Verlag: C.H.Beck, 2012
Gebundene Ausgabe, 319 Seiten
Kurzbeschreibung:
Klappentext: Daniel Defoe sagt, er habe eines der unglaublichsten und abenteuerlichsten Leben gelebt. Ich sage: Ich auch.
Mein Vater hatte mich eines Tages beiseite genommen: Du wirst es einmal schwer haben, mein Sohn, du wirst entdecken, dass du allein bist, dass du dich auf einer Insel befindest - inmitten eines Ozeans von Menschen, die alle laut reden und alle etwas anderes meinen. Die ihre Seele daran setzen werden, dich von deiner Insel zu vertreiben, es sind sechs Milliarden, alle miteinander, kannst du das verstehen? Ja, Vater. Nein, sagte er.
Es ist die Fabel vom letzten Robinson in einer Welt nicht mehr vorhandener Freiräume. In Grevesmühlen, in blauer Südsee, im Londoner Kerker, im Spiegelhaus auf dem Wyman Tower. Es gibt einen hochpolierten Freitag, eine Dame mit Schritt, es gibt eine abgesoffene Kirche, ein Imperium von Besenkammern und es gibt Luxus, illuminierte Zahnbürsten, Tangomusik, bernsteinfarbenes Licht. Vor allem gibt es eine Unmenge virtuellen Geldes, mit dem man das alles kaufen kann und das sich auf Knopfdruck "löscht". Und der beste Freund erweist sich dann als der tödlichste. Eine letzte Robinsonade, ja, aber eine poetische von nie gesehener Farbigkeit, genau so - der Autor ist seit drei Jahren erblindet.
Über den Autor:
Ernst Augustin, geboren 1927, Arzt, Neurologe und Psychiater, jahrelang in Entwicklungsländern tätig, später als psychiatrischer Gutachter in München. Autor einer Reihe von Romanen. Literaturpreise: Hermann-Hesse-Preis, Kleist-Preis, Tukan-Preis, Literaturpreis der Stadt München, Mörike-Preis 2009. Ernst Augustin ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.
Mein Eindruck:
Diese schön gestaltete Buch ist beim C.H.Beck-Verlag erschienen, das Cover, gezeichnet von Ernst Augustins Frau und die große Schrift bestimmen das Lesegefühl mit, der gewählte Stil ist komplex.
Der Protagonist ist ein ungewöhnlicher Mann, der den Leser direkt anspricht, es herrscht ein freundlicher Plauderton, auch wenn ernste Themen mitschwingen.
Dann gibt es Passagen, in denen er, der sich als Außenseiter in der Welt als Robinson fühlt, mit einem ihm unbekannten Freitag chattet. Ist Freitag männlich, weiblich, existent?
Auf jeden Fall entsteht Nähe zwischen ihnen, so erzählt der Protagonist seinem Freitag die Geschichte seines Lebens.
Dabei gibt es zahlreiche Einsprenksel von Beschreibungen der Kindheit, bei denen zu vermuten ist, dass autobiographische Erfahrungen des Autors eingeflossen sind. Sie lebten in Minden, später in Luxemburg.
Der Vater, der rätselhafte Gespräche mit seinem Sohn führte, war Geldkurier, vielleicht sogar ein Geldwäscher. Das Erbe des Vaters wird noch das Leben des Sohnes bestimmen und bedeutet, ständig auf der Hut und bereit zur Flucht sein. Es ist teilweise auch eine Vater-Sohn-Geschichte.
Er durchstreift die Welt: Belgien, London, New York, die Südsee. Doch der Leser weiß nie so richtig, was ist Phantasie, was Realität. Die Erlebnisse sind sehr ungewöhnlich, eigentlich nicht glaubwürdig, oder doch?
Ein Labyrinth der Wörter, skurril, oft humorvoll, fast immer leicht rätselhaft.
Manchmal erinnert der Erzähler an die Flaneure aus der Welt der Romane eines Wilhelm Genazino, wobei Ernst Augustin natürlich eigenständig schreibt. Aber es ist vielleicht eine innere Verwandtschaft, wie sie die Welt sehen.
Das Buch ist auf der Longlist zum deutschen Buchpreis. Aufgrund des abstrakten Ansatzes würde ich es nicht unbedingt als Favorit für die Shortlist handeln, aber vielleicht überrascht einen die Jury.
Fazit: Ein beeindruckendes, phantasievolle Spiel mit der Sprache, auf höchsten Niveau, dabei leicht und originell.