Klappentext
Kurz nach dem Abitur hat Paul ein Ziel: Er wird aussteigen und hundert Tage ohne einen Cent in der Tasche als Survival-Künstler leben. Doch bevor er in den Wald zieht, um von Beeren und Wurzeln zu leben, filmt Paul seinen Kühlschrank beim Abtauen. Und dieser Film, zusammen mit seinem ersten Blogeintrag, schlägt im Netz ein wie eine Bombe.
Von Tag zu Tag steigt die Anzahl der Klicks auf seiner Seite und Paul kann sich der Dynamik der Medien nicht mehr entziehen. Langsam, aber sicher verkommt Pauls Survival-Idee zur Nebentätigkeit, hauptberuflich ist er nun ein Medienstar.
Aber er kann ja jederzeit den Stecker ziehen, sich ausloggen und ins wahre Leben zurückkehren. Oder?
Die Autoren
Oliver Uschmann (geb. 1977 in Wesel) studierte Literatur und Englisch in Bochum und arbeitet als Journalist und Schreiblehrer. Sein erster Roman, Hartmut und ich, erschien 2005.
Sylvia Witt (geb. 1965 in Köln), Diplom-Designerin, entwirft seit 2005 gemeinsam mit ihrem Ehemann Oliver Uschmann Romane.
Meine Meinung
Das Buch beginnt erstaunlich poetisch: Abiturient Paul hat gerade seinen Vater und dessen Freundin auf dem Frankfurter Flughafen verabschiedet und steht allein und ziellos zwischen all den geschäftig umher eilenden Menschen. Vier Monate wird Pauls Vater auf Borneo verbringen, die väterliche Gärtnerei liegt in den treuen Händen von Vorarbeiter Stephan, Pauls bester Freund Benny ist gerade an diesem Tag nach Bamberg aufgebrochen, wo er sein Germanistik-Studium beginnen wird, und Paul? Paul findet nicht einmal den Weg zurück zum Parkhaus, geschweige denn in seine Zukunft.
Mehr halbherzig und dem Vater zuliebe als aus ernsthaftem Interesse hat er auf den letzten Drücker einige Bewerbungen geschrieben, doch der Erfolg lässt auf sich warten. Er könnte auch Gartenbau und Landschaftsarchitektur studieren, doch dazu müsste er Pläne schmieden, und Paul Planbaum plant nicht. Paul lebt in seinen Gewohnheiten, und als diese alle auf einmal wegbrechen, ist er überfordert. Gefrustet, weil sein bester Freund Benny sich einfach nicht meldet, campiert er eine Nacht im Wald und als er am nächsten Morgen eine Familie beobachtet, deren Auto regelrecht überläuft vor unnützem Urlaubsgepäck, beschließt er spontan, auszumisten. Zufällig stößt er bei Ebay auf Artikel, die sich besonders gut verkaufen, weil die Artikelbeschreibung eine persönliche Geschichte zu den Gegenständen erzählt, und so beginnt er, kleine Geschichten zu seinem Krempel zu erfinden. Währenddessen wartet er auf Nachricht von Benny. Als diese auch Tage später – abgesehen von einer unpersönlichen Rundmail ans gesamte Adressbuch – ausbleibt, geht Paul aus gekränktem Stolz auf das Angebot von Zufallsbekanntschaft Robin, seines Zeichens hipper Markt- und Trendforscher in Sachen Internet, ein und macht aus seiner Ausmist-Aktion einen Blog: Log out. 26 Beiträge, zu jedem Buchstaben einen Eintrag inklusive medienwirksamen Youtube-Videos – und alles nur, um Benny zu beweisen, dass Paul ihn nicht braucht, weil sein Leben gerade so viel aufregender ist als das von Benny.
Das erste Video, 7 Minuten, die Pauls Kühlschrank beim Abtauen zeigen, schlägt ein wie eine Bombe, und ehe sich Paul versieht, ist er mitten drin im Medienrummel und erlebt hautnah, was es heißt, ein Internet-Phänomen zu sein. Kaum ziehen erste kritische Stimmen seine Ernsthaftigkeit und Survival-Tauglichkeit in Zweifel, da lässt Paul sich auch schon zu einem spontanen Komplett-Ausstieg mit medialer Begleitung hinreißen: 100 Tage ohne Geld und Wohnung will er überleben, nur mit seiner Survival-Ausstattung! Und seinem Laptop, denn immerhin will er ja weiter in seinem Blog davon berichten. Und so macht er sich denn frohen Mutes auf seine 30 km lange Wanderung, in deren Verlauf er nicht nur an seine eigenen körperlichen Grenzen kommt, sondern auch feststellen muss, dass der Medienhype einen leider nicht satt macht. Zum Glück sind da noch Pfandfinder Mirko und Retrogirl18, die Paul auf seiner beschwerlichen Reise zu sich selbst unterstützen, wie es nur echte Freunde können.
Pauls Planlosigkeit und Naivität sind schon eine gewisse Herausforderung an den Leser, aber die Geduld wird belohnt. In schnörkelloser, eingängiger Sprache, die leider nicht ganz das anfängliche Niveau hält, schildern die Autoren die Geschichte eines jungen Mannes, dessen Unfähigkeit, für die Zukunft zu planen, ihm viel Mühe und Irrwege zu ihrer Überwindung abfordert. Vieles an dieser Geschichte ist überspitzt dargestellt, einiges leider nur sehr oberflächlich. Aus der Aussteiger-Thematik hätte man sicherlich mehr machen können, doch das hätte den Rahmen eines Unterhaltungsromans gesprengt.
Fazit: Leichte, unterhaltsame Lektüre, die mir sehr gut gefallen hat.