Der Schneesturm - Vladimir Sorokin

  • Der Schneesturm
    Vladimir Sorokin
    Kiepenheuer & Witsch
    ISBN: 978-3462044591
    206 Seiten, 17,99 Euro


    Über den Autor: Vladimir Sorokin, geboren 1955, gilt als der bedeutendste zeitgenössische Schriftsteller Russlands. Er wurde bekannt mit Werken wie „Die Schlange“, „Marinas dreißigste Liebe“, „Der Tag des Opritschniks“ und „Der Zuckerkreml“. Sorokin ist einer der schärfsten Kritiker der politischen Eilten Russlands und sieht sich regelmäßig Angriffen regimetreuer Gruppen ausgesetzt.


    Klappentext: Garin, ein Landarzt, will so schnell wie möglich in den Ort Dolgoje, um die Menschen dort gegen eine rätselhafte Krankheit zu impfen, die jeden Infizierten zum Zombie macht. Doch es herrscht Schneesturm, Garins Pferde sind erschöpft, also heuert er den einfältigen Brotkutscher Kosma an, dessen Schneemobil von fünfzig winzigen Pferden gezogen wird. Und damit beginnen die Merkwürdigkeiten erst: Auf seiner Reise durch das unablässige Schneetreiben begegnet das ungleiche Paar Zwergen und Riesen, es gibt ein Radio mit "lebendigen" Bildern, eine Paste, die Filz "wachsen" lässt, eine Wunderdroge und vieles mehr eine Märchenwelt mit Ingredienzien einer Hochtechnologie-Gesellschaft. Eingebettet in den erzählerischen Kosmos von Tolstoi, Tschechow und Gogol, versetzt "Der Schneesturm" ein grotesk-imaginäres Russland in den Abgrund zwischen den Zeiten ein zugleich heiteres wie verstörendes Buch, das einmal mehr Sorokins herausragende Stellung unter den zeitgenössischen russischen Schriftstellern untermauert.


    Meine Meinung: Der Klappentext sagt eigentlich schon sehr viel zur Handlung aus. Man fühlt sich beim Lesen um 100 Jahre zurück versetzt – so meint man zuerst, doch Sorotkin hat hier nur einen Teil der Realität des vergangenen Russischen Reiches eingebaut und dann eine Ergänzung um eine fiktive Welt vorgenommen, in der er moderne Elemente wie z.B. das Radio mit märchenhaften Elementen (Riesen und Zwerge) kombiniert. Das Ganze bildet allerdings nur eine interessante Kulisse für die Erlebnisse von Garin und Kosma. Hauptpersonen bleiben über große Teile der Handlung diese beiden. Der Leser erfährt ihre Lebensgeschichten, während sie sich auf ihrer beschwerlichen Reise befinden und amüsiert sich über die Dialoge, die dann wieder an stark an die vergangene Welt der Märchen erinnern. Das Buch wird auch als „verzaubernde Parabel“ über das heutige Russland bezeichnet, dessen Symboldeutung Kennern oder Landsleuten sicherlich wesentlich leichter gelingen dürfte als mir. Für mich bleibt es so die nette und etwas verrückte Geschichte einer Reise, die mir nach dem Lesen nicht mehr sehr lange in Erinnerung bleiben wird. 6 Eulenpünktchen dafür.

  • Der Schneesturm – Vladimir Sorokin


    Mein Eindruck:
    Der Roman bietet anfangs tatsächlich einen Stil alter russischer Romane, mit kruden Figuren. Doch es spielt in der Gegenwart.
    Der Landarzt Dr.Garin, der dringend eine Epidemie bekämpfen will, muss sich von dem Kutscher Krächs mit einer Kutsche von Miniaturpferden mitnehmen lassen.
    Eine Reise nicht ohne Probleme, mit Angriffen von Wolfsrudeln und Schlittenpannen.
    Das ergibt auch teils absonderliche Dialoge. Das Buch wird dann schnell noch kurioser und entwickelt viele absurde Bilder und ungewöhnliche Ideen. Ein Höhepunkt besteht zum Beispiel in dem auffinden eines toten Riesen.
    Vladmir Sorokin beherrscht die Kunst sehr düster zu schreiben und doch gleichzeitig ein wenig Komik zu entwickeln. Doch dieser Humor ist nicht erlösend, zu krass formuliert Sorokin. Der Text lässt eine gesellschaftliche Sozialkritik zu, wenn auch nicht zu eindeutig.
    Doch man darf annehmen, dass der Rückfall Russlands in eine erbarmungslos geführte Monarchie und die Verwandlung der Bevölkerung in Zombies eine deutliche Systemkritik an die Putin-Gesellschaft ist.
    Der Schneesturm ist ein kurzer, symbolstarker Roman, den ich irgendwann noch einmal lesen werde, denn er bietet so viel, dass vermutlich auch noch mehr zu entdecken ist.
    Zunächst einmal nur 8 Punkte von mir, denn manchmal war der Text auch mühsam.

  • Ich gebe zu, es ist das unglaublich schöne Titelbild und der passende Titel die mich zum Kauf dieses Buches veranlasst haben. Ein Roman, der wohl eher eine Novelle ist, der wahrlich im Winter gelesen werden sollte wenn es draussen richtig frostig und schneebedeckt ist. Einen russischen Autoren zu lesen ist für mich zudem ein reizvolles Neuland. Das das Wort "Reiz" einen wichtigen Teil einnehmen wir habe ich dann beim Lesen gemerkt. Während ich von den ersten rund hundert Seiten eingenommen und begeistert war sind es die teils wahnhaften Sinneseindrücke im zweiten Teil der Novelle die zu einer Art Reizüberflutung geführt haben und die wie ein halluzinogenes Pharmazeutikum wirken. Dem Leser wird doch einiges an Bereitschaft abverlangt die irre Geschichte mit viel Phantasie zu Ende zu lesen. Geschehen die teils grotesken Sachen wirklich oder sind es eher Trugbilder die uns der Autor vorgaukelt? Ich kenne mich leider in der russischen Literatur viel zu wenig aus um die Symbolik aller erdichteter Visionen zu erkennen und zu deuten.


    Der Klappentext bzw. die Kurzbeschreibung geben den Inhalt recht gut wieder. Der Arzt mit dem seltsamen Namen Platon Garin will Medikamente zum entlegen Dorf Dolgoje bringen und dort eine ausgebrochene Epidemie zu bekämpfen. Bei einer Pferdewechselstation überzeugt er den Kutscher Kosma, genannt der Krächz, ihn mit einem von vielen kleinen Pferdchen gezogenen Mobil über die schneebedeckte russische Steppe zum entlegenen Dorf führen. Unterwegs machen die beiden etliche sehr ungewöhnliche Bekanntschaften mit einem kleinwüchsigen und streitsüchtigen Müller und seiner herzensguten Frau, treffen Nomaden mit dem Namen "Dopaminierer" und konsumieren dort ein drogenähnliches Mittel das Wahnvorstellungen verursacht, fahren auf einen toten Riesen im Schnee auf und ein paar weiter abstruse Dinge. Man hat das Gefühl die Handlung müsste sich zu Beginn des letzten Jahrhunderts abspielen, wenn da nicht ein paar technische Gerätschaften wären die es eigentlich anno dazumals nicht geben dürfte. Ist es nun Science Fiction? Sind wir in der Vergangenheit oder der Zukunft? In einer sonderbaren Parallelwelt oder bloss im hirngespinstischen Gedenkengestrüpp des Schriftstellers?


    Es ist eine Geschichte bei der dem Leser ein eisiger Wind entgegenpfeift. Es gilt durch Feld und Wald einer russischen Einöde zu ziehen, dabei alle Fährnisse zu überwinden und das gegen allen Wahnwitz und Widersinn dem die Protagonisten unterwegs begegnen. Den Arzt Garin und den Kutscher Krächz zu beobachten wie die beiden nichts und niemanden fürchten und unbeirrt ihren Weg, ja eher eine Irrfahrt, durch den nicht enden wollenden Schneesturm gehen, ganz so wie das Schicksal es für sie vorgezeichnet hat. Eisern – Standhaft - Geradeaus und von den Ereignissen irgendwie unbeeindruckt setzen sie ihren Fahrt seelenruhig fort. Am Schluss stelle ich keinen erkenntnisreichen Gewinn fest. Es gilt eher das Motto "Der Weg ist das Ziel". Die 207 Seiten habe ich in einem Rutsch durchgelesen und das seltsame Leseerlebnis vor einer atmosphärischen Kulisse mit zwei sehr markanten und gut gezeichneten Protagonisten die schnell zu Gefährten werden machen es mir schwer es zu bewerten. Ein Buch das Fasziniert aber dessen Aussage ich leider mangels Kenntnisse nicht verstanden habe. Ich vergebe 7 Eulenpunkte.