seinen Willen. Aus dem vermeintlich willenlosen und gefügigen Jungen wird jedoch ein Papst, dessen Handlungen auf Angst, Verzweiflung und dem Gefühl, von Gott verlassen zu sein, beruhen.
    Peter Prange zeigt in seinem neusten historischen Roman auf beeindruckende Weise sein ganzes schriftstellerisches Können und entführt den Leser in eine Zeit, in der Glaube, Kirche und Macht nicht viel mehr als Synonyme für Intrige, Mord und Gottlosigkeit sind. Eingebettet in eine Rahmenhandlung aus den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts fesselt die Geschichte um Benedikt IX. den Leser von der ersten bis zur letzten Seite. Mit jedem Kapitel verfeinert sich die Skizze über einen schon zu Lebzeiten mehr als umstrittenen Papst zu einem differenzierten Bild eines Mannes, der sich sein Leben lang nach der Liebe sehnte und offenbar dazu ausersehen war, sämtliche menschlichen Abgründe auch auf dem Papstthron zu durchleben. Pranges große Kunst besteht darin, die historischen Figuren nicht nur zum Leben zu erwecken, sondern sie so facettenreich und mehrdimensional auszugestalten und ihnen stets Menschlichkeit und den Namen aus dem Gechichtsbuch ein Gesicht zu verleihen, so dass man das Gefühl hat, sie zu kennen, sie sogar zu verstehen und mit ihnen mitzufühlen. Ganz nebenbei vermittelt der Roman auf denkbar spannende Weise umfangreiches Wissen über eine unruhige Zeit der Kirchen- und Weltgeschichte und das Leben der Menschen zu Beginn des 11. Jahrhunderts. Dabei ist er so authentisch (nahezu alle wichtigen Handlungen und Persönlichkeiten in der Geschichte sind historisch belegt, wie man im interessanten Nachwort erfährt) und intensiv erzählt, dass man am Ende glaubt, ja, genau so könnte es gewesen sein.


    Chapeau und danke, Peter Prange, für diesen großartigen historischen Roman!


    Von mir 10 Punkte!

  • Zitat

    Original von Pelican
    Falls Du das gebundene Buch gelesen hast, wie ist denn die Ausstattung? Sind Karten oder Zeichnungen dabei?


    Ja, ich habe das gebundene Buch gelesen. Es gibt keine Karten oder Zeichnungen, nur ein Lesebändchen an Ausstattung, allerdings muss ich sagen, dass ich das Papier sehr mag, das der Pendo-Verlag verwendet :schaem

  • Vielen Dank für die Rezi, habe mir gerade das ungekürzte Hörbuch geschenkt. :-)
    Gut zu wissen, dass ich dann nicht auf Karten aus der Buchversion verzichten muss - wobei die Bücher aus dem Pendo-Verlag immer schön sind, das Papier mag ich auch gerne. :grin

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • Das liest sich fantastisch, vielen Dank und so schleiche ich ebenfalls nicht länger um das Hörbuch rum, sondern lasse es direkt auf mein IPhone rutschen :grin.
    Zwischen zwei Krimis passt nämlich ein historisches Buch immer wieder hervorragend und Peter Prange und Tobias Kluckert sind für mich eine Premiere, bin gespannt.
    LG :wave

  • Im Jahr 1981 tagt eine päpstliche Kongregation für Selig und Heiligsprechungen in einem Verwaltungsgebäude des apostolisches Palastes. Der namenlose Ich-Erzähler nimmt an dieser Kongregation teil und berichtet über den Streit, ob Papst Benedikt IX. tatsächlich ein Wunder gewirkt hat und er deswegen selig zu sprechen sei.


    Während der Debatte fällt dem Ich-Erzähler die undankbare Aufgabe zu, sich in alte Unterlagen und Akten einzulesen und dem Sachverhalt auf den Grund zu gehen.


    Rom, 1021. Nur mit viel Mühe und dem Tode näher als dem Leben bringt Ermilina einen Sohn zur Welt – Teofilo Tuskulum. Jahre später wird Teofilo immer noch als der Auserwählte betrachtet und als vierter Sohn von seinem Vater auf den Papstthron gesetzt. Dabei verfolgte der 12jährige ganz andere Ziele. Hat er sich doch in die schöne Chiara verliebt, die seine Liebe nicht nur erwidert, sondern ihn auch heiraten will. Doch das Ansinnen seines Vaters macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. Und so besteigt Teofilo als Benedikt IX. den Papstthron, als jüngster Papst der Geschichte.


    Doch Benedikt wird zum Spielball zwischen den Geistlichen, dem Adel und der Politik. Er versinkt regelrecht im Strudel aus Intrigen, Neid, Habgier und Laster. Das Volk hungert, das Land wird mit Kriegen überzogen und als Sündenbock steht Benedikt an erster Stelle. Wird er es schaffen, das alles hinter sich zu lassen und die Erlösung zu finden, nach der er strebt?


    Der Prolog mit dem Ich-Erzähler führt den Leser sacht an die Geschichte heran. Sobald man im Rom des 11. Jahrhunderts angekommen ist, lässt den Leser die Geschichte nicht mehr los. Als unbeteiligter Zuschauer begleitet der Leser hauptsächlich Teofilo und Chiara, kennt ihre Ängste und Nöte und kann sich gut in die beiden Protagonisten einfühlen.


    Peter Prange schafft es, den Leser sehr schnell an das Buch zu fesseln und ihn dabei Teil haben zu lassen am Leben zweier Menschen, die eigentlich nichts anderes wollten, als miteinander ihr Leben zu verbringen und glücklich zu sein.


    Vieles ist in dieser Zeit unklar und verworren. Der Autor baut aber eine in sich schlüssige Geschichte auf, bei der geschickt fiktive wie historisch belegbare Figuren und Ereignisse miteinander verwebt.


    Auch wenn man eine längere Lesepause macht, kommt sofort wieder in diese Geschichte rein. Sie ist zwar verworren, doch als Leser wird man vom Autor an die Hand genommen und durch die Geschichte geführt. Man merkt gar nicht, wie die Seiten verfliegen und ehe man es sich versieht, sitzt man wieder im Arbeitszimmer des Ich-Erzählers und sucht gemeinsam mit ihm eine Antwort auf die Frage: Hat Papst Benedikt IX. nun ein Wunder gewirkt oder nicht?


    Der Ich-Erzähler bildet hier den Rahmen des Buches. Er leitet die Geschichte ein und er beendet diese auch. Dabei gibt er am Ende noch einen kleinen Abriss, wie es mit Teofilo und Chiara wohl weiter gegangen ist.


    Ein Nachwort des Autors mit Hinweisen zur Dichtung und Wahrheit rundet das Buch ab. Ein Lesebändchen und das Dankeswort ergänzt den positiven Eindruck des Buches.


    Ich hätte mir noch einen Glossar gewünscht. Nicht jeder ist der lateinischen Sprache mächtig und da viele lateinische Begriffe oder Sätze im Buch vorkommen, wäre eine Übersetzung sicherlich angebracht gewesen. Auch weiß nicht unbedingt jeder, was ein Papst alles anziehen muss, wie die Dinge aussehen und sich nennen.


    Fazit:
    Eine sehr brisante Geschichte gut verpackt, spannend und informativ erzählt. Für mich eine Empfehlung für Liebhaber historischer Bücher.


    Cover:
    Das Cover ist in einem warmen rot gehalten. Die Ecken heben sich goldenverziert ab, unten sieht man die Abbildung eines Papstes. Ich hätte mir hier einen erhabenen Druck gewünscht. Leider ist das Cover total glatt, sogar der Titel des Buches wirkt nur optisch erhaben.


    Aufbau:
    Das Buch umfasst folgende Kapitel:


    Prolog: Congragatio 1981


    1. Buch: Vom Himmel 1021-1037
    Gotteszeichen (1021-1033)
    Wunderglaube (1036-1037)
    Ohnmacht (1037)


    2. Buch: Durch die Welt (1037)
    Ermächtigung (1037-1039)
    Superbia (1044)
    Krieg (1045)
    Wiedergeburt (1045-46)


    3. Buch: Zur Hölle (1046)
    Schisma (1046)
    Aberratio (1047-1048)
    Strafgericht (1048-1049)


    Epilog: Beneficatio 1981

  • Peter Prange und sein Schreibstil konnten mich schon mit mehreren Büchern fesseln und überzeugen. Mit dem Kinderpapst ist ihm das unbestritten wieder gelungen.


    Einleitung und Schluß spielen im Jahr 1981, der eigentliche Roman spielt im 11. Jahrhundert in Rom. Sehr eindrucksvoll, spannend und interessant schildert er das Leben, die Intrigen und die Liebe von Teofilo. Sehr informativ ist das Nachwort des Autors bezüglich Wahrheit und Fiktion.


    Für Liebhaber von historischen Romanen wieder eine echte Empfehlung!

  • Peter Prange wagt sich sehr routiniert an diese nicht gerade einfache Lebensgeschichte. Ein kleiner Junge, der von Mutter und Beichtvater, beides religiöse Fanatiker, systematisch für eine Kirchenlaufbahn erzogen und als Zwölfjähriger wirklich auf dem Papstthron landet. Und mit der Zeit wird aus dem gläubigen, naiven und gutmütigen Jungen ein Ungeheuer, das keine Perversion und keine Sünde auslässt.


    So weit, so gut: die Geschichte ist relativ bekannt und auch in Urkunden belegt. Peter Prange hat meiner Meinung nach solide recherchiert und mit seinem Erzähltalent, das er zweifellos hat, einen recht interessanten, spannenden, unterhaltsamen historischen Roman geschrieben.
    Trotzdem bin ich nicht sehr begeistert von diesem Buch. Denn der Autor hat leider auch kaum ein Klischee ausgelassen und neben der bigotten, von Ehrgeiz zerfressenen Mutter auch den Charakter eines bis ins Mark bösen, neidischen, intriganten Bruders erfunden und mit der lebenslangen "Liebe" Chiara eine verkitschte, völlig unglaubhafte Gegenspielerin und zeitweise Verbündete des Kinderpapstes geschaffen.
    Hier wäre meiner Meinung nach mit etwas weniger Klischee viel mehr Glaubwürdigkeit erreicht worden.
    Schlecht ist das Buch keineswegs, aber so richtig gut fand ich es leider auch nicht.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Zitat

    Original von Alice
    Trotzdem bin ich nicht sehr begeistert von diesem Buch. Denn der Autor hat leider auch kaum ein Klischee ausgelassen und neben der bigotten, von Ehrgeiz zerfressenen Mutter auch den Charakter eines bis ins Mark bösen, neidischen, intriganten Bruders erfunden und mit der lebenslangen "Liebe" Chiara eine verkitschte, völlig unglaubhafte Gegenspielerin und zeitweise Verbündete des Kinderpapstes geschaffen.
    Hier wäre meiner Meinung nach mit etwas weniger Klischee viel mehr Glaubwürdigkeit erreicht worden.
    Schlecht ist das Buch keineswegs, aber so richtig gut fand ich es leider auch nicht.


    Schön, dass ich mit meiner Meinung zu dem Buch nicht alleine bin. Ich habe das Buch auch dieses Jahr erst im Rahmen meines Alt-SuB-Abbaus gelesen und weiß nun, warum es so lange dort lag. Ich sehe ein, dass sich der Autor an die geschichtlichen Fakten halten wollte und so die Geschichte nicht einfach umbiegen wollte, nichtsdestotrotz war mir die Geschichte irgendwann zu vorhersehbar. Auch die Figuren waren mir zu sehr schwarz-weiß. Ein paar Schattierungen dazwischen hätten dem Roman sicher auch sehr gut getan.
    Leider ging mir auch die ständige Tändelei zwischen Teofilo und Chiara irgendwann so sehr auf die Nerven, dass ich das Buch nur noch sehr widerwillig in die Hand genommen habe.
    Für mich war dieses Buch, auf das ich mich seinerzeit sehr gefreut habe, keine Offenbarung.

    :lesend Jay Kristoff; Nevernight - Die Rache

    :lesend Laura Imai Messina; Die Telefonzelle am Ende der Welt (eBook)

    :lesend Rebecca Gablé; Teufelskrone (Hörbuch: Detlef Bierstedt)