Tochter der Insel - Jutta Oltmanns

  • 399 Seiten



    Autor:
    Jutta Oltmanns, geboren 1964, schreibt neben ihrer Tätigkeit bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest historische Romane.


    Ostfriesland und die Küste sind zugleich Inspiration und Schauplatz ihrer Bücher. Sie lebt mit ihren zwei Söhnen in Warsingsfehn, wo sie an ihrem nächsten großen Roman arbeitet.



    Inhalt:
    Wangerooge 1854: Nach dem Tod ihrer Großmutter steht die junge Waise Lea ganz alleine und völlig mittellos da. Von ihrer Zwillingsschwester Rebekka, die vor zwei Jahren nach Amerika ausgewandert ist, hat sie nie wieder gehört. Als Lea auch noch erfährt, dass ihre große Liebe Immo sich mit einer anderen Frau verlobt hat, beschließt sie, Rebekka in Amerika zu suchen.


    Die weite Reise und das Leben in der neuen Welt werden Lea für immer verändern, aber kann sie ihre Heimat wirklich hinter sich lassen?



    Meine Meinung:
    Die 17-jährigen Zwillingsschwestern Rebekka und Lea leben 1852 auf Wangerooge bei ihrer Großmutter. Die Mutter ist bei der Geburt der beiden gestorben, den Vater kennen sie nicht und die Großmutter tyrannisiert sie, wo es nur geht. Die beiden Schwestern sind wie Tag und Nacht. Rebekka ist temperamentvoll und eine Träumerin und Lea ruhig und bodenständig. Rebekka hat die Nase voll und flieht mit ihrem Freund Arne nach Amerika. Sie verspricht Lea, sie bald nachzuholen.


    Zwei Jahre später hat Lea noch immer nichts von Rebekka gehört und dann stirbt die Großmutter. Der Finanzbeamte teilt ihr mit, dass ihre Großmutter sich mit ihrem Vermögen verkalkuliert hat und ihr somit nichts mehr gehört. Lea liebt ihren Jugendfreund Immo, der hat sich aber in eine andere Frau verliebt und ist somit auch außer Reichweite. Was soll sie jetzt noch auf Wangerooge?


    Sie beschließt, Rebekka in Amerika zu besuchen. Zu ihrer großen Überraschung fallen ihr die Briefe von Rebekka in die Hände, die ihre Großmutter unterschlagen hat. Das ist eine Fügung des Schicksals, denn Rebekka schickt ihr im letzten Brief ein Schiffsbillett, damit sie zu ihr kommen kann.


    Lea bricht alle Brücken hinter sich ab und fährt nach Amerika, über New Orleans und St. Louis bis in das kleine Präriestädtchen Quincy. In Quincy ist leider nicht alles so, wie sie es sich vorgestellt hat. Es ist ein kleines Dorf und sie wird nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Das Leben ist nicht einfach, sie muss hart arbeiten, um überleben zu können, aber sie ist unabhängig und selbstbewusst. Auch wenn es mit der Zeit besser wird, die Sehnsucht nach Wangerooge bleibt immer.


    Ein schöner Auswandererroman, den man ganz locker zwischendurch lesen kann. Man erfährt einiges über das harte und einsame Leben in der Prärie, aber leider blüht auch der Sklavenhandel und es gibt viele Flüchtlinge. Die Personen sind mir etwas zu oberflächlich dargestellt und die Geschichte selbst könnte auch mehr Tiefgang haben, aber für ein paar unbeschwerte Stunden ist es genau richtig.

  • Ich habe das Buch auch gelesen. Mir hat es gefallen, ich würde es aber ebenfalls nicht überbewerten.


    Mich interessierte der hstorische Zeitpunkt Mitte des 19.Jahrhunderts in Wangerooge und Amerika
    Ich glaube, das Buch war gut recherchiert. Es gab viele Fakten zum Hauptthema Auswanderung. Nicht umsonst ist da ein ausführliches Literaturverzeichnis mit 29 Titeln am Enbde des Buches aufgeführt.


    Sprachlich arbeitet die Autorin mit einem sehr zugänglichen und angenehmen, aber gleichzeitig auch sehr sorgfältigen Stil.


    Helga : Ging es Dir auch so, dass Leas schnelle und unproblematische Reisen zwischen Städten und sogar Kontinenten zu Lasten der Glaubwürdigkeit ging?
    Das stand im Gegensatz zu den ansonsten guten Auswanderungsbeschreibungen und hat bei mir zu ein bis zwei Punkten Abzug geführt.

  • Die Zwillinge Lea und Rebekka leben nach dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Großmutter auf Wangerooge. Eine schöne Kindheit haben die beiden nicht, da aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe keinesfalls der Ehemann ihrer Mutter als Vater in Frage kommt. Darunter leiden die beiden. Nur Immo macht sich nichts aus dem Gerede und pflegt eine innige Freundschaft mit ihnen. Als Rebekka Arne kennenlernt, flüchten sie gemeinsam von der Insel. Er nimmt sie mit nach Amerika, wo er mit seinem Bruder Joris eine Farm bewirtschaftet. Doch der geplante Neuanfang verläuft anders als erhofft. Joris lehnt Rebekka ab und Arne ist als Händler in der Prärie selten zu Hause. Als Rebekka dennoch schwanger ist, schreibt sie ihrer Schwester und bittet sie, das nächste Schiff nach New Orleans zu nehmen. Sie werde ihr entgegen reisen. Da Lea inzwischen ihrem Freund aus Kindertagen ihre Liebe gestanden hat und diese nicht erwidert wurde, gleicht ihre Abreise einer emotionalen Flucht. In New Orleans wartet sie allerdings vergeblich auf Rebekka. Allein macht sie sich auf den Weg zu ihrer Schwester.


    Erneut widmet sich Jutta Oltmanns in ihrem Roman der Geschichte Ostfrieslands. Dieses Mal geht es um die Auswanderwelle der Ostfriesen nach Amerika. 1854 kamen viele Europäer im Süden der USA an, um von dort weiter in den Westen zu ziehen. Entbehrungen, Gefahren und die Unwissenheit, wo einen der Weg hinführt, waren der ständige Begleiter. Als alleinreisende Frau steht Lea stellvertretend für die seinerzeit durch die unterschiedlichsten Umstände in Not gekommenen Frauen. Lea muss sich jeden Tag aufs Neue um ihren Lebensunterhalt kümmern. Ihre Chance zum Verschnaufen sieht sie darin, in die Rolle ihrer Schwester zu schlüpfen und auf der Farm ihres Schwagers in der Prärie zu leben. Aber auch hier wähnt sie sich nicht in Sicherheit, sondern fürchtet ständig, dass ihre Lüge ans Licht kommt. Die Autorin zeichnet ihre Figuren ausführlich genug, um diese Gedankengänge nachzuvollziehen.


    Der flüssige Schreibstil trägt dazu bei, dass beim Lesen mühelos Bilder vorm inneren Auge entstehen. Die so unterschiedlichen Orte werden gleichsam farbig beschrieben. Auf Wangerooge riecht man förmlich die salzige Luft und hört die Möwen, während man in der Prärie mühelos die trockene Hitze zwischen den Zeilen spürt. Einziges Manko empfand ich, dass Rebekka sehr blass blieb. Sie war der Anstoß zum Auswandern und verliert sich in den Weiten Amerikas. Spärliche Informationen erhält der Leser aus Briefen und Erinnerungen von Joris. Leider brachten mir diese Mitteilungen die Person Rebekka nicht näher. Versöhnt wurde ich lediglich, dass am Ende sämtliche Fäden verknüpft waren und nun ein neuer Lebensabschnitt begonnen werden konnte. Die Geschichte unterhält mit dem Einblick in die damalige Zeit und lässt sich nur schwer wieder aus der Hand legen.