Für Isabel war es Liebe/Mirjam Pressler

  • Welche Farbe hat der Tod?


    Eine ähnliche, wie die der Liebe? Oder kann beides nicht zusammenhängen? Für Isabel, die sich an ihre Jugend erinnert, gehen Liebe und Tod Hand in Hand. Inzwischen sind fünf Jahre vergangen, und heute fährt sie das erste Mal seit langer Zeit nach Hause. Gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin Conny besucht sie ihre Familie zum Geburtstag der Mutter. Es wird eine Probe, die über Vieles entscheiden soll. Kann Isabel inzwischen mit der lebensgefährlichen Krankheit ihrer Mutter umgehen, die gleichzeitig mit ihrem Geburtstag auch ihren Triumph über den Tod feiert? Und akzeptieren die Eltern Isabels lesbische Beziehung?
    Auf der langen Fahrt von Hamburg nach München erzählt die junge Frau, was ihr das Schicksal mit 17 bereit hielt. Ihre Mutter erkrankte an Krebs, und im gleichen Sommer fand Isabel ihre große Liebe. Sie fühlte sich hin und her gerissen zwischen Trauer, Mitleid, Verzweiflung und ihrer Jugend, der Liebe und all den anderen bunten, neuen Gefühlen. Die Familie, deren Mitglieder sich alle auf ihre jeweilige Art veränderten, zog an ihr mit der Leine des Verantwortungsgefühls gegenüber ihrer Mutter. Außerdem entdeckte sie ihre Leidenschaft für die Kunst, was vor allem Aktbilder von Modigliani betraf. Sie begann zu zeichnen, ihre Welt durch optische Reize wahrzunehmen, und in Kontrasten und Grundierungen zu denken. Alles besteht plötzlich aus unendlich vielen Farbnuancen, die sich ständig mischen, verlaufen und verschwimmen, sich neu zusammensetzen und ineinander übergehen – genauso bunt, wie Isabels Gefühlswelt.
    Alles verwischt, Dunkel und Hell, Liebe und Tod.


    Mirjam Pressler „Für Isabel war es Liebe“

  • Unter "Klassiker" hätte ich dieses Buch nie gesucht...


    Habe gerade gesehen, dass es von diesem wunderschönen Jugendbuch inzwischen eine Taschenbuchausgabe gibt, und das nehme ich doch gerne zum Anlass, hier mal meine Meinung zum Buch zu schreiben ;-)


    "Für Isabel war es Liebe" habe ich sehr gerne gelesen, weil es nicht "nur" eine Coming-Out Geschichte ist, sondern insgesamt das Thema Erwachsen werden behandelt.
    Ich fand Isabels Situation, auf der einen Seite die Krebs-Erkrankung ihrer Mutter und die damit verbundenen Ängste, der vorsichtige bis unsichere Umgang der einzelnen Familienmitglieder auf der einen, und die überschäumende erste Liebe auf der anderen Seite, sehr sensibel und glaubwürdig geschildert.
    Lesenswert!

  • Zitat

    Original von kahlan
    Unter "Klassiker" hätte ich dieses Buch nie gesucht...


    Ich auch nicht. Der Titel ist zwar ziemlich bekannt, aber "Klassiker" ist doch (noch?) etwas zu hoch gegriffen.


    Aber zu den "Jugendbüchern" gehört es meiner Meinung nach auch nicht (nur). Amazon führt es unter Belletristik, und da würde ich es auch sehen.


    Aber egal wo es steht, ich bin ganz begeistert von diesem Buch, und damit Mirjam Pressler hat es damit (nach "Malka Mai") endgültig auf die Liste meiner LieblingsautorInnen geschafft.


    Ich habe lange gezögert, das Buch aus dem SUB zu nehmen, denn immer wenn ich reinschaute, schreckten mich die langen Absätze ab, die so schwer zu lesen schienen. Dialoge fand ich nicht viele, dafür viel Innenbeschau der Ich-Erzählerin, und ich fürchtete, dass mich das nicht fesseln könnte.


    Irrtum. Die Autorin gibt das wieder, was der Ich-Erzählerin gerade in den Sinn kommt, aber auf eine so zwingende Art und Weise und in einer so glaubwürdigen, echten Sprache, dass ich problemlos folgen konnte und mit den beiden Frauen da im Auto saß und Isabels Erzählung miterlebte.


    Es ist lobenswerterweise ein modernes Lesbenbuch, und damit meine ich: Die Hauptfigur ist lesbisch, und es geht auch um ihr Coming-out, sodass Junglesben mal wieder ein Buch haben, zu dem sie sich selbst leichter in Beziehung setzen können als zu Hetero-Romanzen. Aber das ist nicht das einzige, zentrale Thema des Buchs. Das Schreckliche, was Isabel widerfährt, und das, woran sie wachsen soll, ist nicht (wie in den "alten" Lesbenbüchern) in erster Linie die Tatsache, dass sie sich unglücklich in eine Frau verliebt, sondern die Krebserkrankung ihrer Mutter. Diese Kombination hat zur Folge, dass es nicht in erster Linie ein Buch für lesbische Frauen ist. Der Coming-out-Aspekt ist für andere LeserInnen vielleicht mal ganz lehrreich/interessant (so wie für lesbische Frauen die Hetero-Romanzen ;-) ). Und die Ambivalenz der Ich-Erzählerin gegenüber ihrer kranken Mutter wird sehr ehrlich geschildert. Gefühle so auszudrücken, das muss man sich erst mal trauen. Die Autorin setzt ihre Erzählebenen dabei so geschickt ein, dass Isabel genau das Tempo findet, das sie braucht, um ihre Erfahrungen aufzuarbeiten und für sich zu ver-arbeiten, während sie ihrer Liebsten auf der langen Autofahrt davon erzählt.


    Wirklich zu empfehlen!

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Mit ihrer Lebensgefährtin Conny fährt Isabel im Auto von Hamburg nach München, gilt es doch dort den Geburtstag ihrer Mutter zu feiern. Vor fünf Jahren erkrankte ihre Mutter schwer an Krebs und die Geburtstagfeier ist daher wohl auch mehr als eine Feier für fünf geschenkte Jahre gedacht.
    Auf der Fahrt erzählt Isabel von ihrer ersten großen Liebe. Im Alter von 17 Jahren lernt sie in ihrem Leistungskurs Aktzeichnen in der Schule Daniela kennen. Isabel begibt sich in die Abhängigkeit dieses selbstbewussten und gut aussehenden Mädchens, sie ordnet sich völlig unter und wird dann irgendwann kalt lächelnd fallengelassen, weil sich Daniela wieder ihrer weitaus älteren Ex-Freundin Bea zuwendet.
    Conny, die fünf Jahre älter als Isabel ist und als Ärztin arbeitet, weiß, dass sie in Daniela nach wie vor eine Konkurrentin hat, keine Konkurrentin im realen Leben, sondern eine Konkurrentin in Isabels Gefühlswelt.
    Mirjam Pressler hat ein sehr behutsames Buch geschrieben, dass aber trotz aller Behutsamkeit durchaus auch Stellung bezieht. Hervorzuheben ist, dass die Autorin Isabel erzählen lässt, dass sich ihre „Regie“ nie aufdringlich in den Vordergrund spielt. Es geht auch nicht in erster Linie um die Problematik gleichgeschlechtlicher Beziehungen, dieses ist eigentlich nur im Hintergrund von Bedeutung, es geht um das Erleben der ersten Liebe, es geht um die Krebserkrankung der Mutter, es geht um das Umgehen mit dieser Krankheit in Isabels Familie. Da ist der sprachlose Vater der so gut wie keine Stütze für die Familie ist, dabei aber seine Frau mit seiner Fürsorge fast erschlägt.
    Der Geburtstag der Mutter soll aber auch dafür genutzt werden, dass Isabel ihre Lebensgefährtin der Familie vorstellt, eine Familie, die wohl die Lebenseinstellung Isabels mehr oder weniger toleriert.
    Kein Buch, das zu den Sternstunden der Weltliteratur zählt, aber ein Buch, das sich durchaus an der Realität orientiert und wirklich lesenswert ist. Und eines ist dieses Buch ganz sicher nicht, es ist kein „Frauenbuch“. Es ist ein Buch, in welchem eine Geschichte erzählt wird, wie sie sich jeden Tag überall ereignen kann, es ist ein Buch für jedermann.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

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