Dagmar Geisler: Mein erstes Aufklärungsbuch
Loewe Verlag 2012. 128 S.
ISBN-13: 978-3785574782. 9,95€
Verlagstext
Wo kommen die Babys her? Muss ich immer mutig sein? Warum weint man manchmal, auch wenn einem nichts wehtut? Kinder haben viele Fragen und es ist oft gar nicht so einfach, die passenden Antworten zu finden. Dieser Sammelband hilft, mit Kindern ehrlich, offen und altersgerecht über die Dinge zu sprechen, die sie bewegen. Einfühlsame Geschichten rund um die Themen Liebe, Sexualität und Emotionen erleichtern das Sprechen über eigene Gefühle und Erlebnisse. Das hilft Kindern, sich in ihrem sozialen Umfeld besser zurechtzufinden und stärkt ihr Selbstbewusstsein.
Die Autorin
Dagmar Geisler, in Hessen aufgewachsen, lebt in der Nähe von München und schreibt seit 15 Jahren mit wachsender Begeisterung für Kinder und Jugendliche. Als ausgebildete Illustratorin sorgt sie auch für die Gestaltung und empfindet diese Verbindung als großes Glück. Sehr gerne zeichnet sie Cartoons für Erwachsene und schon aus diesem Grund gehört ein Schuss Humor bei ihren Arbeiten unbedingt dazu. Auch wenn es ernst wird und dann erst recht.
Inhalt
Das Buch enthält vier einzelne Geschichten zur sozialen und emotionalen Entwicklung von Kindern ab 5 Jahren, die als Einzelbände erhältlich sind. Die älteren Auflagen des Sammelbandes enthalten andere Geschichten (Mein erstes Aufklärungsbuch, Mein Körper gehört mir!, Ich und meine Gefühle, Wo kommst du her?, und Meine Familie, deine Familie).
1. Mein Körper gehört mir (Thema Schutz vor Missbrauch)
Im Mittelpunkt von "Mein Körper gehört mir" steht Clara, die gerade ihr Interesse für Mode entdeckt. Wir sehen sie in inniger Umarmung mit ihrer Freundin im Baumhaus, beim Kuscheln mit ihrem Papa und wie sie es sich mit ihrer Oma gemütlich macht. Kuscheln, Toben und Kitzeln werden als erwünschte, angenehme Berührungen in der Familie und im Einverständnis mit Gleichaltrigen dargestellt. Ungefragte Küsse und Berührungen Erwachsener weist Clara mit eindeutiger Mimik und deutlichen Worten zurück. "Lass das, Ich will es nicht." Kinder, die sich allein nur schwer gegen andere zur Wehr setzen können, werden ermutigt, die Hilfe Erwachsener zu suchen.
2. Ich und meine Gefühle (Thema Emotionale Entwicklung)
Kinder ahmen Erwachsene nach und lernen bald, ihre Gefühle zu verbergen. Sie erfahren, dass negative Gefühle bestraft werden oder dass andere Menschen versuchen, sie ihnen auszureden. Wertschätzung zeigt dagegen die Oma der Hauptfigur, die ihre weinende Enkelin in den Arm nimmt. Die fetzigen Figuren (Junge und Mädchen) in Holde Kreuls Buch zeigen Freude, Liebe, Ärger, Trauer, Angst, Eifersucht, Neid und Aggression. Sie erfahren Versöhnung oder Trost, lernen, die Gefühle anderer zu verstehen und dass man anderen mit den eigenen Gefühlen wehtun kann. Wer seine Gefühle kennt, kann andere besser verstehen.
Kinder lieben Figuren in Büchern, die sich extrem verhalten. Sie sprechen gern immer wieder über die Gefühlsausbrüche des "anderen" Kinds im Buch und lernen so ihre Gefühle wahrzunehmen und eigene Grenzen kennenzulernen.
3. War ich auch in Mamas Bauch? (Thema Aufklärung)
Mamas Kollegin Lili ist schwanger. Die Hauptfigur in " War ich auch in Mamas Bauch?" kuschelt mit Mama auf dem Sofa und lässt sich erzählen, wie es was, als sie selbst noch so groß wie ein Smartie in Mamas Bauch war. Ihr Plüschtier kuschelt währenddessen auch gerade mit seiner Plüschtier-Mama. Als aus dem kleinen Pünktchen auf dem Ultraschallbild ein Baby geworden war, kam es in einem Geburtshaus zu Welt. Gezeigt wird das Neugeborene, das noch durch die Nabelschnur mit der Mutter verbunden ist, das Stillen, sowie der total erschöpfte und aufgeregte Vater. Papa erklärt nun, wie die Babys in den Bauch hineinkommen. Schmusen - "langweilig" entfährt es der kleinen Zuhörerin. Gezeigt wird ein Paar beim Sex, illustriert werden die Erklärungen des Vaters mit Schnittzeichnungen durch den männlichen und weiblichen Körper, Abbildungen vom Weg der Samenzelle in den Eileiter und den der befruchteten Samenzelle zurück in die Gebärmutter. "Und ihr wart richtig ineinander verliebt?" fragt das Mädchen, genau das, was viele Kinder zunächst dringender interessiert als die Vorgänge innerhalb des Körpers. Dass die Eltern nun endlich glücklich mit ihrem langersehnten Kind sind, kann man im Kindergartenalter ja nicht oft genug erzählt bekommen. Viele werden sich fragen, ob man Fünfjährigen schon Befruchtung, Schwangerschaft und Geburt so genau erklären muss. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Inhalte, die Kinder noch nicht interessieren, schnell überblättert werden (langweilig!). Mit einem vereinfachenden Aufklärungsbuch für kleine Kinder kann man schnell an Grenzen kommen und muss dann doch noch ein ausfürhlicheres Buch besorgen.
4. So mutig bin ich (Thema Selbstvertrauen)
In "So mutig bin ich" erzählen vier Kinder, was sie schon können: vom Einmeter-Brett springen, gemeinsam mit dem Freund ein Baumhaus bauen, im Haushalt helfen, allein zu Hause bleiben, Inline-Skaten. Sehr ansprechend an diesem Text finde ich, dass die Kinder draußen spielen und beim Reiten oder Stelzenlaufen Herausforderungen suchen - auch wenn diese Vorstellung von Kindheit vielen Kindern inzwischen wie ein Märchen aus fernen Zeiten erscheint. Mit der Frage des Vaters an sein Kind: "Was möchtest du?", wird betont, wie wichtig es ist, dass Kinder Erwachsenen gegenüber ihre Meinung vertreten können. Wer ernstgenommen und unterstützt wird, lernt früh, seine Ansichten anderen gegenüber zu vertreten. Deutlich werden Kinder in dieser Geschichte dazu ermutigt, schlimme Geheimnisse einer Vertrauensperson zu erzählen und sich nicht von anderen durch Drohungen einschüchtern zu lassen.
10 von 10 Punkten