Green Day, Wuhlheide Berlin, 30.8.12

  • Let's go fucking crazy


    Meine Geschichte mit der Band begann mit dem zweiten Album, "Kerplunk!" (1992), von dem "Welcome To Paradise" auch auf jeder Konzert-Setlist vorzufinden ist. Wenn ich richtig rechne, habe ich die Combo jetzt insgesamt acht Mal live gesehen, wobei der Auftritt während der "21st Century Breakdown"-Tour (Anfang 2010) das bisherige Highlight darstellt. Platz zwei hält nach wie vor das Konzert in der Berliner "Arena" zur "American Idiot"-Tour. Wo ich den Gig von gestern einordnen soll, weiß ich noch nicht so recht.


    23° Celsius, es nieselt. Wir erreichen die Wuhlheide um kurz nach sieben, das Konzert hat offiziell um sechs begonnen, aber obwohl ich "Angels & Airwaves" ganz okay finde (schließlich mag ich "Blink 182", das Hauptprojekt von Tom DeLonge), gab es keine Diskussionen darüber, auf die Supports zu verzichten. Ich wusste, dass das Konzert nicht ausverkauft ist (tatsächlich waren es geschätzt zwölf- bis vierzehntausend Zuschauer, bei einem Fassungsvermögen von siebzehntausend), weshalb auch anzunehmen war, dass wir noch bequem gute Plätze im Innenraum finden würden. Stimmt auch. Während selbst die seitlichen Ränge langsam besetzt werden, ist der Innenraum bestenfalls zu zwei Dritteln voll. "Angels & Airwaves" spielen die letzten drei, vier Nummern, aber wir holen uns lieber Getränke, labbrige "Nudelpfanne", staubtrockene Nackensteaks und verschmorte Bratwürste. Ein Blick zum Merchandising, aber wirklich hübsch sind die Shirts nicht. Wir dackeln langsam die Treppe hinunter, während ich noch an die Diskussion beim Einlass denke. Da wenig los war, erlaubte ich mir bei der Abtastung die Frage, was den "Stewart", der das an mir vornahm, eigentlich dazu berechtigen würde. "Das Hausrecht", erklärte er knapp. Das war definitiv die falsche Antwort. Auch das (ohnehin durch die "Hausordnung" einseitig und nach dem Kauf der Karten erklärte) Hausrecht lässt keine Personendurchsuchungen zu, die sowieso nur die Polizei vornehmen dürfte, und dann auch nur im Fall eines begründeten Verdachts. Niemand muss sich gefallen lassen, bei Konzertbesuchen durchsucht zu werden, aber alle tun es. Irgendwann, nehme ich mir vor, werde ich es mal drauf ankommen lassen. Vielleicht kaufe ich mir extra zu diesem Anlass Karten für DJ Bobo oder ähnlichen Scheiß. Nur, um diese Diskussion mal zu einem Ende zu bringen - mit Polizeiauftritt, Presse und allem Pipapo.


    Wir erreichen die Wiese, der deutlich anzusehen ist, dass die Open Air-Saison ihrem Ende entgegenstrebt. In gut vier Wochen werde ich abermals hier sein, bei "Radiohead". Um uns herum finden sich fast alle Altersgruppen. Ich denke kurz an mein erstes "Green Day"-Konzert, damals war's noch anders. Jetzt sitzen Kids auf den Rängen, und so manch ein älterer Herr streicht sich nachdenklich über graue Haare oder Halbglatze. Was ich okay finde.


    Der Auftritt beginnt - wie immer - mit dem besoffenen Karnickel, einem der Standards bei "Green Day", wie auch das unvermeidliche "Time of Your Life" ganz am Ende. Und natürlich wird es wieder Wasserwerfer, die Klorollenpistole und ins Publikum verschossene Shirts geben. Eigentlich ist alles wie immer. Der Set eröffnet mit "Welcome To Paradise", später folgen "Holiday", natürlich "Basket Case", "American Idiot", "Boulevard Of Broken Dreams", "Minority" und viele andere (25 Stücke, wenn ich richtig mitgezählt habe), darunter drei oder vier Songs von den Alben, die erst ab Ende September veröffentlicht werden - die Tour zu diesem Triple wird, wie Billy Joe Armstrong fast am Ende erklärt, erst im kommenden Jahr stattfinden. Dieses Konzert ist Teil einer Kurztour, was auch dem zurückhaltenden Bühnenbild und der etwas einfallslosen Lichtshow anzumerken ist. Sechs oder sieben Auftritte in Europa, mehr nicht.


    Aber irgendwie will ich an diesem Abend mit der überaus sympathischen Kapelle nicht warm werden. Alle zwei Minuten ruft Armstrong "Let's go fucking crazy", aber vieles ist Attitüde, austauschbar, (natürlich) inszeniert. Musikalisch und handwerklich stimmt alles, doch es wirkt ein bisschen uninspiriert, wenn der Frontmann ständig "Deutschland!" brüllt, was er vermutlich für den Auftritt am Abend zu vor - Mönchengladbach - einstudiert hat, denn kein Mensch auf der Welt kann von einem Ami verlangen, diesen Städtenamen aussprechen zu können. Armstrong lobt das - definitiv gut gelaunte und äußerst textsichere - Publikum, rennt hin und her, holt Kids auf die Bühne, spielt intensiv und singt sehr gut. Aber es ist wie eine Best-of-Tour nach irgendeiner Reunion. Ich bin auf nette Art enttäuscht, obwohl es mit dem einsetzenden Regen richtig gemütlich wird. Fraglos ist das eine gute Party, viele tanzen ausgelassen (zweimal auch ich selbst) und freuen sich. Ich freue mich auch, nicht zuletzt darüber, dass es diese Band gibt, aber diesen Auftritt hätte ich mir, beschließe ich endlich, sparen sollen. Natürlich sind die drei kommenden Alben längst vorbestellt, und wenn ich sie habe, werde ich entscheiden, ob ich die Tour im kommenden Sommer anschauen werde. Solche Lückenfüllerauftritte werde ich mir aber nicht mehr geben. I wanna be a minority.

  • :rofl Die Nummer mit den Security-Menschen plane ich schon seit 3 Jahren. Aber ich trau mich einfach nicht. Spätestens seit ich bei einem Auswärts-Spiel von einem Mann abgetastet werden sollte, plane ich den Großaufstand. Ich hatte bisher nur immer Angst vor den Folgen. Aber ich wäre sehr an dem detaillierten Erlebnisbericht interessiert, wenn du das durchziehst.


    Was Green Day angeht, da bin ich jetzt schon ein bisschen neidisch. Ich habe es irgendwie nie zu nem Konzert geschafft. Dabei würde ich die wirklich gern mal live sehen. Mal sehen, was das neue Album so bringt. :wave

  • Update.


    Kurz nach diesem Auftritt vor viereinhalb Jahren klappte Billie Joe Armstrong zusammen; er verbrachte den Rest des Jahres in der Drogenreha. Die damals angekündigte Tour fiel aus.


    Vorgestern war ich beim Berliner Konzert zur "Revolution Radio"-Tour, und es war großartig. :-)

  • Schön, wenn man Glück hat und dann ein gutes Konzert erlebt!


    Ich dachte, ich schau mal wieder in das Forum und in diese Rubrik in der Hoffnung, was über das DM- Konzert vergangenen Donnerstag zu lesen. Ich selbst war nicht da. Einmal Stadion und nie wieder. Und voller Hoffnung auf die Hallentour habe ich am Fr bei Koka36 angerufen und mir dann gedacht... 90 Ocken, Stehplatz Innenraum, Mercedes Benz Arena. Sound. Atmosphäre.


    Nee. :rolleyes

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)