Gebundene Ausgabe: 263 Seiten, geb. mit Schutzumschlag
Verlag: Matthes & Seitz Berlin; Auflage: 1., Aufl. (19. April 2012)
ISBN-13: 978-3882217018
Originaltitel: "Les Drames de la mer" veröffentlicht 1852
Preis: 19,90 € / 38,90 CH
Autor
Alexandre Dumas der Ältere (1802-1870) wächst als Sohn eines napoleonischen Generals in der nordfranzösischen Provinz auf. Früh verwaist und arm, doch von seinen Talenten überzeugt, begibt er sich als Neunzehnjähriger nach Paris, wo er zum Theater will. Die Theaterstücke, die er zunächst schreibt, sind heute vergessen. Doch zwanzig Jahre später, 1844, ist er mit "Der Grafen von Monte Christo" der König des literarischen Feuilletons. Denn Dumas hatte den Nerv des Leserpublikums getroffen. Er bot eine intrigenreiche Handlung, Spannung, Illustion auf einem geschichtlichen Hintergrund, den man in groben Zügen kannte. Er bot historische Wahrheit, phantasievoll aufgefüllt mit Dichtung, und mischte ihr jenen feinen Schuß Ironie bei, der seine Romane bis heute so lesenswert macht.
Kurzbeschreibung
Alexandre Dumas, der Autor von weltbekannten Abenteuerklassikern wie ›Die drei Musketiere‹ und ›Der Graf von Monte Christo‹, hat auch vier Geschichten von historischen Schiffskatastrophen hinterlassen, in denen er sich ganz auf der Höhe seiner Erzählkunst zeigt. 1852 als Zeitungsfeuilletons veröffentlicht, wurden sie 2006 wiederentdeckt und nun erstmals ins Deutsche übersetzt. Dumas erzählt mitreißend vom Kampf gegen die Naturgewalt des Wassers. Vom Durst, Erschöpfung, Tapferkeit, Aufrichtigkeit, Mut, Durchhaltekraft: Der Mensch in seiner elementaren Nacktheit im Kampf um das Überleben steht im Zentrum dieser eindrucksvollen Schilderungen. Sie vermitteln pure Lesefreude, immer findet sich ein Held, mit dem man mitfiebern, immer auch Schurken, gegen die man sich verbünden kann.
Meine Meinung
Das zutiefst verklärte und in weiten Teilen der Literatur auch romantisierte Sujet der Seefahrer eignet sich perfekt für ergreifende Geschichten mit grossen Spannungsbögen. Matrosen die von vergangen Taten in exotischen Ländern und dort erlebten Abenteuern berichten. Nicht selten schmücken sie ihre packende Erzählungen mit fein gesponnenem "Seemannsgarn" aus. Der Mensch als Individuum und als Mitglied einer willkürlich zusammengestellten Gruppe wird auf dem beengten Raum eines Schiffes in den unkontrollierbaren, ja manchmal entfesselten Naturgewalten von Meer und Sturm auf die Probe gestellt. Bei einer Havarie treten plötzlich ganz eigene Regeln auf und das Verhalten jedes einzelnen wird unberechenbar. Überlebensinstinkte gegen die allgemein gültigen Regeln der Seefahrt und der strikten Hierarchie auf dem Schiff. Wie das seiner Gefährten hängt das Leben eines jeden Seemanns an einem seidenen Faden und das tödliche Schauspiel der Schiffbrüche übt, so ungeheuerlich es auch klingen mag, seine eigene Faszination auf den Leser aus.
In vier in sich abgeschlossen Erzählungen schildert Alexandre Dumas von solchen Schiffsunglücken und den menschlichen Dramen die sich mit ihnen abspielen. Die Geschichten sind nicht frei erfunden sondern Dumas greift auf Aufzeichnungen von Logbüchern und Überlieferungen von Überlebenden zurück. Er schreibt sie in seiner bekannten und gewandten Prosa und beweist ein untrügliches Gespür für dramatische Inszenierungen. Sein Behelf auf die authentischen Katastrophenberichte sind für die erzählerische Dramaturgie zweifelsohne ein Gewinn und das formale Gerüst der Geschichten bringt den spektakulären Inhalt nachdrücklich zur Geltung.
Die Kapitel stellen jeweils einen Kapitän oder das Schiff als solches ins Zentrum und diese sind zugleich auch namensgebend. Nicht immer sind die Ursachen der Havarien so wie man es erwarten würde. Als wären die Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft nicht genug der Gefahr wird auch der Faktor Mensch zu einer tückischen Bedrohung. Gestorben wird in diesen Geschichten viel und auf ganz unterschiedliche Art und selbst das sehnlichst herbeigesehnte und vermeintlich rettende Land birgt viele Gefahren.
Die Lehre dieses Buches besteht nicht in dem, was man in ihm in Geografie, an Berichten unbekannten Ländern, an Einzelheiten der Sitten dazulernen wird. Nein, es geht um die grosse Wahrheit, die jeweils einer grosse Gefahr entspringt. Nämlich darum, dass sich in der äussersten Stunde jener Gefahr der menschliche Geist auf Gott ausrichtet, so wie die Magnetnadel, die das nicht mehr existierende Schiff einst führte, auf den Pol ausrichtet. Die Seeleute glaubten an Gott und wenn die körperliche Erschöpfung an seinem letzten Punkt angelangt ist wurde das Leben freimütig in Gottes Hand übergeben. Nicht der Kampf führt zum Überleben sondern Unterwerfung.
Trotz düsterem Inhalt passt dieses Buch wunderbar in die beginnende Sommerurlaubszeit. Die vier Geschichten sind deutlich einfacher zu lesen als erwartet und stellen keine allzu grossen Anforderungen an den Leser und es ist gleichzeitig eine Möglichkeit sich mit einem Autor vertraut zu machen der wahre Klassiker der Literatur geschrieben hat. Die vierte Geschichte fand ich nicht so überzeugend und ich erlaube mir deshalb zwei Punkte in der Wertung abzuziehen und vergebe gern acht Eulenpunkte für ein sehr schön gestaltetes Buch!