Die deutsche Sprache: Irrungen und Wirrungen

  • @ maikaefer: Wenn mich nicht alles täuscht, dann hast du beim ersten Satz auf jeden Fall Recht. Auf Seiten oder aufseiten. Beides müsste richtig sein. Ich bin grade unterwegs und kann das nicht nachgucken, aber ich bin mir zu 99 % sicher.


    Beim zweiten Satz ist die Sache schon ein bisschen schwieriger. Zuerst muss man sich hier die Frage stellen, worauf sich das echtem bezieht. Auf türkischem oder auf Honig? Also, geht es darum, dass er echt türkisch ist oder geht es darum, dass es echter Honig ist? Ein Komma dürfte nur dann zwischen den beiden Wörtern stehen, wenn sich das echtem auf den Honig bezieht.


    Dann gibt es die Möglichkeit der Parallelflektion (beides mit m am Ende) oder der Wechselflektion (erst m, dann n). In diesem Fall würde ich das so deuten, dass türkisch und Honig eher die Einheit bilden und dass echt diese definiert. Dann wäre Wechselflektion auf jeden Fall richtig. Also hättest du Recht. Ich würde echtem türkischen Honig schreiben. Je nach Interpretation kann aber die hier benutzte Form der Parallelflektion auch richtig sein. Dementsprechend würde ich mal behaupten, dass beide Schreibweisen denkbar bzw. schreibbar sind.


    Vielleicht kann noch mal ein Germanist was dazu sagen. Nicht dass ich hier völligen Blödsinn erzähle. :wave

  • Das klingt fundiert, trotzdem muss ich das morgen noch mal lesen, denn ich habe das Honigbeispiel erfunden, weil ich nicht das Original nehmen wollte, welches aus einem Eulenautorbuch stammt.
    Allerdings muss ich vor 7 Uhr aus dem Haus.
    Vorab schon einmal vielen lieben Dank, Groupie.


    Beim Test hatte ich 0 Fehler, aber den Platz und die Mireille-Frage, die Zugfrage, die Grußfrage (nicht richtig gelesen!) und ich glaube, noch eine, löste ich erst im zweiten Anlauf richtig. Weshalb trotzdem alles als richtig gezählt wurde, weiß ich nicht, gehe aber mit stolzgeschwellter Brust ins Bett
    :lache :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Ich bin kein Germanist, aber soweit ich weiß, gelten besondere Regeln für Dinge, die offenbar zusammengehören. Und türkischer Honig ist sowas. Genauso wie bayerische Weißwürste. Das gehört zusammen und daher setzt man da kein Komma. echte bayerische Weißwürste, echter türkischer Honig. Das Komma setzt man ja, wenn man was aufzählen möchte. Aber türkischer Honig ist ja nicht wirklich eine Aufzählung bzw. das ist ja fast so eine Art eigener Begriff geworden. DAs Komma kann man nicht Belieben weglassen, sondern es richtet sich danach, ob sowas ein eigener Begriff ist. Und nicht danach, was man betonen möchte. Türkischer Honig gehört sicher zu den Sachen, die zusammengehören. echte, rheinländische Bratwurst sicher nicht, da kann ich schreiben ohne Komma, wie ich will, es ist einfach falsch, wenn ich es weglasse.
    Türkischer Honig ist ein Begriff, den jeder kennt, darum setzt man da auch kein Komma zwischen echtem und türkischem. Trotzdem gilt natürlich auch hier, dass man nur einmal den DAtiv verwendet. EchteM türkischeN Honig.
    Die Regel weiß ich jetzt nicht, ich weiß nur, dass leider viele das falsch machen. Aber trotzdem heißt es: meineM neueN rotenN Fahrrad habe ich neue Reifen verpasst. Und nicht: meinem neuem rotem Fahrrad.....
    So ist es hier auch. Ich kenne die Regel nicht und bin keine Germanistin, aber doppelt-gemoppelt macht man nicht.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • uch dir lieben dank, Frettchen. Aber ich glaube, es ist besser, ich bringe doch das Original. Also: "Die Frauen trugen Kleider aus bestem flämischem Tuch."
    Jetzt muss ich aber!
    Gute Nacht! :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • @ Frettchen: Das geht jetzt zwar auch so an meine germanistischen Grenzen, aber ich glaube, dass das so nicht stimmt. Es heißt deshalb meinem roten Fahrrad, weil Adjektive nach Possessivpronomen gemischt gebeugt werden. Aber die Form des Dativs (Singular, Maskulinum) ist schwach. Daher eben meinem roten Fahrrad und nicht meinem rotem Fahrrad. Das gilt aber auf keinen Fall für alle Formen. Wenn das zweite Adjektiv eine Bedeutungseinheit mit dem Nomen bildet (und ich nehme an, dass flämisches Tuch so was ist), dann wird eher wechselnd flektiert, also müsste es eigentlich eine schwache Form sein. Ich hätte echtem flämischen Tuch geschrieben.


    Allerdings gibt es da diverse Wörter, die darüber entscheiden, ob stark oder schwach flektiert wird und die kenn ich nicht alle auswendig. Nach ein bisschen, etwas und so wird z. B. stark flektiert: Ich habe das Gericht mit etwas frisch gemahlenem rotem Pfeffer verfeinert.


    Bei der Komma-Sache habe ich jetzt eigentlich keine Unterschiede gesehen. Da geht das Komma nur dann, wenn der Honig echt UND türkisch ist. Das hast du ja auch so beschrieben.

  • Eure Regelkenntnisse erstaunen mich immer wieder. Meine Omi hat derartiges noch in Versform gelernt, ähnlich wie die Sache mit den Donaunebenflüssen ("Altmühl, Naab und Regen fließen rechts entgegen!"). Bei mir ist das meist lediglich "Bauchgefühl". Muss gleich raus. Wünsche Euch einen möglichst trockenen Tag. :knuddel1 :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Wenn man - wie ich - Sprachen studiert hat, dann kommt man immer unweigerlich an Punkte, an denen man auch in seiner eigenen Sprache nicht weiterkommt bzw. nachschlagen muss. Mir ist das ganz häufig so gegangen. Darum bin ich auch keinesfalls ein Spezialist auf dem Gebiet. Dafür kenne ich mich in den Tiefen einfach zu wenig damit aus. :wave

  • Zitat

    Original von Frettchen
    Genauso wie bayerische Weißwürste. Das gehört zusammen und daher setzt man da kein Komma. echte bayerische Weißwürste, echter türkischer Honig.


    Wobei in diesem Zusammenhang die Bemerkung erlaubt sei, dass die besten Weißwürste aus Hamburg kommen - sehr zum Ärger der bayrischen Mitbürger. Aber es gibt einen Schlachter in Hamburg, der regelmässig den Wettbewerb um die besten Weißwürste gewinnt. :grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • [quote]Original von Groupie
    @ Frettchen: Das geht jetzt zwar auch so an meine germanistischen Grenzen, aber ich glaube, dass das so nicht stimmt. Es heißt deshalb meinem roten Fahrrad, weil Adjektive nach Possessivpronomen gemischt gebeugt werden. Aber die Form des Dativs (Singular, Maskulinum) ist schwach. Daher eben meinem roten Fahrrad und nicht meinem rotem Fahrrad. Das gilt aber auf keinen Fall für alle Formen. Wenn das zweite Adjektiv eine Bedeutungseinheit mit dem Nomen bildet (und ich nehme an, dass flämisches Tuch so was ist), dann wird eher wechselnd flektiert, also müsste es eigentlich eine schwache Form sein. Ich hätte echtem flämischen Tuch geschrieben.


    [quote]


    Ich habe gegooglet und zu meiner Schulzeit galt die Regel, dass bei Dativ Singular das zweite Adjektiv in dem Fall schwach gebeugt wird. Aber heute ist das nicht mehr so. Meine Antwort war falsch, aber ich habe das damals so gelernt und damals war es so auch richtig.
    Und Deine Erklärung verstehe ich nur halb, aber echtem flämischeM Tuch ist richtig nach der neuen Rechtschreibung.
    Wir fanden doch beide dasselbe richtig, wenn auch mit unterschiedlichen Begründungen. Aber maikaefer hat Recht. Nach der neuen Rechtschreibung ist: echtem flämischem Tuch richtig. und daher dann wohl auch "echtem türkischem Honig". Die Rechtschreibreform hats gemacht.
    Zu meiner Zeit, als ich Deutsch in der Schule gelernt habe, hat man da eigentlich immer schwach gebeugt beim zweiten Adjektiv, aber nach der Rechtschreibreform fährt man besser, wenn man immer parallel beugt. Da liegt man dann meist richtig. Auch wenn das für mich auf ewig komisch klingen wird, weil ich es anders gelernt habe.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Na, genau dem wollte ich ja widersprechen ;-). Ich habe das jetzt im Duden nachgeguckt und zitiere das einfach auch daraus, weil ich mich sonst vermutlich um Kopf und Kragen schreibe, denn das ist echt nicht ganz so easy.


    Zitat

    Die meisten Schwankungen treten im Dativ Singular des Maskulinums und Neutrums auf, wo die starke Form auf -m und die schwache auf -n endet. Als Grundregel gilt hier: Bildet das zweite Adjektiv mit dem Substantiv eine Bedeutungseinheit, die als Ganzes vom ersten Adjektiv modifiziert wird, dann tritt Wechselflexion ein. Das ist vor allem dann der Fall, wenn das zweite Adjektiv eine Zugehörigkeit im weiteren Sinn bezeichnet (nach heftigem parlamentarischen Streit; mit hellem elektrischen Licht).
    © Duden - Richtiges und gutes Deutsch, 7. Aufl. Mannheim 2011 [CD-ROM]


    Ich kann jetzt mit flämischem Tuch nichts anfangen, gehe aber mal davon aus, dass es sich hierbei um eine Bedeutungseinheit handelt. Daher würde ich sagen, es müsste dann eben bestem flämischen Tuch heißen. Und beim türkischen Honig eben auch so.


    Teilweise ist es also noch so, wie du es gelernt hast. In anderen Fällen hat es sich dann wahrscheinlich geändert. Ob das mit der Rechtschreibreform zusammenhängt, kann ich nicht sagen, weil ich mich davor um diese Frage nicht gekümmert habe. Halte ich aber nicht für unmöglich, weil die ja alles durcheinandergebracht haben ...

  • Unsere Professoren nehmen das nicht mal selbst ernst. Gestern hat einer seinen Vortrag begonnen mit "Liebe Damen... darf ich auch noch 'und Herren' sagen?".

  • Kein Grund zur Aufregung.
    Es handelt sich um den Text der Grundordnung der Universität Leipzig. Damit werden z.B. die Aufgaben der Gremien geregelt, Verfahrensgrundsätze für Fachbereiche festgelegt, bestimmt, wer Ehrenmitglied werden kann, welchen Stand die Universitätsbibliothek hat u.v.m.
    Statt nun, wie bisher, in diesem Bestimmungen die Funktionsbezeichnungen, etwa: Dozent, in der Form Dozentinnen und Dozenten oder Dozent/innen aufzuführen, wird von nun an
    einfach


    einheitlich


    die weibliche Form gewählt.
    Die männliche fällt ganz weg.


    Niemandem wird vorgeschrieben, in der Anrede von Personen etwas anderes zu benutzen, als die gewohnten Formen.
    Man darf an der Universität Leipzig weiterhin 'Frau Professor' sagen oder 'Frau Professorin', man darf 'Liebe Stundenten' sagen, (sogar wenn da acht Frauen und zwei Männer sitzen), man darf 'Liebe Stundentinnen und Studenten' sagen oder 'Liebe Studierende'.


    Der erweiterte Senat der Universität, der darüber abgestimmt hat, die schriftliche Form der Grundordnung zu ändern, ist mehrheitlich mit Männern besetzt.
    Sie haben zugestimmt.
    Die Rektorin der Universität erklärte in einem Interview in der SZ vor zwei Tagen, daß sie über das Ergebnis selbst überrascht war.


    Mich überrascht der Tanz, der deswegen aufgeführt wid. Wenn wir alle so emanzipiert sind, warum wird in der veränderten Grundordnung ein solches Problem gesehen? Sonst kümert sich auch keine/r um Grundordnungen von Universitäten.
    Ich bin übrigens in Zeiten aufgewachsen, in denen die Anrede 'Fräulein' üblich war. Ich war vierzehn, als man anfing, es offiziell anzuschaffen, aber über zwanzig, ehe ich es nicht mehr gehört habe.
    War das schön!!
    :grin



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus