Die eiskalte Jahreszeit der Liebe – A.D. Miller

  • Verlag: Fischer, 2012
    Gebundene Ausgabe: 288 Seiten


    Originaltitel: Snowdrops
    Aus dem Englischen von Bernhard Robben


    Kurzbeschreibung:
    Nick dachte, er kennt die Stadt. Seit vier Jahren arbeitet der junge, erfolgreiche Londoner Anwalt in Moskau. Abends trinkt er mit reichen Geschäftspartnern Wodka und führt ein etwas zielloses Leben. Doch mit Mascha verändert sich alles. Sie zeigt ihm, wie dunkel und glitzernd, berauschend und zynisch die Welt sein kann. Schäbige Nachtclubs und verlassene Datschas im eisigen Winter, das Leben als Drahtseilakt. Ein krimineller Mix aus Armut und Dekadenz, Sex, Enttäuschung und Betrug. Nick bemerkt nicht, wie er unaufhaltsam abgleitet in eine fatale Selbsttäuschung. Alles hat seinen Preis. Vor allem die Liebe. A.D. Miller erzählt stilvoll und fesselnd, mit Blick für Details und einem unvergesslichen Gespür für Stimmungen, die nuancierte Charakterstudie eines Mannes im freien Fall. Geheimnisvoll schillernd, cool und brennend. Und sehr gefährlich. »Ein elekrisierendes Debüt! Lässt einen überwältigt und süchtig zurück.« The Independent Nominiert für den Booker Prize 2011


    Über den Autor:
    A. D. Miller, Jahrgang 1974, studierte Literatur in Cambridge und Princeton. Er arbeitete für The Economist und war von 2004-2007 dessen Moskau-Korrespondent. Miller lebt mit seiner Familie in London.


    Über den Übersetzer:
    Bernhard Robben, Jg. 1955, war nach dem Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie als Deutschlehrer in Nordirland tätig. Seit 1986 arbeitet der Spezialist für irische und angelsächsische Literatur als freier Übersetzer und Journalist. Nebenbei ist er ehrenamtlicher Bürgermeister von Brunne, wo er seit 1992 mit seiner Familie lebt.


    Mein Eindruck:
    Der Anwalt Nick erzählt jemand, den der Leser nicht kennen lernt, von seinen Jahren in Moskau und seiner Bekanntschaft dort mit Masha und was sich daraus entwickelte.


    Das Buch war für den MAN Booker Award nominiert, verlor dann zwar, aber dennoch sind die Erwartungen entsprechend hoch.


    Tatsächlich ist A.D.Millers Stil elegant, die Figuren sind jung und hip, wenn auch Nick für einen Anwalt zu gelöst und naiv wirkt.


    Ich hatte mit den Figuren meine Probleme. Ist Nick als Erzähler noch so gestaltet, dass man seine Gedanken und Handlungen nachvollziehen kann, bleiben wichtige Nebenfiguren blass und undurchsichtig. Das ist vom Autor sicher so gewollt. Da Nick zum Beispiel Maschas Motivation nicht durchschaut, soll auch der Leser nicht zu viel über sie wissen. Aber als Leser ahnt man natürlich etwas, Miller fördert durch diese Erzählweise also letztlich Annahmen die sich durch Vorurteile und Klischees ergeben. Das hätte er leicht verhindern können, wenn er den Figuren mehr Tiefe verliehen hätte.


    Diese Erzählperspektive halte ich für misslungen, aber das ist vielleicht auch Geschmackssache. Nicks Ehrlichkeit in Sachen Gefühle und Moral leuchten mir jedenfalls nicht ein.


    Thrillerfans sollten sich nicht von dem Anfangskapitel mit der gefundenen Leiche täuschen lassen. Einen Thrillerplot gibt es nur ansatzweise.
    Insgesamt bleibt der Roman eine leichte Enttäuschung.

  • Liebe macht blind


    Nick, erfolgreicher Anwalt, beichtet seiner zukünftigen Frau seine Vergangenheit.
    Es geht um seine Vergangenheit in Moskau, und dort tun sich Abgründe auf.
    Denn vor Jahren verliebte sich Nick in Moskau, wo er damals lebte und arbeitete in Mascha, eine schöne Russin.
    Mascha, schön und geheimnisvoll, zieht ihn in eine Welt, die er erst nach und nach zu begreifen lernt - als er schon längst drin ist.
    Obwohl ich sagen muß das Nick damals schon ziemlich naiv gewesen sein muss, das er sowohl bei den "lukrativen Geschäften" als auch bei der Liebesbeziehung so gar nichts geahnt hat. Liebe macht bekanntlich blind und Nick ist es scheinbar damals wirklich. Ob ein Freund verschwindet oder er sogar eventuell beschattet wird? Er verschwendet wenige Gedanken daran - Mascha hier und Mascha da....
    Man könnte auch sagen die gute Dame hat ihm das Hirn raus...... aber nein, das sag ich jetzt nicht *gg*.
    Nick ist völlig naiv und lässt sich auch nur allzu schnell besänftigen und beruhigen. Egal ob es ums Geschäft geht oder um alles andere. Und so wird er immer tiefer in die Abgründe Moskaus hineingezogen. Er lügt und betrügt für seine Mascha (und merkt gar nicht das er im Grunde nur ausgenutzt wird und immer tiefer hineingezogen wird).
    Nick muß die Kraft finden sich einzugestehen in was für einer Situation er sich eigentlich befindet. Das er - der doch immer das richtige und gute tun wollte - längst in dubiose Kreise abgerutscht ist und dort Dinge getan hat, für die er nunmal gradestehen muss. Alles weil er aus Liebe völlig blind war. Nur .... er wird ja nicht geliebt und hat sich nur was vorgemacht. Er wurde benutzt. Und eben weil er aus Liebe so blind war hat er völlig ... ja ich würde fast schon sagen willen- und man muss leider sagen hirnlos.... sich hineinziehen lassen.
    Und aus dem Abgrund wieder rauszukommen .... das ist schwer.


    Als Leser möchte man Nick andauernd rütteln und schütteln oder ihm am besten ein paar kräftige Ohrfeigen verpassen. Eben weil er sowas von blind ist (ja vor eingebildeter Liebe.... aber trotzdem). Man denkt sich: himmelherrgottnochmal IST der so dämlich oder tut er nur so?? Blind und bequem eben....
    Und so sieht der Leser quasi hilflos zu wie Nick in seinem - leider selbstgewählten - Dilemma drinsteckt und weiter absackt. Man schwankt zwischen "der arme Kerl" , eben weil er eben vor Liebe blind ist und ihm von Mascha und Co. das Hirn quasi vernebelt ist und " dieser völlig bekloppte Idiot" wenn man an Nick denkt. Denn Liebe hin oder her.... SO blind DARF man einfach nicht sein. Da fragt man sich dann schon: wieviel wäre "Mr. Anwalt Saubermann" dann doch auch völlig von sich aus zu tun und zu akzeptieren bereit, um sich in Moskaus Schein-Glitzer-Welt ein tolles buntes Leben zu machen?? Und DAS ist dann das unheimliche an der Geschichte ....
    Gerade das hat mir an dem Buch gefallen, das man so zwiegespalten ist was die Hauptfigur Nick betrifft. Hat man Mitleid mit ihm weil er so hineingezogen wird?? Regt er einen auf, weil er so abgrundtief dämlich ist? Oder ist er im Grunde doch nicht soo dämlich sondern akzeptiert lieber für den eigenen Vorteil? Und wenn ja.... wieviel??? *schauder* Und vor allem : Findet er doch die Kraft sich überhaupt seiner Situation bewusst zu werden ----- WILL er das überhaupt?
    Die Hauptfigur ist sehr vielschichtig finde ich und man denkt schon länger über den Typ nach. Das hat mir an dem Buch sehr gefallen. Auch der Schreibstil des Buches war gut, denn er liest sich flüssig und hat mich schnell vorankommen lassen.



    Ich gebe 8 von 10 Sternen, da ich es interessant und spannend zu lesen fand und ich auch jetzt noch über diesen Nick nachdenke ;-). Einen Punkt Abzug, weil Nick einen unheimlich oft echt nur aufregt und man sich über ihn ärgert (weil er so naiv vor Liebe sich immer weiter reinziehen lässt). Somit 7 Punkte.

    "We are ka-tet...We are one from many. We have shared our water as we have shared our lives and our quest. If one should fall, that one will not be lost, for we are one and will not forget, even in death."Roland Deschain of Gilead (DT-Saga/King)