Der 4. Fall für Carl Mørck und das Sonderdezernat Q
Originaltitel: Journal 64 (2010)
Deutscher Taschenbuch Verlag 2012, 539 S.
Über den Inhalt:
Eine Reihe vermisster Personen aus dem Jahr 1987, die durch eine Person und deren entsetzliches Schicksal verbunden sind: Nete Hermansen. Eine junge Frau ohne jede Chance auf ein selbstbestimmtes Leben, von Menschen grausam misshandelt, wird zwangssterilisiert durch einen fanatischen Arzt und verbannt nach Sprogø, der Insel für ausgestoßene Frauen. Sie nimmt grausam Rache ...
Über den Autor:
Jussi Adler-Olsen wurde 1950 in Kopenhagen geboren. Seit 1997 veröffentlich er Romane, seit 2007 die erfolgreiche Serie um Carl Mørck vom Sonderdezernat Q. Mit den Thrillern „Erbarmen“, „Schändung“, „Erlösung“, „Verachtung“ sowie seinem Roman „Das Alphabethaus“ stürmt er die internationalen Bestsellerlisten. Seine vielfach preisgekrönten Bücher erscheinen in über 30 Ländern, die Filmrechte an der Sonderdezernat-Q-Serie hat Lars von Triers Produktionsfirma Zentropa erworben.
Meine Meinung:
1985 trifft Nete Rosen auf einem Empfang zufällig den Gynäkologen Curd Wad wieder und der zerstört mit ein paar Worten ihr mühsam aufgebautes Leben auf grausame Weise. Nete erzählt in Rückblenden von ihrer Kindheit und Jugend und wie sie auf Sprogø landete.
Als dem Sonderdezernat Q die Akte der im September 1987 spurlos verschwundenen Prostituierten Rita Nielsen in die Hände fällt, ahnen Carl Mørck und seine Assistenten Rose und Assad noch nicht, welche Kreise dieser Fall ziehen wird und welche Tragödie dahintersteckt. Es stellt sich heraus, das zum gleichen Zeitpunkt weitere Personen verschwanden, ohne dass man je wieder von ihnen gehört hat. Die Nachforschungen führen zu Nete Hermansen, einer alten Dame, deren Name mit fast allen damaligen Vermissten in Verbindung gebracht werden kann. Und zu dem 88-jährigen Curd Wad, dem Anführer einer rechtsextremen Vereinigung mit politischen Ambitionen, deren wichtigstes Programm die Umsetzung und Fortführung der radikalen Nazi-Ideen zur Eugenik ist.
Alles scheint mit Sprogø zu tun zu haben, einer dänischen Insel, auf der bis in die 60er Jahre hinein Frauen, die man für geistig zurückgeblieben hielt oder deren Lebenswandel als unpassend galt, in einer Anstalt untergebracht waren. Die Frauen wurden übel misshandelt und gedemütigt und die oftmals einzige Chance, von der Insel wieder wegzukommen, war die Zwangssterilisation. Jussi Adler Olsen hat dieses schreckliche Kapitel dänischer Geschichte zu seinem Thriller inspiriert.
Durch die vielen Rückblenden macht Adler-Olsen auch in diesem vierten Teil der Serie deutlich, wie stark für ihn Gegenwart und Zukunft von der Vergangenheit beeinflusst werden. Damit der Leser den Überblick nicht verliert, steht am Kapitelanfang jeweils eine Zeitangabe.
Verschachtelt und vielschichtig erzählt der Autor seine Geschichte, die von dem starken Motiv der Rache beherrscht wird. Nur allmählich wird Carl Mørck und seinen beiden Assistenten klar, welch erschreckende Dimensionen dieser neue Fall tatsächlich hat. Und dass sie es dieses Mal mit einem Gegner zu tun haben, der Gefahr für ihr eigenes Leben bedeutet.
Die Untersuchung des Polizeieinsatzes, bei dem Carls Kollege getötet und ein anderer durch eine Kugel schwer verletzt wurde, zieht sich als roter Faden durch die Serie und erhält diesmal neue Nahrung. Zudem muss sich Carl mit einer Reihe persönlicher Probleme herumschlagen. Ich mag Adler-Olsens Schreibstil sehr. Er verknüpft Spannung und Gesellschaftskritik immer mit einer guten Dosis Humor. Doch diesmal war es mir ein bisschen zuviel von Morcks bissiger Art und seinen witzigen Kommentaren, immer noch durchaus komisch, aber auch des Guten etwas zuviel.
Wie immer sind es die Menschen und ihre Schicksale, die fesseln und Adler-Olsens Thriller so eindringlich und emotional machen. Dieser hier endet mit einer bizarren und unerwarteten Auflösung, die für mich eine große Überraschung bereit hielt.
Wenn man weiß, dass diese Reihe vom Autor auf zehn Bände angelegt ist, stören auch die vielen losen Enden nicht, die übrigbleiben, wenn man das Buch schließt, sondern erhöhen die Spannung und Vorfreude auf den nächsten Teil.
Ach ja: Am 20.09.2012 liest Jussi Adler-Olsen in Hamburg aus seinem neuen Thriller, klick. Peter Lohmeyer liest den deutschen Text. Wer in der Nähe wohnt, ich kann es nur empfehlen. Adler-Olsen live ist ein Erlebnis für sich.
Über die Insel Sprogø, klick