Kurzbeschreibung
Es war der beste Sommer ihres Lebens, jener Sommer 1881. Ein Sommer der rauschenden Feste, der Freiheit und der ersten Liebe. Doch auf den Sommer folgt der Herbst, und Jeremy, Stephen, Leonard, Simon und Royston ziehen für Queen Victoria und ihr Empire in den Krieg. Für Grace, Ada, Becky und Cecily beginnt eine Zeit des Wartens auf den Bruder, den Freund, den Liebsten. Nicht allen jedoch ist es vergönnt, unversehrt aus diesem Krieg zurückzukehren, in ein Leben, in dem nichts mehr so ist wie zuvor. Und Grace, die sich nicht damit abfinden will, dass Jeremy im Kampf gefallen sein soll, macht sich auf, um ihn jenseits des Nils, in der Wüste des Sudans, zu suchen ...
Über die Autorin
Nicole Vosseler stammt aus Villingen-Schwenningen. Sie studierte Vergleichende Literaturwissenschaft und Psychologie in Tübingen und Konstanz. Sie lebt und arbeitet in Konstanz.
Meine Meinung
Neun Freunde sind es, die diesen Sommer 1881 gemeinsam verbringen, mit dem Wissen, dass sie nach diesem Sommer getrennte Wege in eine ungewisse Zukunft gehen müssen. Neun Freunde, die das Leben feiern, Freundschaften vertiefen und die Liebe finden. Neun Freunde, die glauben, dass nichts und niemand einen Keil zwischen sie treiben kann. Neun Freunde, die in den kommenden Jahren vom Schicksal auf die Probe gestellt werden und an den Prüfungen, die das Leben für sie bereit hält, wachsen müssen um nicht daran zu zerbrechen.
Es ist ungewöhnlich, dass ein Buch so viele Hauptfiguren hat, denn in der Tat liegt der Schwerpunkt in Nicole Vosselers Entwicklungsroman hier nicht auf ein oder zwei Figuren sondern verteilt sich gleichberechtigt auf die Freunde Jeremy, Stephen, Leonard, Simon, Royston sowie Grace, Ada, Becky und Cecily, von denen sich die stille Ada während des Lesens besonders in mein Herz geschlichen hat, Simon mich zum Lachen brachte und Jeremy ins Schwärmen, während mich die temperamentvolle Grace, die ich am Anfang nur schwer einschätzen konnte, ein ums andere Mal positiv überrascht hat. Die Vielzahl der Figuren erfordert zu Beginn die volle Konzentration des Lesers, aber spätestens nach dem ersten Teil, der in England im Sommer 1881 spielt, hat man jeden der so unterschiedlichen Charakter bis ins Detail verinnerlicht.
Wer die Romane von Nicole Vosseler kennt, der weiß, dass ihre Geschichten in einem fundierten historischen Kontext spielen, und so führt der Weg der fünf jungen Männer im zweiten Teil dieses Buches in den Sudan. Zur Unterstützung angefordert, der Belagerung von Karthum während des Mahdi-Auftandes ein Ende zu bereiten, geraten sie in die Schlacht von Abu Klea, die einigen von ihnen zum Verhängnis wird und sie Zeit ihres Lebens nicht mehr loslässt. Die Autorin erspart dem Leser hier nicht die Gräuel dieser Schlacht und ihre Folgen sowohl für die einheimische Bevölkerung als auch für die fünf jungen Männer, die diese traumatischen Erlebnisse nur schwer bis gar nicht ablegen können.
Das Lesen war eine gefühlsmäßige Achterbahnfahrt: Freude, Sehnsucht, Schmerz, Trauer, Wut, Angst. Es ist eines der seltenen Bücher, die mich von der ersten bis zur letzten Seite emotional extrem mitgenommen haben, denn es gab Entwicklungen, mit denen ich nie im Leben gerechnet hätte und so habe ich beim Lesen mehr als einmal Rotz und Wasser geheult.
Von den bisherigen Büchern der Autorin ist es neben "Das Herz der Feuerinsel" das emotional fordernste, aber auch das mit der meisten Hoffnung, denn der Glaube an die Liebe, der Glaube an eine Zukunft, an die Liebe selbst, die allem trotzt, das ist trotz all der erlittenen Qualen der Figuren immer und zu jeder Zeit spürbar. Es ist ein Buch über das Leben und über den Tod, über Wunden, die das Leben schlägt, an denen man aber dennoch nicht zerbricht sondern daran wächst, weil sie aus eigener Kraft heilen oder weil es Menschen gibt, die einem beim Heilen helfen und zur Seite stehen. Über das Vertrauen in sich selbst und in andere Menschen, das sich über alle Zweifel hinweg setzt und über die Stärke, die in jedem von uns schlummert, auch wenn wir manchmal glauben, sie verloren zu haben.
Wenn ich die Augen schließe, bin ich wieder zurück auf Shamley Green, in jenem unbeschwerten Sommer 1881. Ich sehe die Freude gemeinsam feiern und lachen, fühle die starke Gemeinschaft und in meinen Ohren erklingt leise ein Lied, das eigentlich nicht in dieses Jahrhundert gehört, dessen Text es aber so wunderbar auf den Punkt bringt:
Trust I seek and I find in you
Every day for us something new
Open mind for a different view
and nothing else matters
- Metallica
lautet die Essenz dieses wunderbaren Buches und der Geschichte unserer neun Freunde. Besser könnte ich es in eigenen Worten nicht ausdrücken.