Klappentext:
Kappadokien um 800. n. Chr.: Über zehntausend Menschen haben sich in der unterirdischen Stadt Korama versteckt. Es sind Christen. Sie haben hier Zuflucht gefunden vor den Arabern, die das Land erobert haben. Arif, der Sohn eines arabischen Hauptmanns, lernt bei einem Streifzug das Christenmädchen Savina kennen und verliebt sich in sie. Unbemerkt folgt er ihr und entdeckt so den geheimen Zugang in das Höhlensystem der Christen. Bald muss er sich entscheiden: Enttäuscht er seinen strengen Vater oder führt er Savina und die Christen in den Tod?
Meine Meinung:
In seinem ersten Jugendroman setzt sich Titus Müller mit einem für Jugendbücher eher ungewöhnlichen Thema, der Verfolgung der Christen durch die Araber im ersten Jahrtausend nach Christus, auseinander und platziert darin eine Romeo- und Julia- Geschichte. Eine Christin und ein Araber verlieben sich ineinander und müssen gegen große Widerstände kämpfen, denn ihre Religionen sind seit langer Zeit verfeindet und bekämpfen sich mit großer Gewalt. Gewalttätig geht es auch bei den Arabern untereinander zu, ihr Alltag ist geprägt von Verleumdungen und sie schrecken auch vor Mord nicht zurück, um sich selbst besser dastehen zu lassen und einen Konkurrenten auszuschalten. Diese Gewalt hat es mir besonders zu Beginn des Buches etwas schwer gemacht, es zu mögen. Stellenweise mochte ich gar nicht weiterlesen weil so grausame Pläne geschmiedet wurden, dass ich gar nicht wissen wollte, wie es weiterging. Natürlich erhöhen die Pläne und Intrigen aber auch die Spannung und damit den Sog, den diese Geschichte ausübt, so dass man letztendlich nicht umhin kann, das Buch doch zu ende zu lesen.
Weniger spannend für mich, die mit Religion wenig am Hut hat, waren die Passagen, in denen es um die Feindschaft zwischen Christentum und Islam oder um die Religionen als solches geht. Manchmal lesen sie sich noch recht interessant und versorgen den Leser mit Informationen, manchmal verleiten sie aber auch dazu, diese Stellen nur zu überfliegen und erst konzentriert weiter zu lesen, wenn die Geschichte weitergeht. Ich sehe ein, dass Religion für „Der Kuss des Feindes“ eine große Rolle spielt, aber mir hätte nichts gefehlt, wenn es an wenigeren Stellen um sie gegangen wäre. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass dieses Buch jemandem, der sich für Religion interessiert, viel Stoff zum nachdenken und diskutieren liefert.
Sehr begeistert haben mich die Figuren, die Titus Müller für seine Geschichte geschaffen hat. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, die Charaktere sind äußerst facettenreich und zeigen sich sowohl von ihrer guten als auch von ihrer schlechten Seite. Niemand ist perfekt, alle haben ihre Fehler, der eine mehr, der andere weniger. Es gibt einige wenige Reizfiguren, die man vom ersten Augenblick an hasst, beim größten Teil der Figuren benötigt man jedoch das ganze Buch, um sich ein Bild von ihnen machen zu können. Besonders Arif kann immer wieder überraschen. Das, was sich zwischen ihm und Savina entwickelt, ist nicht immer ganz nachvollziehbar, verleiht der Geschichte aber einen sehr romantischen Touch und vermittelt das Gefühl, dass alles möglich ist, wenn man nur fest daran glaubt. Überhaupt ist dies der Grundton des ganzen Buches und macht es somit zu einer Hommage an die Freundschaft über alle Widrigkeiten hinaus.
„Der Kuss des Feindes“ konnte mich aufgrund der für meinen Geschmack zu sehr im Vordergrund stehenden Religionen nicht 100%ig überzeugen. Trotzdem halte ich es für ein gutes und durchaus wichtiges Buch, denn die Nachricht, die es vermittelt, sollte sich jeder Mensch zu Herzen nehmen.