Danke, streifi, das hätte ich bestimmt übersehen.
Die Tote von Charlottenburg - Susanne Goga
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Die Tote von Charlottenburg - Susanne Goga
Mein Eindruck:
Obwohl ich den Roman schon lange zu Ende lesen wollte, dauerte es jetzt doch eine Weile bis ich ihn nach langer ungeplanter Unterbrechungszeit endlich beendet habe. Dabei hat mich der dritte Teil der Leo Wechsler-Reihe jetzt doch mindestens genauso überzeugt wie Leo Berlin und Tod in Blau.Man erfährt, wie es mit Leo und Clara weitergeht und wie eine mögliche Heirat doch von einigen Bedenken in Frage gestellt wird. Da ist zum Beispiel Ilse, Leos Schwester, die sich seit dem Tod von Leos Frau um die Kinder kümmerte und Leo den Haushalt führt. Wird Clara ihren Platz einnehmen und sie verdrängen? Dabei hat Clara selbst noch Angst, ihre Unabhängigkeit aufzugeben.
Es gibt auch einen interessanten Kriminalfall, dem ein Geheimnis zu Grunde liegt. Das ist nicht nur routiniert sondern auch gekonnt gemacht.
Die Schilderungen Berlins 1923 mit den Menschen und Orten ergeben ein wirklich stimmiges und realistisches Zeitportrait, das vor allen auch glaubwürdig ist.
Auch die negativen Aspekte werden keineswegs ausgespart, zum Beispiel Armut oder Gewalt gegen Juden.Susanne Goga verleiht ihren Figuren außerdem wirklich Persönlichkeit. Ich habe daher den Eindruck mit Leo, Clara und Ilse fast reale Menschen und nicht nur Romanfiguren vor mir zu haben. Menschen die mich als Leser interessieren.
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Rechtzeitig vor Beginn der Leserunde zu Band 4 habe ich diesen Teil noch lesen können :-].
Bei Büchern, auch Krimis, die in dieser Zeit zwischen den beiden Weltkriegen spielen greife ich gar nicht so gern zu. Gerade weil ich weiß, was folgen wird, bedrückt mich diese zunehmende Radikalisierung und Judenfeindlichkeit immer sehr. Trotz alldem ist es eine äußerst spannende Zeit und ich bin froh, das Buch gelesen zu haben.
Fast noch mehr als der eigentliche Fall, hat mich hier beeindruckt, wie authentisch und subtil Susanne Goga die auf so vielen Ebenen bedrückende Atmosphäre eingefangen hat, den Antisemitismus, das Elend und die Armut der Menschen, auch bedingt durch die galoppierende Inflation. Nicht zu vergessen, die langsam in Schwung kommende Emanzipation der Frauen und der Kampf um Paragraf 218.
Einige real existierende Personen machen den zeitgeschichtlichen Hintergrund noch greifbarer und glaubwürdiger.
Was den Krimiteil angeht, hat sich für mich relativ früh abgezeichnet, wohin die Reise gehen wird, gleiches gilt für Adrians Beziehung zu seiner Tante. Aber mir gefällt es auch mal, zu verfolgen wie Puzzleteil für Puzzleteil logisch und sinnvoll zu dem erwarteten Bild zusammengesetzt wird.
Ein vielschichter und überzeugender Krimi!
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Auch "Leo 3" hat mich wie seine beiden Vorgänger vollends überzeugt.
Es gibt auch eigentlich kaum etwas, das ich noch anfügen könnte. Zu bemängeln habe ich rein gar nichts. Wohin die Auflösung des Krimis wohl führt, war mir recht schnell klar, mir gefiel wieder das Setting des Romans am besten. Die einzelnen Charaktere und was sie zum Handeln treibt, das Stadtbild Berlins in den 20er Jahren, die Inflation, die Stimmung, ...
Kleine persönliche Anekdote: Ich habe einen Freund, der in Berlin lebt. Dieser wurde im Frühjahr als Sachverständiger zum buddhistischen Haus in Frohnau gerufen, weil es dort einen Erdrutsch gegeben hat und festzustellen war, wer die Kosten der Erdentsorgung zu übernehmen hat. Wir haben sehr lange darüber diskutiert und ich war sehr fasziniert davon, dass es in Deutschland nur in Berlin und auf Sylt so eine buddhistische Anlage gibt. Nun lese ich dieses Buch und lande direkt vor dem buddhistischen Haus. Ich habe dem Freund davon berichtet und er fragt mich etwas beleidigt: "Meinst du, ich erzähl' dir Quatsch?!" - Nein, natürlich nicht, aber diesen Zufall fand ich toll.
Ich vergebe für "Die Tote von Charlottenburg" 10 von 10 Punkten.
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Adrian Lehnhardt vermutet, dass seine Tante Henriette Strauss nicht eines natürlichen Todes gestorben ist, auch der Hausarzt unterstützt diese Meinung. Doch die tatsächliche Todesursache gibt Rätsel auf. Auch die Motivation bleibt zunächst unklar: Hat ihr Tod mit ihrem Beruf als Ärztin zu tun? Oder liegt die Ursache eher im privaten Umfeld?
Der dritte Band der Reihe führt mitten in das inflationsgebeutelte Deutschland des Jahres 1923, wie auch schon in den Vorgängerbänden ist der historische Hintergrund gut mit der erzählten Geschichte verwoben, vor allem die Lebensverhältnisse des „kleinen Mannes“ werden thematisiert. Durch den neuen Kriminalassistenten in Leo Wechslers Team, Jakob Sonnenschein, wird darüberhinaus auch der immer deutlicher werdende Antisemitismus eingeführt, das Progrom im Scheunenviertel ist einer der Auswüchse, der im Roman Niederschlag findet.
Neben dem Kriminalfall nimmt die Autorin uns wieder mit in Leos Privatleben, seine Schwester Ilse musste im letzten Band einen heftigen Rückschlag erleben, und auch Leos Beziehung zu Clara Bleibtreu bleibt nicht ohne Probleme. Ich mag es sehr, wenn ich Ermittler auch privat gut kennenlernen kann. Auch den oben bereits erwähnte Jakob Sonnenschein (dessen Name mir bei jedem Lesen einen sonnigen Tag vor Augen führte …) erlebt man in seinem privaten Umfeld. Gut gefällt mir auch die Einbeziehung historischer Personen, über die man im Anhang ein bisschen mehr erfährt. Dort gibt es auch ein Literaturverzeichnis für weitergehende Lektüre.
Der Kriminalfall ist interessant, auch, weil die Methode sehr ausgefallen ist. Bezüglich der Motivation kann man als Leser:in recht früh eine Ahnung aufbauen, ob diese allerdings auch zur Lösung führt, verrate ich natürlich nicht. Die Lösung ist auf jeden Fall nachvollziehbar. Lesen lässt sich der Roman wieder sehr gut, und das Kopfkino bekommt viel zu tun. Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Band und ein Wiedersehen mit den Charakteren.
Die Reihe um Leo Wechsler ist inzwischen eine Lieblingsreihe für mich. Ich finde es sehr gelungen, wie die Autorin Kriminalfall, Persönliches und historischen Hintergrund verknüpft, freue mich auf die weiteren Romane und vergebe gerne volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für die Reihe.