Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
Verlag: Kiepenheuer & Witsch; Auflage: 4 (31. Juli 2012)
ISBN-13: 978-3462044645
Preis: Gebundene Ausgabe Euro 19,99
preis: Kindle E-Book Euro Euro 17.99
Autorin
Vea Kaiser, geboren 1988, studiert Klassische und Deutsche Philologie in Wien. Für ihre belletristischen Arbeiten erhielt sie unter anderem das Hans-Weigel-Literaturstipendium, das Start-Stipendium des BMUKK sowie den Theodor-Körner-Preis. Sie war Finalistin beim 17. Open Mike und nahm 2010 an der Autorenwerkstatt Prosa des Literarischen Colloquium Berlin teil.
Kurzbeschreibung/Klappentext
Ein großer Roman über ein kleines Dorf - Vea Kaisers furioses Debüt
In ihrem Debütroman entfaltet Vea Kaiser mit großer Verve und unwiderstehlichem Witz die Welt des abgeschiedenen alpenländischen Bergdorfes St. Peter am Anger und erzählt die Geschichte einer Familie, die über drei Generationen hinweg auf kuriose Weise der Wissenschaft verfallen ist.Gegen die Engstirnigkeit und den unreflektierten Traditionssinn der St. Petrianer hegt Johannes A. Irrwein geschult an seinem Großvater, dem Bandwurmforscher Johannes Gerlitzen seit frühester Kindheit eine starke Abneigung. Bildungshungrig und aufgeweckt wie er ist, sehnt er sich nach jener aufgeklärten Welt, die er hinter den Alpenmassiven vermutet. Als der Musterschüler jedoch unerwartet durch die Matura fällt, beginnt er, sich mit seinem Dorf auseinanderzusetzen. Seinem Lieblingsautor Herodot, dem Vater der Geschichtsschreibung, nacheifernd, macht er sich daran, die Chroniken seines Dorfes zu verfassen und verursacht dabei ungewollt das größte Ereignis in der Geschichte St. Peters, das das Bergdorf auf immer verändern wird.Ein 14,8 Meter langer Fischbandwurm, eine Seifenkiste mit Kurs auf den Mond, ein ungeahnt attraktiver Mönch im Jaguar, eine schwangere Dorfprinzessin, eine altphilologische Geheimgesellschaft, eine nordicwalkende Mütterrunde, ein Jungfußballer mit dem Herz am rechten Fleck, eine sinistre Verschwörung der Dorfältesten sowie jede Menge poppige Blasmusik gehören zum einzigartigen Mikrokosmos dieses Romans, der durch seine Liebe für leuchtende Details und skurrile Begebenheiten, durch seinen erzählerischen Furor und seine Vielstimmigkeit besticht. Vea Kaiser gelingt mit dreiundzwanzig Jahren ein wagemutiges, herausragendes Debüt. Dieser Roman wird Sie verzaubern.
Meine Meinung
Das fiktive St. Peter am Anger hat etwas mehr als 400 Einwohner und liegt isoliert vom Rest der Welt auf einem Berg versteckt inmitten der Sporzer Alpen. Egal wo man sich im Angertal bewegt, der Horizont wird durch die kluftigen Berge begrenzt und der Weite wird ein Riegel vorgeschoben so wie sich ein schützender Vater vor einem stellt, so als wolle er uns von allen Gefahren der Welt fernhalten. Das kleine Dorf lebt vom Adlitzbeerenbaumbeständen deren Ertrag genug einbringt um die ganze Gemeinschaft zu erhalten. Das eigentliche Zentrum ist das Wirtshaus wo die Stammtischrunde tagein tagaus die wichtigsten Angelegenheiten beim Bier bespricht. Ja, die St. Patrianer sind äusserst Traditionsverbunden und stehen jedem und allem Aussenstehenden und Neuerungen sehr skeptisch gegenüber. In anderen Teilen der Welt entwickeln sich die Dinge weiter, indem sie sich verändern. In St. Peter am Anger jedoch hat alles eine Kontinuität und alles bleibt wie es ist.
Das Buch beginnt ende der Fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts und erzählt wie es dazu kam das die Wissenschaft Einzug hielt in St. Peter am Anger. Der blonde Johannes Gerlitzen verlässt das Dorf nachdem seine ebenfalls blonde Frau Elisabeth einen Jungen mit rabenschwarzen Haar geboren hat... Er verschreibt sich der Wissenschaft und der Medizin, insbesondere Bandwürmer sind sein Spezialgebiet, hat er doch selbst einen 14,8 Meter langes Exemplar im Bauch gehabt! Nach Jahren des Studiums in der Ferne kehrt er zurück ins Bergdorf und bringt viel neues Wissen und Gerätschaften mit. Mit viiieeeel Skepsis und gscheiten Worten nehmen die St. Petrianer die Neuerungen in Augenschein. Ein Fernseher wird ebenso kritisch gewürdigt wie die Mondlandung und geschäftig wie man ist baut man eine Schanze und mit einer Seifenkiste wird versucht selbst zum Mond zu fliegen... naja, ich verrate glaub nicht zu viel wenn ich schreibe das es hat nicht ganz funktioniert hat. Zwischendurch beschäftigt man sich mit dem Nachbardorf mit dem man sich irgendwie immer wegen irgendwelchen Zwistigkeiten in den Haaren liegt. So versucht man unter anderem seit Jahren die legendäre Maitanne für die feschen Mädchen aus dem Nachbardorf zu stibitzen, wenns doch nur mal gelänge! Ach sie sind einfach herrlich naiv, die Eingeborenen aus St. Peter am Anger!
Vea Kaiser legt mit diesem Roman ein erfrischendes Debüt voller Witz und Ironie hin. Von der ersten Seite an war ich hin und weg vom Erzählstil und der Art und Weise wie dieses an und für sich angestaubte Thema eines kleinen österreichischen Bergdörfleins erzählt wird das glatt einem Heimatfilm entsprungen sein könnte. Da wird natürlich mit fast allen Klischees gespielt und gerungen aber es ist mit so viel Süffisanz und Charme geschrieben das es mich regelrecht verzaubert hat. Ich hab mich abends nach der Arbeit richtig gefreut in diese abgeschiedene Welt einzutauchen und zu erleben was die Bergbarbaren so treiben und welche Sonderlichkeit sie wieder entwickeln. Die Autorin hat ein Faible für Altgriechisch und so spielt der Geschichtsschreiber Herodot und sein Art des Erzählens eine wichtige Rolle.
Der Roman kann das anfängliche hohe Niveau und den Spannungsbogen nicht ganz halten. Im Mittelteil gibts ein paar Episödchen und Geschichtchen zuviel welche aber mit einem fulminanten Schluss wieder ausgemerzt werden. Am Ende wird auch der Begriff „Blasmusikpop“ geklärt und vielleicht sollten auch Anhänger des Fussballvereins St. Pauli dieses Buch unbedingt lesen... Würds das Dorf wirklich geben würd ich im nächsten Urlaub sofort hinfahren aber das würde den St. Petrianern gar nicht in den Kram passen, so viel Trubel mögen sie nämlich nicht. Gut das Vea Kaiser die Bewohner schützt und den echten Namen des Dorfes geheim hält... Neun Eulenpunkte für ein absolut gelungenes Debüt.