Die Autorin: Sina Beerwald machte sich mit einigen ausgezeichneten historischen Romanen einen Namen, bevor sie nun ihren ersten Thriller vorlegt.
Das Buch: Die Journalistin Inka kehrt nach der traumatischen Erfahrung einer Todgeburt ins Leben zurück; sie gibt eine kleine Party für ihre Freunde, nicht ahnend, das die Zeit, die hinter ihr liegt ihr bald wie schöne Ferien vorkommen wird, verglichen mit den Ereignissen die diesem Abend folgen werden.
In dieser Nacht erschlägt ihre Freundin Annabel ihren Verlobten Jannis mit einer Weinflasche.
Das Paar schien glücklich zu sein, eine gemeinsame Zukunft wurde geplant - und doch besteht kein Zweifel an Annabels Schuld, außerdem hat sie die Tat gestanden.
Inka selbst hat jedoch kaum Zeit den Schock zu verarbeiten, denn auch ihr eigenes Leben gerät immer mehr aus den Fugen: Ihre Hypnosebehandlungen konfrontiert sie mit Ereignissen, die sie außerhalb der Behandlung anders oder garnicht erinnert.
Der erste Angriff auf ihre Person ist -so stellt sich schnell heraus - eine Wahnvorstellung. Der zweite auch? Was ist mit der seltsamen Nachricht, die ihr ein verrückter Professor heimlich zusteckt?
Paranoid zu sein bedeutet auch nicht zwingend, das wirklich keiner hinter einem her ist.... doch wem kann Inka noch vertrauen?
Nicht einmal sich selber!
Meine Rezension: Unsere Wahrnehmung und unsere Erinnerungen: Wir verlassen uns auf beide, auch wenn wir letzterer zugestehen, uns hin und wieder zu täuschen. Dennoch gibt beides uns Sicherheit und bestimmt unsere Handlungen und unser Verhalten.
Und jetzt stellt Euch vor das Euch diese Sicherheit genommen wird!
Denn das wird unweigerlich passieren, wenn man anfängt dieses Buch zu lesen! Die Handlung nimmt sehr schnell Fahrt auf und dieses Tempo bleibt bis zum Schluss, bremsen ist nicht möglich und Abspringen würde sicherlich bleibende Schäden verursachen. Doch je weiter die Handlung fortschreitet um so weniger können auch wir als Leser dem Vertrauen, was uns geschildert wird. Wir erleben die Handlung aus Inkas Sicht, und bald sind ihre Zweifel an den Ereignissen unsere eigenen.
Und das ist garnicht gut, denn es passiert verdammt viel auf diesen knapp 400 Seiten - doch was passiert wirklich, was ist Einbildung, Wahnvorstellung, Hypnose?
Ich als Leser verlor hier vollkommen den Boden unter den Füßen und konnte nur noch atemlos weiterlesen.... (ich versuche allerdings die naheliegende "von-dem Buch-hypnotisiert-Metapher zu vermeiden.... ...oh verdammt!)
Es passiert viel, und vieles auf einmal, trotzdem - und trotz der Tatsache das einiges in Zweifel gezogen werden muss was hier geschildert wird - ist dieses Buch nie überfrachtet mit zu viel Drama und rätselhaften Ereignissen, es ist einfach rasend spannend.
Der Aufbau des Romans ist logisch und sehr überlegt zusammengefügt, doch vor allem fußt er immer in der Realität. Es braucht weder irgendwelche S/F-artigen, abgedrehten wissenschaftliche Experimente noch irgendwelche übertriebenen Actionsequenzen um die Spannung zu halten und immer wieder noch zu steigern, die Glaubwürdigkeit ist nie in Gefahr ins Unwahrscheinliche oder gar Lächerliche abzugleiten. Folgen die dramatischen Ereignisse auch Schlag auf Schlag wirkt an diesem Thriller nichts übertrieben, da er nie die Bodenhaftung der Realität verlässt, alles, was passiert wirkt zumindest vorstellbar. Und das Spiel mit der Angst, sich auf die eigene Wahrnehmung nicht mehr verlassen zu können ist schon an sich perfide genug, vor allem wenn es so meisterhaft dargeboten wird wie hier.
Doch auch der spannendste Thriller hat zum Schluss eine wichtige Prüfung zu bestehen: Die Auflösung der Geschichte - doch keine Sorge, auch hier werden wir nicht enttäuscht! Wir bekommen hier nicht plötzlich ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert, und keine "hach so überraschende Wendung" macht und das Ende kaputt und somit vielleicht den ganzen Roman zu einer Enttäuschung. (Mehr zum Ende am Schluss des Buches)
Mein Fazit: Ein echtes Muß für jeden Leser von Psychothrillern, hier kommt auch der routinierte Krimileser eine unbezahlbare 8,99-Lektion in atemberaubender Spannung geboten.
Ausserdem beantwortet dieses Buch für mich die Frage warum Fitzek sein neues Buch mit einem Ko-Autoren geschrieben hat - alleine, denke ich, glaubte er wohl nicht mehr mithalten zu können.