Der Autor: Das Joe Lansdale nun auch in Deutschland immer bekannter und beliebter wird verdanken wir vor Allem Hannes Riffel und seinem kleinen, ausserordentlich feinen Verlag "Golkonda"! Seinem Einsatz ist es zu verdanken das wir hierzulande in den Genuss der Werke eines der ganz großen amerikanischen Erzählers gelangen, es ist ihm - und nur ihm - gelungen nicht nur den Suhrkamp Verlag für Lansdale zu begeistern ("Kahlschlag" erscheint dort als Krimi-Tb) sondern auch das Interesse von Klett-Cotta zu wecken....
Ach ja..... zum Autor selber....:
Joe Lansdale schrieb viele preisgekrönte Romane und Kurzgeschichten, quer durch alle Genre und oft eine Mixtur aus verschiedenen, er erweist sich immer wieder als ungeheuer vielseitig. Und doch geht es (fast) immer nur um eines: Menschen, und wie sie einander begegnen. So auch im folgenden Buch.
Das Buch: East Texas, im Sommer 1958. Der 13jährige Stanley beginnt den Sommer als Kind, an dessen Ende jedoch wird er dem Erwachsensein näher gekommen sein als er es erwartet hätte.
Sein Vater betreibt ein Autokino, seine Mutter führt den Haushalt und seine ältere Schwester entdeckt ihre Wirkung auf Männer. Eine ganz mormale Familie also, vielleicht ein wenig fortschrittlicher und lockerer in ihrem Denken als viele ihrer konservativen Nachbarn aber beileibe keine Rebellen. Es sind gute Menschen, die ihre Kinder zu ebensolchen guten Menschen zu erziehen versuchen.
Als das farbige Hausmädchen ihren saufenden und prügelnden brutalen Ehemann verlässt bietet ihr die Familie (fast) selbstverständlich Unterschlupf!
Auch Stanleys Freund Richard wird ein Opfer häuslicher Gewalt: Sein Vater schlägt ihn und zwingt ihn zu harter Arbeit, selbst zu betrunken um geradeaus gehe zu können.
Im Wald entdecken die Freunde die Überreste eines alten Hauses und erfahren die geheimnisvolle Geschichte desselben: Es geht um einen mysteriösen Doppelmord an zwei jungen Frauen...
Stanleys Neugier ist geweckt, und mit den Ratschlägen des kauzigen alten Filmvorführters Buster macht er sich auf Spurensuche in der Vergangenheit, doch es ist die Gegenwart, die ihn an seine Grenzen und darüber hinaus führt.
Meine Rezension: Es sind viele Themen, die Joe Lansdale hier in diesem Buch anspricht: Gewalt, Rassismus, Alkoholismus (und die Folgen), das Erwachsenwerden, Pubertät...
zu viele, so scheint es, für ein einziges Buch. Doch bei Lansdale wird all das ein Thema: Menschen, und wie sie einander begegnen.
Was Menschen im Stande sind einander anzutun erfärt Stanley hautnah von der farbigen Haushaltshilfe, deneren saufender Mann sie grausam verprügelt, und auch sein Freund Richard leidet unter seinem gewalttätigen Vater.
Und sogar Stanleys Vater wird gegenüber einem all zu kecken Verehrer seiner Tochter handgreiflich, auch wenn er seinen Gewaltausbruch später versucht kleinzulachen.
Stanleys Schwester entdeckt nicht nur ihre Sexualität, sie entdeckt auch ihre Wirkung auf Männer, und muß beinahe die schlimmen Folgen ihres hemmungslosen Flirtens tragen.
Die große Welt die Stanley betritt ist verdammt schmutzig und böse, diese Erkenntnis ist für unseren jungen Freund durchaus schmerzhaft, aber er lernt auch das Gegenteil kennen, und er lernt vor allem, das es auf den einzelnen ankommt und was man aus sich macht, welchen Platz man wählt.
Joe Lansdale lässt seinen jungen Protagonisten selber erzählen und enthält sich jeder Wertung dessen, was seine Figur erlebt - er überlässt es Stanley, uns seine Sicht der Dinge mitzuteilen. Wie schon in "Wälder am Fluss" und "Der Teufelskeiler" versteht es Lansdale glänzend, in die Haut eines Halbwüchsigen zu schlüpfen, welcher das Erlebte unmittelbar an den Leser weitergibt.
"Ein feiner dunkler Riss" ist meiner Ansicht nach Lansdales bisher schönstes Buch. Es hat durchaus seine harten Seiten, verliert dabei aber nie seine positive und optimistische Grundstimmung, ohne andererseits zu beschönigen oder zu verharmlosen.