danke für die aufklärung!
Schreiben als Handwerk oder als Kunst
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Zitat
Original von Ines
Vielleicht sollten wir der Einfachheit halber erst einmal definieren, was wir unter "Literatur" verstehen.
Wo hört Triviales auf, wo beginnt Literatur?
Eigentlich gehört Triviales auch zur Literatur, da Literatur letztendlich von Lat. litterae stammt (übers Französische eingebürgert), letztendlich also alles Geschriebene umfaßt. Ich für meinen Teil würde da keine begriffliche Ausgrenzung betreiben.Allerdings kann man den ganzen Wust im großen Faß "Literatur" der Übersichtlichkeit halber gliedern:
- nach sachlichen Kriterien wie z.B. Genrezugehörigkeit
- nach künstlerischen ("qualitativen") Kriterien (Trivialliteratur, Unterhaltungsliteratur, anspruchsvolle LIteratur ...)
- nach Zielgruppen
etc.Dabei kommt es immer an, was man mit der jeweiligen Gliederung bezweckt.
Hinzu kommt, daß diese Schemata zu kaum mehr taugen denn als Richtschnüre. Ein Liebesroman kann zugleich auch ein Gesellschaftsroman sein (Anna Karenina), ein Historischer Roman zugleich ein Krimi (Lindsay Davis' Falco-Reihe) usw.Außerdem sagen Genreeinteilungen nichts aber auch gar nichts über die künstlerischen Aspekte aus und nur begrenzt etwas über Zielgruppen (es gibt viele Leser, die ausdrücklich bestimmte Genres meiden, aber so gut wie keinen, der ausschließlich ein bestimmtes Genre liest).
Ich finde es ziemlich nervig, daß diese Gliederungen nach dem Motto "Anything goes" wild durcheinander gewurstelt werden, daß demjenigen, der zugibt, gerne mal was sprachlich Anspruchsvolles zu lesen, von den einen sofort unterstellt wird, er werte damit die Unterhaltung ab :pille, und derjenige, der gerne einen Liebesroman liest, von anderen gleich als Konsument geistloser Groschenhefte abgestempelt wird -- obwohl Tolstois Anna Karenina, Zolas Nana, Goethes Leiden des jungen Werther, Prousts Eine Liebe von Swann und Flauberts Madama Bovary eindeutig Liebesromane sind.
Es gibt auch nicht nur eine Arroganz der "kulturbeflissenen Bildungsbürger", sondern auch eine der Freunde des Trivialen, die jedem, der ihre Vorliebe nicht teilt, sofort Arroganz und sonstwas unterstellen.
Und besonders bescheuert finde ich den künstlichen Gegensatz zwischen "Kunst" und "Handwerk".
Schließlich kann das eine nicht ohne das andere existieren! -
Kann mich mit deinem Beitrag gut identifizieren, möchte aber ergänzend berichtigen:
Meine absicht war nicht Kunst und Handwerk als Gegensatz hinzustellen, obwohl ich zugeben muss, dass der Titel meines Beitrages auch so interpretiert werden kann.
Also nochmal: Kunst ist schon auf Handwerk aufgebaut, aber nur auf Handwerk reduziert ist meiner Meinung nach keine Kunst.Und es ist wahrlich eine Kunst, in diesem Forum keine niederen Beweggründe unterstellt zu bekommen - jetzt auf die Allgemeinheit bezogen.
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Und ganz auf die Allgemeinheit bezogen gehört Klappern anscheinend zum Handwerk.
Was Kunst ist oder was "nur" Handwerk, kann doch eh nur subjektiv beurteilt werden. Fernab von Literaturkritikern oder dem Autorenolymp muss jedes Buch vor jedem einzelnen Leser bestehen. Wenn es dem Leser gefällt, dann mag der es zur Kunst erheben oder es für gut oder schlecht gemachtes Handwerk halten. Objektivität wird es dabei jedenfalls nie geben.
Gruss,
Doc
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Zitat
Original von smarana
Also nochmal: Kunst ist schon auf Handwerk aufgebaut, aber nur auf Handwerk reduziert ist meiner Meinung nach keine Kunst.
Damit war der Handel treibende und Reparaturen machende Goldschmied in einem vorigen Posting gemeint. Den braucht es allerdings auch.ZitatUnd es ist wahrlich eine Kunst, in diesem Forum keine niederen Beweggründe unterstellt zu bekommen - jetzt auf die Allgemeinheit bezogen.
Wer ist denn nun diese Allgemeinheit? -
Das klingt alles ein bißchen danach, als ob es ohne Handwerk ginge. Tut es natürlich nicht, aber es gibt verschiedene Grade der (auch unbewußten) Beherrschung. Die Kenntnis der Schriftsprache stellt das untere Ende dar, sich eingehend mit allen möglichen dramaturgischen Mitteln und Elementen, Stilen usw. befaßt zu haben schließt die Skala längst nicht nach oben ab. All diese Regeln, Vorlagen, Dos und Donts kann man berücksichtigen, muß man aber nicht. Manch einer, der nicht weiß, was ein Cliffhanger ist, setzt ihn trotzdem ein, einfach weil das ein gutes Stilmittel ist, das sich quasi aufdrängt, und dessen Namen man nicht wissen muß.
Autor ist kein Ausbildungsberuf, weil es die Leser sind, die entscheiden, ob die Produkte des Autors ankommen, und das kann man nicht vorhersagen. Es gibt Beispiele für literarische Werke, die jedwede Regel miß- oder sogar verachtet haben, und trotzdem erfolgreich waren. Denn es spielt keine Rolle, welcher Schule man folgt oder welche Dogmen man verinnerlicht hat. Letztlich entscheidet nur der Leser, ob es gefällt oder nicht.
Und da gibt es dann Leser, die mehr Begriffe für das kennen, was ihnen an einem Werk ge- oder mißfällt, und andere, denen vermutlich ähnliche Dinge behagen oder nicht behagen, die aber die Terminologie nicht beherrschen (oder den möglicherweise bekannten Ausweg aus der Misere, in die sich der Autor begeben hat). Qualitativ macht das keinen Unterschied. Für den einen ist ein Gedicht holprig und willkürlich, der andere hat das gleiche Problem, kann aber anhand von Versmaß und Metrik erklären, warum es so ist. <schulterzuck>
Smarana, Du hast Dich darüber beklagt, daß hier ein paar Möchtegerns (die ein paar lapidare Romane draußen haben) mit den Werken des hoffnungsvollen Nachwuchses hart ins Gericht gehen. Ich verstehe den Vorwurf. Aber ich verstehe nicht, wozu der hoffnungsvolle Nachwuchs dann seine Werke präsentiert.
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ich verstehe nicht, warum man mit einem mehr oder weniger hoffnungsvollen nachwuchs unbedingt hart ins gericht gehen muss
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Zitat
ich verstehe nicht, warum man mit einem mehr oder weniger hoffnungsvollen nachwuchs unbedingt hart ins gericht gehen muss
Der wirklich hoffnungsvolle Nachwuchs stellt einen verschwindend geringen Anteil des subjektiv hoffnungsvollen Nachwuchses dar, vielleicht ein Prozent. Natürlich muß man nicht hart ins Gericht gehen. Niemand muß irgendwas. Aber da ist jemand, der einen Text verfaßt hat und Meinungen dazu hören will, aus welchen Gründen auch immer, meistens, weil derjenige glaubt, dieser Text wäre verdammt gut und würde das eigene Talent unterstreichen, wäre veröffentlichungsfähig. Der Eulenbereich heißt "Autoren unter sich". Wer sich Autor nennt - und nichts anderes tut man, wenn man sich in diesem Bereich mit Texten an die Öffentlichkeit wagt -, wird sich früher oder später der Erkenntnis stellen müssen, daß es viele Leute gibt, die das tun, und daß ein Anteil von diesen Leuten tatsächlich gute Texte schreibt. Zu dieser Erkenntnis kann man führen helfen. Muß man nicht. Man kann auch - wie es ja häufig, eigentlich überwiegend geschieht - mitteilen, daß man den Text einfach super findet. Aber ich sehe nicht, was dagegen spricht, eine weitgehend fundierte Meinung ehrlich auszusprechen. Dem Autor wird es möglicherweise dabei helfen, besser zu werden und das u.U. vorhandene Talent angemessen zu kanalisieren. Den anderen mag es dabei helfen, von einer sinnlosen Träumerei abzukommen, an deren Ende Veröffentlichungen im Selbst- oder Druckkostenzuschußverlag stehen, die enorme Summen kosten, die im Kegelverein oder bei der Kaninchenzüchtung besser angelegt gewesen wären.
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du meinst also, wenn man einen text einfach als grauenhaft bezeichnet, ist das eine fundierte kritik, die einem weiterhilft?
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vielleicht kannst ja doch mal eine fundierte kritik mit entsprechenden hilfestellungen und hinweisen zu diesem gedicht versuchen
wie gesagt kannst, wenn du möchtest nicht musst -
Nicht mehr oder weniger fundiert als "Du, ist ja super" oder "Hat mir richtig klasse gefallen". Auch dem fehlt eine Begründung; der Autor weiß also nicht, was er ganz genau richtig gemacht hat (sofern die Äußerung ehrlich war). Wobei ich i.d.R. immer begründe, warum es mir so oder so geht mit einem Text.
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vielleicht kannst ja doch mal eine fundierte kritik mit entsprechenden hilfestellungen und hinweisen zu diesem gedicht versuchen
Das halte ich im vorliegenden Fall für unmöglich.
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Ich für meinen Teil wollte aufs mögliche Spektrum hinaus.
Natürlich sind die wirklich guten Schriftsteller nicht zur Autorenschule gegangen -- ihre Schule war und ist die Literatur. Und selbst von schlechten Büchern kann man etwas lernen, nämlich wie man es nicht machen sollte.Die schlechtesten Autoren sind die, die selbst nicht lesen, gleichgültig ob sie das Handwerk gelernt haben oder nicht. Das sind Leute die nur reden und nicht zuhören. Und eine der wichtigsten Begabungen für jeden Kunstschaffenden ist es, beobachten und zuhören zu können.
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Hallo Iris,
ich kann dir nur voll und ganz zustimmen. Lesen ist das A und O für einen Autoren, und zwar bereits schon lange, bevor er die erste Zeile zu Papier bringt.
Von guten Autoren kann man lernen, schlechte lernt man kennen und irgendwann weiß man, was man will. Dann erst beginnt die eigentliche Arbeit am Schreibcomputer.
Es mag Wunderkinder geben, die alles sofort und auf der Stelle können. Ich habe mir aber sagen lassen, dass Wolfgang Amadeus auch von Mozart Senior das Noten Lesen lernen musste.
Viele Grüße
Eric -
Da war doch mal was mit 10% Inspiration plus 90% Transpiration. So verkehrt scheint mir das nicht zu sein.
Gruss,
Doc
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Original von Doc Hollywood
Da war doch mal was mit 10% Inspiration plus 90% Transpiration.
Na hömma! Das bezieht sich doch nur auf Mathematiker, nicht auf Künstler! -
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Zitat
Da war doch mal was mit 10% Inspiration plus 90% Transpiration. So verkehrt scheint mir das nicht zu sein
In meinem Fall stimmt es in etwa. Ich sehe mich allerdings nicht als Künstler, sondern als Autor!
Liebe Grüße
Gheron -
Zitat
Original von smarana
ich verstehe nicht, warum man mit einem mehr oder weniger hoffnungsvollen nachwuchs unbedingt hart ins gericht gehen mussWenn jemand wirklich an das glaubt, was er macht, wird er aus dem, was ihm als Kritik gegeben wird, das herausziehen, was ihm nützlich erscheint und den Rest links liegen lassen.
JASS
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Zitat
Original von smarana
ich verstehe nicht, warum man mit einem mehr oder weniger hoffnungsvollen nachwuchs unbedingt hart ins gericht gehen mussLiebe Samara,
ich habe in den inzwischen ca. 35 Jahren, die ich als Amateur, Halbprofi und Profi geschrieben habe, von "gutmeinenden" Kritikern derart eins um die Löffel bekommen, dass ich als Jar Jar Binks gehen könnte. Mich hat es auf meinem Weg nicht aufgehalten, im Gegenteil, ich wollte es allen zeigen!
Es ist sehr amüsant, von Leuten, die mir damals mit Schmackes ins Achterkastell getreten haben, heute zu hören, dass sie damals schon gesagt hätten, dass ich meinen Weg machen würde.
Dem, der Erfolg beim Schreiben haben will, weht ein scharfer Wind um die Ohren. Er muss sich entweder dagegen stemmen, oder er wird hinweg geblasen. Es mag manches ausgezeichnete Manuskript in irgendwelchen Schubladen geben, die es weit eher verdient hätten, veröffentlich zu werden als so manches Buch. Doch es kommt nie über den Status eines in der Schublade liegenden Manuskript hinaus, weil der, der es verfasst hat, nicht die Beharrlichkeit hatte, die Tretmühle der Verlagssuche durchzusehen, oder ihm das Glück fehlte, auf die Menschen zu treffen, die ihm weiterhelfen hätten können. Ich hatte sowohl die Beharrlichkeit, wie auch das entsprechende Glück!
Viele Grüße
Eric