Die leere Wiege - Ruth Dugdall

  • Der 1. Fall für Bewährungshelferin Cate Austin


    Originaltitel: The woman before me (2010)
    Piper Verlag 2012, 363 S.


    Über den Inhalt:
    Alles ist friedlich, als Rose gegen vier Uhr morgens das Haus ihrer Freundin verlässt und sich eine Zigarette ansteckt. Die Küchenuhr tickt leise, Emma, die junge Mutter, liegt wie ein blonder Engel schlafend im Bett, und Baby Luke schlummert sanft in seiner Wiege. Wenige Stunden später steht das Haus in Flammen. Der kleine Luke erstickt im Rauch. Auf dem Boden neben seiner Wiege: eine Zigarettenkippe …


    Über die Autorin:
    Ruth Dugdall studierte Englisch und Theaterwissenschaften an der Warwick University und Sozialarbeit an der University of East Anglia. Danach arbeitete sie viele Jahre als Bewährungshelferin. Heute lebt sie mit ihrem Mann und zwei Kindern in Felixstowe, Suffolk.


    Meine Meinung:
    Rose’ Sohn Joel ist kurz nach der Geburt gestorben. Da tröstet es sie, dass sie sich um Emmas Baby Luke kümmern darf und der überforderten Mutter unter die Arme greifen kann. Doch Luke kommt bei einem Hausbrand ums Leben und Rose wird verdächtigt, das Feuer gelegt zu haben. Vergeblich beteuert sie ihre Unschuld und wird zu einer Haftstrafe verurteilt. Nun hängt es von der Beurteilung der Bewährungshelferin Cate Austin ab, ob Rose nach fünf Jahren vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden kann.


    Den größten Teil der Geschichte nehmen die Tagebucheinträge von Rose Wilks ein, in denen wir sie als sympathischen und tragischen Charakter erleben. Ich fühlte mit Rose, hoffte, dass sie das Richtige tut und hatte gleichzeitig Verständnis für ihre folgenschweren Entscheidungen. Doch je mehr ich von ihrer Vergangenheit erfuhr, desto stärker wurde das beklemmende Gefühl, es mit einem Ungeheuer zu tun zu haben.

    Die Szenen, die in der Gegenwart spielen, werden hauptsächlich aus der Sicht von Bewährungshelferin Cate Austin geschildert. Die ist noch neu in ihrem Job und hat mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ihre Beobachtungen geben einen interessanten Einblick in die Zustände hinter den Mauern eines Frauengefängnisses, wo Brutalität, Korruption und Erpressung zum Alltag gehören. Da die Autorin selbst einige Jahre lang diesen Beruf ausgeübt hat, darf man spekulieren, wie viel davon auf ihrer eigenen Erfahrung beruht. Vor allem aber bietet Cate eine andere Perspektive auf Rose.


    Ein bemerkenswertes Debüt, in dem es der Autorin gelingt, nach und nach ein Bild der seit ihrer Kindheit schwer traumatisierten Rose zu zeichnen, vor allem ihren Abstieg in die Besessenheit beschreibt sie mit großem Einfühlungsvermögen. Ruth Dugdall ist eine tragische Geschichte gelungen, eine Geschichte von Besessenheit, Neid, Liebe, Wahn und Rache, die bis zur unerwarteten Auflösung spannend bleibt. Die Frage, wer Luke getötet hat, wird tatsächlich erst auf den letzten Seiten beantwortet. Die Geschichte macht traurig und weckte mein Mitgefühl für die Protagonistin.


    Ein bisschen zu kurz kam mir nur Cate Austin. Aber vielleicht erfährt man ja mehr über sie in dem im Original bereits erschienen neuen Buch der Autorin „The Sacrificial Man“.


    Ach ja: Fans von Sophie Hannah werden sicher auch dieses Buch mögen.

  • Kannst du bitte noch die ISBN eintragen?


    Das Buch hört sich schon einmal klasse an. Scheint ein etwas anderer Thriller zu sein.



    edit sagt: Danke :wave


  • Glatt vergessen :-)


    Ja, ich war irgendwie selbst überrascht, dass es mir gefallen hat.

  • Für dieses Buch spricht ganz klar, dass ich es, obwohl nur zufällig als "literarische Zwischenmahlzeit" zur Hand genommen, innerhalb kürzester Zeit gelesen hatte. Die Sprache ist klar und einfach, vielleicht manchmal etwas zu schnörkellos, der fortlaufenden Handlung ist leicht zu folgen, die Personen sind im Wesentlichen glaubhaft, und die Spannung ausreichend. Doch eben nur "ausreichend". Rückblickend muss ich sagen, dass ein guter Lesefluss leider noch keine überragende Qualität bedeutet. Ich habe hier viele gute Ansätze vorgefunden, die jedoch meiner Ansicht nach oft im luftleeren Raum endeten, ohne zu etwas zu führen.


    Der Klappentext verspricht Spannung pur. Hat Rose nun den Tod des Babys verursacht? Und das mit Absicht? Ist sie der Mutter absichtlich über Monate gefolgt, ist sie gestört, ist sie eine "Perverse", wie es im Gefängnis-Jargon heißt?
    All diesen Fragen wäre ich gerne gefolgt. Doch im Verlaufe des Buches fragte ich mich öfters, was das Ganze eigentlich sollte.


    Das Buch beginnt in der Tat geschickt. Es gibt einen Prolog in der Ich-Form, von Rose erzählt. Er schildert die Nacht des Unglücks, und lässt dabei angenehm viele Punkte offen. In den folgenden Kapiteln, die im "Heute" spielen, wechselt die Perspektive zunächst - überraschenderweise zur Erzählweise in der dritten Person, welche von der Bewährungshelferin Cate Austin handelt. Cate soll Rose treffen und beurteilen, und insofern ist sie natürlich wichtig für die Handlung. Dieser Erzählstrang wechselt ab mit Tagebuch-Einträgen von Rose, die sie in ihr "schwarzes Buch" schreibt. Das ist dann wiederum gesplittet in die Schilderung des Gefängnisalltags und die Begegnungen mit Cate, sowie in Rückblenden, die Schilderung von Roses Leben. Und genau hier fängt das Buch an, schwerfällig und unwahrscheinlich zu werden.


    Es scheint mir einfach, als wäre das Projekt der Autorin ein wenig "aus dem Ruder gelaufen". Sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie lieber die Konfrontation Cate/Rose in der Gegenwart, oder Roses eigene Rückblicke in den Fokus rücken sollte. Es beginnt regelmäßig geplottet, wird aber immer unausgeglichener. Die Tagebucheinträge werden immer häufiger und länger, ja, sie nehmen am Ende überhand. Die Abschnitte um Cate in der Gegenwart scheinen am Ende bloße Staffage zu sein, und das fand ich immens schade. Wozu wird ihr Charakter dann überhaupt aufgebaut, wozu erfahren wir, dass sie alleinerziehende Mutter mit Schuldgefühlen ist? Wozu wird angedeutet, dass Rose sie von einer Mitinsassin mit Freigang ausspionieren lässt, wenn alle diese Fäden am Ende im Sande verlaufen?? Ich fühlte mich schon ein wenig verschaukelt.


    Auch Roses Einträge in ihr "schwarzes Buch" lassen einen roten Faden vermissen. Anfangs klingen sie wie eine Lebensbeichte, dann wieder wie ein Brief an ihren Lebensgefährten, dann wieder wie ein Versuch, sich vor der Bewährungshelferin zu rechtfertigen - der sie das Buch am Ende ja auch übergibt. Doch keiner dieser Aspekte ist eindeutig. Zudem fallen die Kapitel-Unterteilungen manchmal mitten in die Einträge, was ich umständlich und ungeschickt fand. Das hat den Lesefluss und die Logik gestört.


    Am Ende ist mir einfach nicht klar, was das Buch mir sagen wollte. Rose hatte eine tragische Kindheit, sicher, aber die las sich auch wieder wie zusammengeschustert aus allerlei Krimis und Dramen. Nichts Besonderes. Jedenfalls nichts, was Roses Verhalten letztlich rechtfertigen würde. Zudem wage ich an manchen Aspekten der Handlung zu zweifeln. Manche Handlungsweisen waren mir einfach zu konstruiert, zu unwahrscheinlich - was ich hier aber, neuen Lesern zuliebe, nicht näher schildern möchte. Zudem konnte man sich den wahren Hergang jener Nacht als Leser bald denken - aber letztlich geklärt wird dies nicht. Nur angedeutet. Frustriert wird also auch der Krimi-Fan aus diesem Buch hervorgehen.


    Abschließend möchte ich der Autorin durchaus Talent bescheinigen. Aber sie sollte in Zukunft zu weniger "literarischem Firlefanz" wie Perspektivenwechsel, Rückblenden etc. greifen. Ich glaube, sie hätte durchaus Talent, einen reinen Briefroman zu schreiben, oder ein Buch, das allein (!) aus der Rückblenden-Perspektive geschrieben ist. Weniger ist eben manchmal doch mehr.

  • Ich fand das Buch spannend und interessant und wollte im Grunde eigentlich nur wissen, was da wirklich passiert ist und die Auflösung war defintiv nicht das womit ich gerechnet hätte.


    Die Tagebuchpassagen fand ich ok und es liess sich flüssig lesen, auch wenn das Meiste schon recht vorhersehbar war. Die Passagen um Cate fand ich jetzt eher unnötig, vor allem die Sache mit Mark, dass hätte man sich sparen können oder man hätte es ausbauen müssen. Zwar fand ich ihre Entscheidung gut, aber eigentlich war nicht so richtig nachvollziehbar warum sie sich so entscheidet.


    Rose fand ich irgendwie von Beginn an unsympathisch und ich wurde auch bis zum Schluss nicht warm mit ihr. Ihre Beweggründe sind zum Teil echt abartig und ich mag Menschen generell nicht, die andere benutzen. Ob das bei ihr eher krankhaft ist, ist schwer zu sagen. Sie errinnert mich so ein wenig an die Frau (Hannah?) aus Der Vorleser.


    Von mir gibt es für das Buch 7 Punkte

  • Das Buch las sich gut weg. Spannend fand ich auch, war Rose tatsächlich die Täterin!? Cate kam mir auch zu kurz. Die Gefängniswärter fand ich alle widerlich, ist das tatsächlich so?! Das Buch löst Beklemmungen aus. Ein weiteres Buch der Autorin würde ich durchaus lesen.