Titel der amerikanischen Originalausgabe: "Habibi"
Kurzbeschreibung (Amazon)
Vor einer fantastischen Kulisse aus orientalischen Wüstenlandschaften, märchenhaften Harems und der allgegenwärtigen Kluft zwischen "Erster" und "Dritter Welt" erzählt "Habibi" die bewegende Geschichte von Dodola und Zam, zwei Sklavenkindern, die der Zufall eint, das Schicksal auseinanderreißt und deren tiefe Liebe zueinander allen Widrigkeiten zum Trotz überdauert. Vielschichtig, mitreißend und in Bildern von opulenter Pracht ist "Habibi" eine außergewöhnliche, epische Liebesgeschichte, eine eindringliche Parabel über das gemeinsame Erbe von Islam und Christentum und allem voran eine Ode an die Magie des Geschichtenerzählens. Sechs Jahre nach seiner international erfolgreichen und vielfach preisgekrönten Graphic Novel "Blankets" legt Craig Thompson endlich sein mit Spannung erwartetes neues Buch "Habibi" vor, ein modernes Märchen aus Tausendundeiner Nacht.
Über den Autor
Craig Matthew Thompson (* 21. September 1975 in Traverse City, Michigan) ist ein amerikanischer Comiczeichner. Thompson wurde vor allem durch seine Graphic Novel "Blankets" bekannt, die auf der Frankfurter Buchmesse 2005 den Preis als „Comic des Jahres“ erhielt. Thompson erzielte bereits mit der Veröffentlichung seines ersten Albums "Good bye, Chunky Rice" 1999 beachtliche Aufmerksamkeit und erhielt einen Harvey Award als „bestes neues Talent“. Auch seine zweite Arbeit, "Blankets", wurde von Kritikern und Lesern 2003 sehr positiv aufgenommen: Aus Aufzeichnungen, die während der dreimonatigen Promotion-Tour für Blankets entstanden und aus Vorbereitungen für das Album Habibi entstand 2004 das Album "Carnet de voyage", das in deutscher Übersetzung 2005 unter dem Titel "Tagebuch einer Reise" veröffentlicht wurde.
Craig Thompson wuchs in einer evangelikalen chrstlichen Familie auf, sagt aber heute von sich, dass er nicht länger ein Christ ist, auch wenn er an die Lehren Jesu glaubt. Im autobiographischen "Blankets" setzt er sich mit seiner Kindheit, Jugend und jungem Erwachsenenalter, seiner ersten Liebe und seiner zunehmenden Distanzierung des Glaubens seiner Familie auseinander. Das Buch soll er auch als Möglichkeit des Coming-Outs gegenüber seinen Eltern als Nicht-Christ geschrieben und gezeichnet haben.
Meine Meinung
Mich hat schon das viel gepriesene "Blankets" nicht völlig begeistert, aber ich liebe arabische Kalligraphie und musste dieses Buch unbedingt haben. Von den Zeichnungen und den Zeichnungen und insbesondere den Kalligraphien her ist das Buch auch toll. Die Seiten sind gefüllt mit Mustern, Ornamenten und vielen Details. Buchstaben werden zu Figuren und umgekehrt, Zeilen werden zu Wellen, Flüssen, Blutspuren. Ein Auszug aus dem Gedicht "Rain Song" des irakischen Dichters Badr Shakir Al-Sayyab wird - auf arabisch geschrieben - zu einem strömenden Regen. Rein zeichnerisch finde ich es toll, nur schade, dass die tollen Zeichnungen benutzt werden, um so eine häßliche Botschaft zu überbringen.
Inhaltlich widert es mich an, ich empfinde das Buch als zutiefst rassistisch und orientalistisch. Ich hab es zwischendurch angeekelt mehrere Monate im Regal verschwinden lassen und mich jetzt erst wieder aufgerafft, es doch noch zu Ende zu lesen.
Die Handlung spielt in einem fiktiven orientalischen Land namens Manatolia, in dem es noch Harems und Sultans gibt. Ich hatte fast das ganze Buch über das Gefühl, mich zur Zeit von 1001 Nacht zu befinden. Passenderweise lässt der Sultan seine Haremsdamen bei Langeweile gleich im Dutzend hinrichten. Gegen Ende musste ich dann erstaunt feststellen, dass wir uns wohl doch eher in der heutigen Zeit befinden. In einem Moment stehen noch Wachen mit Holzspeeren vor den Palasttüren und im nächsten arbeitet die männliche Hauptfigur schon in einer modernen Fabrik.
Alle arabisch sprechenden und dem Islam zugehörigen Männer werden als barbarische, frauenfeindliche und chronisch notgeile Vergewaltiger dargestellt, denen jeglicher menschlicher Anstand fehlt. Das fängt schon damit an, dass die weibliche Hauptfigur mit neun zwangsverheiratet wird und ihr Ehemann nach dem Koranunterricht gleich erstmal auf sein Recht auf Beischlaf besteht. Die Frauen im Buch sind allesamt Mütter oder Huren oder beides. Als Opfer der sexistischen Männer schlagen sie sich meist zwangsweise als Prostituierte durch, hier und da verführen sie sie auch. Auf fast jeder Seite geht es irgendwie um Sex, die weibliche Hauptfigur läuft ständig nackt durch das Bild. Die männliche Hauptfigur lässt sich irgendwann kastrieren, weil er das als einzigen Weg sieht, seine lustvollen, aber leicht inzestuös anmutenden Gefühle gegenüber der weiblichen Hauptfigur in Schach zu halten und nicht wie alle anderen Männer zum Vergewaltiger zu werden.
Die Handlung wird immer wieder unterbrochen durch die Darstellung von Geschichten aus dem Koran und zwar insbesondere solchen, die wir auch aus der Bibel kennen. Diese werden teilweise auf Kinderbibelniveau dargestellt, dann aber auch wieder in all ihrer Brutalität detailgetreu gezeichnet. Und teilweise ist die Darstellung aber auch sehr schräg (z.B. fragt in der Geschichte der Arche Noah eine Schnecke die andere, ob wohl jemand merkt, dass sie eigentlich Hermaphroditen sind und die andere Schnecke sagt, das sei kein Problem, sie würde den "Bottom" spielen. In derselben Geschichte verpflichtet Noah alle Tiere und sich selbst zum Zölibat, damit die Arche nicht aus allen Nähten platzt, die Karnickel halten sich aber nicht daran und der Nachwuchs wird kurzerhand von Noah an die Löwen und andere Fleischfresser verfüttert, was wiederum erklärt, wovon sich diese in der Arche ernährt haben). Auf die Parallelen zwischen Christentum und Islam wird wiederholt hingewiesen, aber insgesamt war ich mir nicht sicher, ob er Gemeinsamkeiten zwischen dem Christentum und dem Islam herstellen will als Glorifizierung des gemeinsamen Erbes, oder ob er beides mit einem Schlag diskreditieren will (dies auch vor dem Hintergrund seiner Biographie).
Dazwischen faselt er immer wieder etwas von einem magischen Viereck, was diese Ausführungen sollen, habe ich das ganze Buch nicht verstanden, auch wenn er am Ende fast mit dem Holzhammer eine Verbindung zum Titel herstellt. Überhaupt ist das ganze Buch überfrachtet mit Symbolik. Das Buch endet damit, dass
Das Buch liess eine leichte Übelkeit bei mir zurück.
Edit: fragwürdige Grammatik korrigiert
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