'Die Tote von Charlottenburg' -Seiten 159 - 231

  • ich finde gerade alles ( den Fall, die familiäre Konstellation und die politische Situation) sehr spannend...

    Die Hackeschen Höfe: na klar, als Tourist kennt man sie - aber das dort im Scheunenviertel schon 1923 schwere Ausschreitungen gegen jüdische Geschäftsleute stattgefunden haben, war mir vollkommen neu! Überhaupt: dass der "Judenhass" so früh schon begonnen hat... Und ja: die Polizei hat einfach nur zugesehen...

    Ich finde es wunderbar (aber ich wiederhole mich!), wie gut Susañne Goga es schafft, kleinere (politische) Alltagssituatinen (z.B. die Männer mit den Waschkörben voll Geld auf S.137 oder die Eintrittspreise für das Marionettentheater) in die laufende Handlung zu bringen, dadurch gewinnt das Buch für mich viel und geht über einen historischen Krimi hinaus...

    Die Familienkinstellation scheint sich langsam auch zu klären, wird noch Zeit dauern, bis es sich zurechtgeruckelt hat, aber der Anfang ist gemacht... Ilse hat jetzt in mir einen Fan gefunden, ich finde es gut, wie sie an die Sache herangeht. Sie und Clara haben sich ausgesprochen und Leo ist etwas konsternier ("Mir ist nicht nach Reden", S.178)

    Und mit dem Fall geht es auch voran: vermutlich war wohl das Gift in der verschwundenen Sprühflasche, die der Mörder / die Mörderin dann nach Henriettes Tod entsorgt hat. Meine Lieblinsverdächtige ist jetzt ganz aktuell Rosa (Henriettes Schwaster, Adrians Mutter). Könnte es tatsächlich sein, dass Adrian Henriettes Sohn ist und Rosa ahnte, dass Henriette es evtl. öffentlich machen wollte? Aber was für einen Grund sollte sie nach den vielen Jahren gehabt haben? Da bin ich persönlich auch der Meinung, warum jetzt die Wahrheit sagen, das "Arrangement" lief doch viele Jahre problemlos?

  • Die Hackeschen Höfe: na klar, als Tourist kennt man sie - aber das dort im Scheunenviertel schon 1923 schwere Ausschreitungen gegen jüdische Geschäftsleute stattgefunden haben, war mir vollkommen neu! Überhaupt: dass der "Judenhass" so früh schon begonnen hat... Und ja: die Polizei hat einfach nur zugesehen...


    Aber was für einen Grund sollte sie nach den vielen Jahren gehabt haben? Da bin ich persönlich auch der Meinung, warum jetzt die Wahrheit sagen, das "Arrangement" lief doch viele Jahre problemlos?

    Dass es so früh los geht war mir auch nicht mehr präsent. Aber wiki sagt, dass im Parteiprogramm von 1920 schon stand, dass Juden die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden sollte. Und Anhänger hatte es in diesen Zeiten leider schnell gefunden. Man braucht eben einen Sündenbock, wenn es einem schlecht geht.


    Das Motiv scheint mir klar, Henriette wollte sich Adrian offenbaren. So wie viele nach einen Adoption später doch noch ihre Kinder suchen, oder die Kinder die wahren Eltern, so war es Henriette vielleicht wichtig, Adrian die Wahrheit zu sagen.

    Und Adrian ist jetzt wegen Rosas Verhalten doch etwas stutzig geworden. Die Szene, in der er an der Tür horcht, hat mir jetzt nicht so gefallen, es war mir zu offensichtlich, dass die Autorin eine mögliche Umnachtung der Mutter zeigen will und dass sie eventuell nicht mehr schuldfähig ist. Aber es ist auch ein starker Tipp für den Leser, da guck, da stimmt was nicht.

  • Ich bin mir auch sehr sicher, dass Rosa Henriette ermordet hat, allerdings frage ich mich, wie sie an das Wissen bezüglich des Gifts gekommen ist. Da stolpert man dich nicht einfach drüber. Adrian scheint es auch zu ahnen, allerdings scheint er sich das Warum nicht erklären zu können. :gruebel


    Und wie passt der Angriff auf von Stratow zu all dem? Das ist doch sicher kein Fall, der da außen vor ist.

    Mir geht das Hin und Her bei Clara und Leo ziemlich nahe. Wann reden sie denn endlich mal richtig miteinander? Am besten zusammen mit Ilse? Die Kinder tun mir auch leid in der Situation.


    Besonders berührt haben mich die Angriffe auf die Juden. Es ist total schrecklich, dass sie aufgrund ihrer Religion so behandelt werden. Mir war auch nicht bewusst, dass es schon so früh anfing. Ich sehe da immer noch keinen Sinn drin.

  • Und wie passt der Angriff auf von Stratow zu all dem? Das ist doch sicher kein Fall, der da außen vor ist.

    Mir geht das Hin und Her bei Clara und Leo ziemlich nahe. Wann reden sie denn endlich mal richtig miteinander? Am besten zusammen mit Ilse? Die Kinder tun mir auch leid in der Situation.

    Stratow hat wohl Versuche mit Medikamenten? an Schwangeren gemacht. Das wurde in der Befragung in der Klinik ja erwähnt. Ich denke, die beiden Fälle hängen nicht zusammen.


    Ja Leo und seine Frauen. Irgendwie bringt er aber auch nicht die nötige Geduld auf, den beiden mal richtig zuzuhören. Seine Arbeit steht immer im Vordergrund. Ilse macht ja von sich aus den Weg frei für beide aber das weiß er auch nicht zu schätzen. So wird er beide vergraulen, warum sollen immer die Frauen auf Gutwetter machen.

  • Besonders berührt haben mich die Angriffe auf die Juden. Es ist total schrecklich, dass sie aufgrund ihrer Religion so behandelt werden. Mir war auch nicht bewusst, dass es schon so früh anfing. Ich sehe da immer noch keinen Sinn drin.

    In schweren Zeiten mussten die Juden immer schon als Sündenböcke herhalten. Ich finde es auch immer wieder schrecklich darüber zu lesen.

  • Warum sie und nicht wer anders? Den Zusammenhang dazu kenne ich, aber es will nicht in meinen Kopf.

    ich habe mal als Begründung gelesen ( aber so richtig überzeugt hat es mich nicht): "die Juden" (sehr vetallgemeinert) waren meist Händler, Kaufleute und Banker (Geldverleiher)... Da fühlte sich schnell mal einer "über's Ohr gehauen", der hat es dann weitergesagt und der wiederum..., so entstanden Gerüchte....

    Außerdem war es die einzige "fremde" Religion, die sich über die Jahrhunderte gehalten hat... Nach der Reformation sind ja die Katholiken und die Protestanten auch nicht gerade pfleglich miteinander umgegangen...

  • Ich sag ja, den Hintergrund verstehe ich, aber nicht warum so viele auf den Zug aufspringen.

    Es gibt so viele Züge, auf die viele aufspringen. Aber nicht bei jedem kommen so viele Menschen ums Leben. Als die Nachricht über die Vernichtung und Ausbürgerung um die Welt ging, war der Aufschrei groß. Als aber das Angebot kam, die Länder sollten die Juden aufnehmen, wollte sie auch keiner haben. Die Auswanderung wurde ihnen so schwer gemacht, nicht nur, dass sie ihr ganzes Vermögen im Land lassen mussten, auch die Passagen auf den Schiffen waren fast nicht zu bekommen. Wenn es jemand wirklich gewollt hätte, also auch außerhalb Europas, hätten viele gerettet werden können.

  • Die Auswanderung wurde ihnen so schwer gemacht, nicht nur, dass sie ihr ganzes Vermögen im Land lassen mussten, auch die Passagen auf den Schiffen waren fast nicht zu bekommen. Wenn es jemand wirklich gewollt hätte, also auch außerhalb Europas, hätten viele gerettet werden können.

    Juchhu, zumindest unser WLAN funktioniert wieder ( das andere aber noch nicht!), zitieren am Laptop ist ja so komfortabel...

    Ja, ich habe letztens gerade gelesen, dass sogar die USA eine sehr strenge Kontingentierung von jüdischen Einwanderern hatten, sogar jüdische Kinder wurden nicht ins Land gelassen. Von der Schweiz hatte ich es schon gehört, aber die USA waren mir neu... Schon allein das Drama um die "St. Louis", die nach Europa zurückkehren musste...

  • Ok, der Anschlag auf Stratow ist schnell gelöst, ob wirklich kein Medikamententest dahintersteckte? Andererseits scheint es sich unter den Frauen ja herumzusprechen, dass an ihnen getestet wird.


    Ilse hat es nicht leicht, ich bin froh, dass wenigstens Clara sie versteht. Leo scheint es nicht zu gefallen, dass sie beim Bäcker aushilft, oder mag er es nur nicht, dass man es ihm verschwiegen hat? Dann sollte er sich mal fragen, warum ...


    Das Rätsel, wie das Gift verabreicht wurde, ist gelöst. Rosa Lehnhardt benimmt sich immer merkwürdiger, der Verdacht verstärkt sich, dass sie ihre Schwester getötet haben könnte, weil sie Adrian sagen wollte, dass sie seine Mutter ist. Womöglich will sie ihn nicht auch noch verlieren, nachdem sie schon ihren Mann verloren hat. Aber dafür eine Schwester töten?


    Die Ausschreitungen gegen die Juden sind schlimm, und die Schupos schauen nur zu.

  • Ich finde es wunderbar (aber ich wiederhole mich!), wie gut Susañne Goga es schafft, kleinere (politische) Alltagssituatinen (z.B. die Männer mit den Waschkörben voll Geld auf S.137 oder die Eintrittspreise für das Marionettentheater) in die laufende Handlung zu bringen, dadurch gewinnt das Buch für mich viel und geht über einen historischen Krimi hinaus...

    Das gefällt mir auch sehr. Eine große Stärke!


    Die Familienkinstellation scheint sich langsam auch zu klären, wird noch Zeit dauern, bis es sich zurechtgeruckelt hat, aber der Anfang ist gemacht... Ilse hat jetzt in mir einen Fan gefunden, ich finde es gut, wie sie an die Sache herangeht. Sie und Clara haben sich ausgesprochen und Leo ist etwas konsternier ("Mir ist nicht nach Reden", S.178)

    Ich finde es auch klasse, wie die beiden Frauen die Familienangelegenheit in die Hand nehmen. Irgendwie ist Leo doch auch ein Weichei und konfliktscheu. Klar hat er Angst, Clara zu verlieren. Aber er sollte sich auch mal offen zu der gemeinsamen Zukunft bekennen und das Gespräch mit den Frauen suchen. Immer nur wegrennen ist auch keine Lösung.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ja, ich habe letztens gerade gelesen, dass sogar die USA eine sehr strenge Kontingentierung von jüdischen Einwanderern hatten, sogar jüdische Kinder wurden nicht ins Land gelassen. Von der Schweiz hatte ich es schon gehört, aber die USA waren mir neu... Schon allein das Drama um die "St. Louis", die nach Europa zurückkehren musste...

    Die USA, die Schweiz, Großbritannien, auch skandinavische Länder, die meisten Länder haben es den Juden extrem schwierig gemacht einzuwandern.

  • Die Familienkinstellation scheint sich langsam auch zu klären, wird noch Zeit dauern, bis es sich zurechtgeruckelt hat, aber der Anfang ist gemacht... Ilse hat jetzt in mir einen Fan gefunden, ich finde es gut, wie sie an die Sache herangeht. Sie und Clara haben sich ausgesprochen und Leo ist etwas konsternier ("Mir ist nicht nach Reden", S.178)

    Ilse finde ich auch klasse, toll wie sie den ersten Schritt macht, damit Clara und Leo eine Zukunft haben, während Leo noch rum jammert, wie das funktionieren soll.

  • Als ich eben den Beginn der alten Leserunde gelesen habe, stand da, daß die Reihe ursprünglich nur eine Trilogie werden sollte :yikes


    Wie gut, daß das vom Tisch ist.


    Am verdächtigsten ist wirklch dei gute Rosa. Ihr Verhalten mutet schon leicht bedenklich an. Warten wir mal ab, was sie - so sie es war - dazu bewogen haben mag.

    der Satz, den Adrian im Zimmer gehört hat, scheint den Ausschlag zu geben "du bist mein, warst es mimer und wirst es bleiben".

    Da ist unsere Vermutung, daß Adrian wahrscheinlich Henriettes leibliches Kind sehr wahrscheinlich.


    So gern ich ja Leo mag - in machen Dingen könnt ich ihn schütteln.

    Wenn die Frauen ihm seine Probleme erleichtern, soll er nicht den Beleidigten geben, sondern sich freuen, daß sie so patent sind. Etwas denken vorm handeln könnte aber auch nicht schaden :grin

  • So gern ich ja Leo mag - in machen Dingen könnt ich ihn schütteln.

    Wenn die Frauen ihm seine Probleme erleichtern, soll er nicht den Beleidigten geben, sondern sich freuen, daß sie so patent sind. Etwas denken vorm handeln könnte aber auch nicht schaden :grin

    Das ging mir in dem Fall auch so. Und er reagiert ja öfter so. Keine Diskussion, rennt einfach weg. Schluss, aus ,basta.