Yu Hua las am 23.Juli 2012 im Literaturhaus zu Kiel
Musikalisch läutete das Gastland China bereits am 7.Juli 2012 das Schleswig-Holstein Musikfestival ein und mit der Lesung von Yu Hua begann nun am 23.Juli 2012 auch der Literatursommer mit dem Schwerpunkt China.
Yu Hua, der zu den wenig bekannten und modernen Schriftstellern außerhalb seines Landes zählt, kam in Begleitung seines Übersetzers Prof. Kautz, um aus seinem jüngsten in deutscher Sprache erschienenen Roman "Brüder" zu lesen.
Nach einigen einleitenden Sätzen durch den Gastgeber Dr. Sandfuchs übernahm Prof. Kautz die Moderation, um Yu Hua vorzustellen. Der etwas über 50 jahre alte Gast erzählte über sein Leben, über den Wandel in China und wie er eine Karriere vom Zahnarzt zum Schriftsteller bewältigte. Im Gespräch der beiden zeigte sich recht schnell, dass es sich um ein
eingespieltes Team handelte, da Yu Hua sich bei der Auswahl der Textstellen gänzlich auf seinen Übersetzer verließ.
Letzterer versprach an diesem warmen Sommertag das zahlreich erschienene Publikum mit humorvollen Passagen für ihr Kommen zu belohnen.
Yu Hua eilte dann mit einem rasanten Tempo durch die Lesetexte, das den Zuhörern der Atem verschlug, während Prof. Kautz weniger ruhelos mit angenehm betonter Stimme die deutschen Texte vortrug, die um ein mehrfaches länger als der Originaltext wirkten. Wie versprochen standen im Mittelpunkt die lebenslustigen Seiten des Romans, in dem es um zwei Brüder geht, die verschiedener nicht sein können. Der eine lebt sein Leben und scheint vom Pech verfolgt zu sein, der andere ist charmant und gewitzt und möchte am chinesischen Aufschwung teilhaben und ist sich für keinen Job zu schade.
Die tragisch bis komischen Lesestellen, die unterschiedlichste Facetten der Kulturrevolution und des bis heute andauernden Wirtschaftsrausches aufzeigten, gaben dem Übersetzer die Möglichkeit, etwas über die Entwicklung Chinas zu erzählen und das Publikum im Anschluss Aspekte aus dem Buch aufgreifen zu lassen, um Yu Hua Fragen zu stellen, die den Gast zu der Feststellung kommen ließen, dass das deutsche Publikum stark von seiner geteilten Vergangenheit geprägt ist und sich immer wieder nach Verboten erkundigt, so u.a. auch warum sein Essayband "China in zehn Wörter", das ab Herbst 2012 erhältlich sein wird, bislang nicht in seinem Heimatland verlegt wurde.
Ein würdiges Abschlusswort bildete die Äußerung einer Zuhörerin, die mit großer Begeisterung anmerkte, wie detailliert die Schilderung der zwei Brüder abgelaufen sei und damit ein überzeugendes Bild vom Leben in China für das deutsche Publikum gegeben hätte.
Im Anschluss an den gut zweistündigen Abend gab es für die Zuhörer die Möglichkeit, ein Buch signieren und im persönlichen Gespräch mit Yu Hua und Prof. Kautz den Abend ausklingen zu lassen.