The Hacienda – How not to run a club
Inhalt:
Die Hacienda war ein legendärer Club in Manchester in den 80ern und 90ern, der sich im Besitz des Plattenlabels Factory Records befunden hat und praktisch niemals auch nur kostendeckend bewirtschaftet wurde, weshalb er sein jahrelanges Überleben in erster Linie den Einkünften der Band New Order verdankte. Peter Hook schildert in diesem Buch, was sie alles falsch gemacht haben, getreu dem Untertitel, aber auch noch einiges mehr.
Autor:
Peter „Hooky“ Hook, geboren 1956 in Salford, ist Bassist und Gründungsmitglied der Bands Joy Division und New Order. Nach dem Zerwürfnis mit seinen ehemaligen Bandkollegen widmet er sich aktuell u.a. seinem Soloprojekt „Peter Hook and the Light“ und tritt zur großen Freude (nicht!) selbiger vor allem mit Liedern und Alben von Joy Division auf.
Man wünscht ihm, aus den Erfahrungen mit der Hacienda gelernt zu haben, da er 2010 in Manchester in den ehemaligen Büroräumen von Factory Records den Club "FAC 251 – The Factory" eröffnet hat.
Nebenbei hat er auch das Buchschreiben für sich entdeckt, weshalb als nächstes Projekt „Unknown Pleasures – Inside Joy Division“ ansteht. Ironischerweise hat sein einstmaliger Freund und Bandkollege Bernard „Barney“ Sumner schon vorab vor diesem Buch gewarnt. Aber das ist eine andere Geschichte, über die ich im nicht unwahrscheinlichen Fall, dass ich auch dieses Buch lesen werde, nachdenken werde.
Meinung:
Peter Hook hat ein unglaubliches Ego und scheinbar noch größeres Geltungsbedürfnis. Irgendwie mag ich ihn, da er absolut kein Problem damit hat, das auch zuzugeben. Speziell, als er meint, dass DJs arrogante, selbstverliebte Menschen sind und dann dazu überleitet, wie gut er sich in dieser Tätigkeit später selbst geschlagen hat. Selbsterkenntnis ist doch schön.
Auch nach dem Lesen blicke ich noch nicht ganz durch, wie es mit den Eigentumsverhältnissen des Clubs beschaffen war, aber das spielt auch nicht wirklich eine Rolle, denn es scheint genug Geld von NO in dieses Loch geflossen zu sein, so dass er sich damit identifizieren kann.
Mit je einem Kapitel pro Jahr schildert Hook, wie ein Fehler nach dem anderen begangen wurde, aber er tut es nicht bitter, bestenfalls mit einer gewaltigen Portion Galgenhumor, was das Buch nicht nur interessant, sondern auch recht unterhaltsam macht. Hook schildert nicht nur die Fehler, sondern auch, warum die Hacienda ein so spezieller Ort war, auch für ihn, der er dort offenbar einige Zeit praktisch gelebt haben dürfte.
Sehr interessant sind auch die jedem Kapitel angefügten Jahresabschlüsse, die zeigen, dass es auch anders hätte gehen können, sowie die Übersicht der aufgetretenen Künstler und DJs, die diese Geschichte auch zu einem Stück musikalischer Kulturgeschichte dieses Ortes und dieser Jahrzehnte machen. Besonders schön fand ich die Erzählung, wie die Einstürzenden Neubauten bei ihrem Auftritt 1985 beinahe mit einem Pressluftbohrer eine tragende Säule zum, ja, Einsturz gebracht hätten und deshalb Auftrittsverbot bekommen haben.
Meine Lieblingsstelle, über New Orders Plattenaufnahme auf Ibiza in den 80ern, die etwas aus dem Ruder gelaufen ist:
Zitat„We'd wasted our time either out partying, or recovering, spent an absolute fortune and came home to England with just two songs … and sixteen drum tracks (what can I say? Steve [Stephen Morris, der Drummer] was always much better at concentrating than the rest of us) … . S. 145
Mit seinen Exkollegen, speziell seinem besten Freund aus Kindheitstagen und jetzt offenbar Lieblings-Sparring-Partner im öffentlichen Austausch von Beleidigungen, Bernard Sumner geht er hier tatsächlich erstaunlich milde um. Allerdings ist der Konflikt wohl auch erst nach diesem Buch eskaliert. Aber auch Tony Wilson und Rob Gretton, die das Debakel wohl in erster Linie zu verantworten haben, bekommen ihr Fett sehr liebevoll weg. Sie sind wohl alle recht blauäugig gewesen, was Hook auch zugibt.
Es ist kein Zufall, dass ich nicht nur musikalisch, sondern in jeder Hinsicht nach wie vor nicht lassen kann von Factory Records & Co, denn ich liebe verrückte Geschichten und speziell die verrücktesten, die das Leben selbst schreibt und damit ist man hier bestens bedient.
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