Totenzimmer - Susanne Staun

  • Produktbeschreibung lt. amazon:


    Die Rechtsmedizinerin Maria Krause steht vor einem Rätsel: Vor ihr liegt die geschändete Leiche einer jungen Frau, und die einzige Spur, die der Täter hinterlassen hat, ist ein Abdruck rot gefärbten Schweißes. Eine Spurensuche beginnt, die einige Abgründe aufreißt... Maria Krause braucht nicht lange, um herauszufinden, dass die merkwürdige Rotfärbung am Hals der Leiche von der Einnahme eines Lepra-Medikaments herrührt. Doch in Dänemark gab es seit 1911 keinen Fall von Lepra mehr. Wer also verschreibt ein solches Medikament? Und wer nimmt es ein? Auf der Suche nach dem mysteriösen Mörder gerät Maria Krause an ihre Grenzen. Denn sie trägt ein dunkles Geheimnis mit sich herum: Vor Jahren hat sie ein Kind abgetrieben, und das belastet sie schwer. Bei der Obduktion der Leiche meint sie nun zu erkennen, dass es sich um ihre Tochter handelt. Seltsam nur, da sie keine Kinder hat. Bald kann ihr selbst ihre beste Freundin nicht mehr dabei helfen, zwischen Realität und Wahnsinn zu unterscheiden. Der Roman bildet den Auftakt einer neuen Krimiserie um die psychisch labile Rechtsmedizinerin Maria Krause. Susanne Staun, eine neue Bestsellerautorin aus Dänemark, bietet dem Leser psychologische Hochspannung - an der Grenze zwischen Realität und Wahnsinn.


    Über die Autorin:


    Susanne STaun, geboren 1957, studierte Englisch und Literatur an der Universität von Kopenhagen und Journalistik in den USA. Totenzimmer wurde u. a. mit dem wichtigsten dänischen Krimipreis, dem Harald Mogensen Pris, ausgezeichnet und war für den renommierten skandinavischen Krimipreis nominiert.


    Meine Meinung:


    Maria Krause ist Pathologin und für meinen Geschmack ziemlich neben der Spur. Sie ist nicht nur verschroben und kann nicht gut mit Menschen umgehen – die einzige Ausnahme ist ihre Freundin Nkem, seit einer Abtreibung lebt sie ihr Leben zusammen mit ihrer eingebildeten Tochter Emilie. Aus diesem Traum wird sie herausgerissen, als sie die übel zugerichtete Leiche eines Mädchens namens Emilie vor sich auf dem Obduktionstisch hat, die zudem im selben Alter ist, in dem ihre Tochter wäre. So wird dieser Fall zu einer Herzensangelegenheit von ihr und sie ermittelt neben der Polizei auf eigene Faust her.


    Einen Zugang zur Hauptperson Maria habe ich nur sehr schwer gefunden, die eingebildete Tochter und ihre sexuellen Vorlieben und Fantasien sind weit außerhalb der Norm. Jedoch wird deutlich, dass sie auch nur ein Mensch ist – mit Ängsten und Bedürfnissen, die eben etwas anders sind. Was an diesem Thriller auffällt ist der sehr große Bezug zum Sexuellen. Die Fantasien und das Treiben von Maria ist nicht alles, den Täter lernt man nebenher durch Tagebucheinträge kennen und er ist eine extrem gestörte Persönlichkeit, der Sex mit seiner Mutter und extreme Gewaltfantasien hat. Viel Action sollte man nicht erwarten, dafür erfährt man viel vom Gefühlsleben und der Gedankenwelt der Hauptpersonen. Die Nebenfiguren bleiben jedoch etwas blass, die eine oder andere wäre durchaus noch ausbaufähig gewesen.


    Wenn man sich in den Erzählstil von Susanne Staun hineingefunden hat, liest sich das Buch schnell und durchaus spannend, weshalb ich 7 Eulenpunkte vergebe.

    Ich lese grade:


    Der Herr des Turms - Anthony Ryan
    ________
    Save the earth - it's the only planet with chocolate!

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  • Hört sich sehr interessant an. Herzlichen Dank für die schöne Rezi. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zwischen Abscheu und Faszination bewegt sich die Bandbreite der Emotionen bei der Lektüre dieses Romans. Die Hauptfigur dieses Debütromans einer dänischen Krimiserie ist die Ich-Erzählerin Maria Krause. Sie ist Gerichtsmedizinerin und in ihrem Beruf ebenso engagiert und kompetent wie exzentrisch und gestört in ihrem Privatleben. Ihr ist durchaus bewusst, dass sie "eine Schraube locker hat".
    Soziale Kontakte sind nicht ihre starke Seite, sie hat nur eine Freundin: ihre nigerianische Kollegin Nkem, der sie von Kopenhagen, wo die beiden zuvor am Rechtsmedizinischen Institut gearbeitet haben, nach Odense gefolgt ist. In ihrer fast schon steril (un)eingerichteten Wohnung haust sie allein mit ihrer Katze, das Wohnzimmer gleicht ihrer eigenen Einschätzung nach einem Totenzimmer. Maria bekämpft ihre Schlafprobleme mit Wein und Schlaftabletten und sie pflegt ein außergewöhnliches Sexualleben: seitdem sie vor 20 Jahren von einem attraktiven Mann vergewaltigt wurde und das genoss, bestellt sie in gewissen Abständen bei einer SM-Agentur einen "Vergewaltiger", der sie in einem Park überfallen soll. Auch zu ihrem neuen Chef, einem sehr von sich selbst eingenommenen, jedoch unattraktiven Schürzenjäger, hat sie ein zwiegespaltenes Verhältnis, sie verabscheut und begehrt ihn gleichzeitig. Für einen psychisch gesunden Leser ist es nicht einfach, sich in Marias Persönlichkeit hineinzuversetzen.
    Die Gerichtsmedizinerin ist allerdings ein Waisenknabe im Vergleich zu dem Sadisten, der in Odense auf bestialische Weise junge Mädchen abschlachtet. In dessen kranke Psyche erhält der Leser durch sein Tagebuch einen wahrhaft abgründigen Einblick. Ausschnitte des Tagebuchs beschreiben in selbstgefälliger Manier die Fehlentwicklung eines intelligenten und völlig skrupellosen Jungen aus privilegierter, aber dysfunktionaler Familie. Die einander abwechselnden Kapitel, in denen die beiden Ich-Erzähler Maria und der Tagebuchschreiber auftreten, bewegen sich aufeinander zu, bis dem Leser die Zusammenhänge klarwerden. Dass man dem Täter überhaupt auf die Spur kommt, verdankt man nicht der Polizei, die in diesem Krimi eine untergeordnete Rolle spielt, sondern der Gerichtsmedizinerin Maria, die mit Hilfe der Chemikerin Nkem unermüdlich eigene Ermittlungen betreibt und dabei am Rande der Legalität entlang strauchelt. Das außergewöhnliche Engagement von Maria geht auch auf ihre Fantasievorstellung einer eigenen Tochter zurück. Maria hatte nach der (ersten) Vergewaltigung abgetrieben, in ihrer abnormen Fantasiewelt hat sie jedoch eine Tochter geboren, die sie heranwachsen sieht. Die Mordopfer sind im Alter ihrer imaginären Tochter...


    "Totenzimmer" ist - vor allem in der zweiten Hälfte - ungemein spannend und bewirkt durch die extremen Charaktere eine große Faszination, andererseits ist das Buch jedoch auch Abscheu erregend, da es neben der in Thrillern schon üblichen Brutalität der Mordmethoden Tabuthemen wie Inzest anschneidet und auch Tierquälerei präsentiert. Diese Themen sind sicher nicht für jeden Krimifan leicht verdaulich.


    Sehr sensible Leser, die ruhigere Krimis bevorzugen, sollten sich gut überlegen, ob sie dieses Buch lesen möchten. Für Liebhaber härterer Thriller kann man eine Leseempfehlung aussprechen, da "Totenzimmer" sowohl sehr spannend als auch mit der ungewöhnlichen Besetzung der Hauptfigur originell ist.
    7 Punkte

  • Inhalt:
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    Die Rechtsmedizinerin Dr. Maria Krause folgt ihrer besten Freundin Nkem nach Odensee und nimmt dort eine Stelle an der Männer dominierenden Medizinfakulät an. Mitten in der Nacht wird sie zu einem Mordfall beordert. Es handelt sich um ein junges Mädchen, das verstümmelt wurde und seltsame rote Punkte aufweist. Maria wird an einen alten Fall erinnert und versucht auf eigene Faust zu recherchieren. Dabei hat Maria selbst mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen.


    Meine Meinung:
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    Ungewöhnlich. Das war mein erster Gedanke zu dem Buch. Maria ist definitiv eine interessante Romanfigur, da sie so fern ab jeglichen Klischees ist. Schlichtweg kann man einfach sagen, dass Maria einen an der Klatsche hat und wenn man glaubt, es kann nicht mehr schlimmer kommen, belehrt sie mich eines Besseren. Maria agiert unerwartet und verkörpert nicht das Bild einer perfekten Singlefrau, viel zu abgedreht sind ihre Vorlieben. Irgendwie hat es mich gefesselt, obwohl ich vehement den Kopf zu mancher Situation geschüttelt habe. Aber das macht irgendwie den Reiz aus, denn man kann Maria einfach nicht richtig einschätzen und sie überrascht ganz einfach. Es ist irgendwie wie mit einem Unfall, man will nicht hinsehen, aber man kann auch nicht wegsehen.


    Für mich ist Maria erfrischend und dabei überhaupt nicht vorhersehbar. Gut fand ich auch, dass der Mörder auch aus der Ich-Perspektive zu Wort gekommen ist und von seinem Leben erzählt hat. Die Texteinschübe in Form einer Tagebucherzählung fand ich gut und lieferten etwas Spannung.


    Ein paar Fragen, die den Fall betrafen, blieben aber leider offen und der Schluss war vielleicht einen Ticken zuviel. Sogar für die abgedrehte Maria. Alles in allem bin ich aber selbst erstaunt, dass ich mich so gut mit Maria amüsiert habe. Ich glaube ganz einfach, weil mich die Autorin so überraschen konnte, dass ich gar keine Zeit zum Nachdenken hatte, ob so jetzt alles überhaupt sein kann.


    Der Stil ist manchmal etwas derber, jedoch fügt sich dies gut in die Geschichte ein. Ich kann mir vorstellen ein weiteres Buch über Dr. Maria Krause zu lesen, da ihre Geschichte sicher noch nicht abgeschlossen ist. Mir hat es bis auf ein paar Mankos aber gut gefallen. Wie gesagt, das Buch ist halt wie ein Unfall!

  • Die Rechtsmedizinerin Maria Krause wird zu einer Leiche gerufen. Das junge Mädchen wurde misshandelt und ermordet, zunächst ein Fall wie jeder andere, doch schnell erkennt Maria, dass dieser Fall für sie unerwartet persönlich ist.


    Als Rechtsmedizinerin hat Maria eigentlich keine Befugnisse zu ermitteln, in diesem Fall tut sie es dennoch und verstrickt sich immer mehr darin.


    Der Täter hat merkwürdige Spuren hinterlassen, Verfärbungen auf der Haut des Opfers, die offenbar Rückstände vom Täter sind. Wie sich herausstellt, wurden sie durch die Einnahme eines Medikamentes verursacht, das gegen Lepra entwickelt wurde. Doch in Dänemark ist das Medikament gar nicht zugelassen und den letzten Leprafall gab es 1911. Trotzdem scheint dies die einzige Spur zu sein, die zum Mörder führt.


    Maria hat so ihre Probleme mit ihrem sozialen Umfeld, außer der aus Nigeria stammenden Nkem, der sie von Kopenhagen nach Odense gefolgt ist, um nicht ihre einzige Freundin zu verlieren, sind ihre näheren Kontakte ausschließlich beruflicher Natur. Beliebt ist sie jedoch nicht.


    Skandinavische Ermittler sind meist vom Leben gezeichnete, oft recht düstere Charaktere, doch bei Maria Krause geht das noch ein ganzes Stück weiter. Ich will nicht zu viel verraten, aber Maria ist ernsthaft psychisch krank. Da die Autorin sie selbst in Ich-Form erzählen lässt, ist es zunächst nicht einfach, sich in Marias Gedankenwelt hineinzuversetzen, bis zum Ende versteht man längst nicht jede ihrer Handlungen und sicher gibt es Leser, die von ihr abgestoßen sind. Ich empfand den Roman aber gerade deswegen als besonders und wenn man sich mit Marias „Eigenheiten“ abgefunden hat, entpuppt sich der Roman als durchaus spannend und interessant – aber sicher nichts für zarte Gemüter.


    Nicht nur Maria darf selbst erzählen, sondern auch der Täter, der Leser darf dessen Tagebuch lesen und dieses ist sicher noch erschreckender als das, was man über Maria erfährt. Es handelt sich hier um einen Psychopath in Reinform, intelligent, überheblich, nach außen aber sympathisch wirkend und beliebt.


    Nkem gefällt mit gut, zupackend, manchmal zwar Grenzen überschreitend (sie verletzt gerne die Privatsphäre Anderer), loyal und verständnisvoll. Ihr gelingt es hin und wieder Maria zu erden.


    Wirklich tiefgehend lernt man die wenigsten der Charaktere kennen. Manche Personen werden mit nur einem Charakterzug charakterisiert, wie die krankhaft eifersüchtige Sekretärin Helle, nehmen aber im Geschehen dennoch wichtige Rollen ein. Im Grunde ist kein Charakter zu viel, fast jeder ist für das Gesamtgeschehen wichtig.


    Der Fall ist schon durch die besondere Spur interessant, der Fokus liegt aber weniger auf den Ermittlungen – schließlich ist es kein Kriminalroman, sondern ein Thriller. Den Fortschritt der polizeilichen Ermittlungen erfährt man immer nur am Rande. Die Erzählung schreitet durch Marias Handeln voran, das sich irgendwann mit dem des Täters kreuzt. Hier könnte man ein paar Zufälle zu viel erkennen, andererseits, das Leben besteht aus Zufällen und aus ihnen entstehen Geschichten. Marias handelt wie bereits erwähnt nicht immer nachvollziehbar, teilweise regelrecht töricht, dies ist aber durch ihre kranke Psyche im Grunde erklärbar. Mich hatte die Geschichte nach einigen Seiten in ihrem Bann und ich war gespannt auf das Ende. Und dieses hatte es noch einmal in sich und ein paar Überraschungen auf Lager.


    Insgesamt ein Thriller, der für einigen Nervenkitzel sorgt, mit einer gewöhnungsbedürftigen Ermittlerin, auf die man sich einlassen muss. Ich vergebe 8 Punkte und eine Leseempfehlung für Thriller-Fans, die auch vor Charakteren, in die man sich schwer hineinversetzen kann, nicht zurückschrecken. Ich werde sicher noch einen weiteren Roman mit Maria Krause lesen, ein weiterer ist bereits auf Deutsch erschienen.