"Kingdom of Strangers" - Zoë Ferraris

  • Das Buch ist der dritte Band in der im heutigen Saudi-Arabien spielenden Krimiserie.


    1. "Die letzte Sure" ("Night of the Mi'raj"/"Finding Nouf" je nach Ausgabe)
    2. "Totenverse" ("City of Veils").
    3. "Kingdom of Strangers" (Es gibt noch keine deutschsprachige Ausgabe und ich habe auch noch keine Ankündigung gefunden)


    Man kann das Buch unabhängig von den ersten beiden Büchern lesen, da die Handlung in sich abgeschlossen ist. Allerdings kkennt man dann nicht die Vorgeschichte der wiederkehrenden Figuren. Hauptfigur ist diesmal Inspektor Ibrahim Al-Brehm der Mordkommision von Jeddah (Dschidda). Der strengläubige und konservative Wüstenführer Nayir und der eher liberale Inspektor Osama aus der Vorgängerbänden spielen diesmal eher eine Nebenrolle. Eine größere Rolle hat aber auch Katya, die forensische Pathologin. Die Rolle der Figur, die einen westlichen Blick auf die Gesellschaft wirft, übernimmt diesmal eine amerikansiche Expertin für Serienkiller.


    Das Buch beginnt damit, dass in einer Sanddüne neunzehn Frauenleichen entdeckt werden, deren Tod bis zu zehn Jahre zurück liegt. Alle Frauen waren asiatische Einwanderinnen, die als Hausmädchen in saudi-arabischen Haushalten gearbeitet haben und daher von niemandem vermisst wurden. Da die Zahl 19 eine besondere Bedeutung im Islam hat, wird schnell ein religiöser Zusammenhang vermutet. An einen einheimischen Serienkiller mag jedoch kaum denken, denn solche Verbrechen gibt es in Saudi-Arabien (vermeintlich) nicht. Inspektor Ibrahim wird mit dem Fall betraut. Er lebt seit Jahrzehnten in einer unglücklichen arrangierten Ehe. Seit einem Jahr hat er eine Affaire mit einer philippinischen Einwanderin, die zu Beginn des Buches spurlos verschwindet. Da beide, sollte die Affaire bekannt werden, des Ehebruchs angeklagt würden, was die Todesstrafe zur Folge haben könnte, macht er sich eigenmächtig auf die Suche nach seiner Geliebten. Die Spur führt in in ein nur Frauen zugängliches Einkaufzentrum. Daher bittet Ibrahim Katya um Unterstützung, die als forensische Pathologin im Labor arbeitet, da dieses der einzige Bereich ist, in dem Frauen bei der Polizei arbeiten können. Insgeheim träumt sie jedoch davon, auf die Polizeiakademie zu gehen und als Ermitttlerin arbeiten zu können. Katya nutzt wie auch in den vorherigen Bänden sämtliche Schlupflöcher, die sie finden kann, stößt aber immer wieder auf nahezu undurchdringliche Mauern der theokratischen Gesellschaft. Auch einige traditionsbewusste und teilweise auch recht verbohrte und verklemmte Kollegen legen ihr Steine in den Weg, wo es nur geht.


    Ich lese die Bücher von Zoë Ferraris eigentlich weniger wegen der Kriminalfälle, die auf ihre Weise aber auch lesenswert sind, da sie mal etwas anderes sind. Mich interessiert aber vielmehr an den Büchern, dass sie sehr gut den Zwiespalt aufzeigen, in dem sich insbesondere Frauen aber auch Männer in einer Gesellschaft befinden, in der strikte Geschlechtertrennung propagiert wird . Die Autorin thematisiert immer wieder die Scheinheiligkeit und Doppelmoral der strengen Gechlechtertrennung und insbesondere auch, wie durch die rigiden Regeln eigentlich eher sogar noch eine sexualisierte Atmosphäre entsteht. Auch werden immer wieder die inneren Konflikte der Menschen dargestellt, die zwischen Tradition und Moderne stehen. Sei es nun die Zerrissenheit eher strenggläubige Figuren, die Schwierigkeiten haben, Träume, Wünsche und auch neugewonnene Einsichten mit ihren konservativen Einstellungen in Einklang zu bringen, oder die Probleme liberalerer Figuren, die überall an die Grenzen der fundamentalistischen Gesellschaft stoßen. Ein besonderes Thema in diesem Roman ist zudem die Situation der Immigrantinnen aus ärmeren asiatischen Ländern, die häufig misshandelt, sexuell missbraucht und wie Sklaven behandelt werden.


    Gut gefällt mir, dass die Autorin zwar durchaus Gesellschaftskritik übt, aber nie auf die sensationsheischende Art der üblichen Betroffenheitsliteratur, sondern dabei immer einen warmherzigen Blick auf die Menschen behält.


    Zoë Ferraris selbst war mit einem saudi-palästinensischen Mann verheiratet und nach dem ersten Golfkrieg für 9 Monate in einer strenggläubigen Gemeinde in Jeddah gelebt. Nach ihrer Scheidung zog sie zurück in die USA, hat jedoch auch danach das Land mit ihrer heute erwachsenen Tochter weiterhin besucht. Für "Die letzte Sure" wurde sie mit dem Mystery Fiction Award der Santa Barbara Writer's Conference ausgezeichnet. Zoe Ferraris hat einen MFA der Columbia Universität in New York.
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  • Zitat

    Original von Delphin


    Ich lese die Bücher von Zoë Ferraris eigentlich weniger wegen der Kriminalfälle, die auf ihre Weise aber auch lesenswert sind, da sie mal etwas anderes sind. Mich interessiert aber vielmehr an den Büchern, dass sie sehr gut den Zwiespalt aufzeigen, in dem sich insbesondere Frauen aber auch Männer in einer Gesellschaft befinden, in der strikte Geschlechtertrennung propagiert wird, . Die Autorin thematisiert immer wieder die Scheinheiligkeit und Doppelmoral der strengen Gechlechtertrennung und insbesondere auch, wie durch die rigiden Regeln eigentlich eher sogar noch eine sexualisierte Atmosphäre entsteht. Auch werden immer wieder die inneren Konflikte der Menschen dargestellt, die zwischen Tradition und Moderne stehen. Seien es nun die Zerrissenheit eher strenggläubige Figuren, die Schwierigkeiten haben, Träume, Wünsche und auch neugewonnene Einsichten mit ihren konservativen Einstellungen in Einklang zu bringen, oder die Probleme liberalerer Figuren, die überall an die Grenzen der fundamentalistischen Gesellschaft stoßen. Ein besonderes Thema in diesem Roman ist zudem die Situation der Immigrantinnen aus ärmeren asiatischen Ländern, die häufig misshandelt, sexuell missbraucht und wie Sklaven behandelt werden.


    Geht mir genauso, ich finde die Kriminalfälle zwar spannend, aber sie sind irgendwie Nebensache.


    Man, ich überlege jetzt wirklich das Buch in englisch zu kaufen, aber mein vater liest die Bücher halt auch gerne und braucht es auf deutsch. Aber wenn es noch keine Ankündigung gibt, wer weiß wie lange das noch dauert und doppelt möchte ich das ja auch nicht haben. Naja, ist erstmal auf der WL und ich denke drüber nach, was ich am besten mache. Habne muss ich es auf jeden Fall.


    Danke für die Rezi

  • Ja, ich habe diesmal Glück gehabt. :-] Die letzten Male habe ich sehnsüchtig auf die englischsprachige Ausgabe gewartet und mich geärgert, dass alle, die die deutsche Übersetung lesen, es schon lange vor mir lesen. Weiss der Geier, warum die Übersetzung damals vor dem Original rauskam.

  • Zitat

    Original von Pelican
    Hm. Den ersten Band gibt es leider auch auf englisch noch nicht als Kindle- Version. Die deutsche Versionen sind aus dem Pendo-Verlag, den ich ja sehr gene mag.


    Das zweite Buch habe ich schon lange auf der Kindle-Wunschliste und warte auch noch auf die Kindle-Veröffentlichung des ersten Bandes ... leider ja immer noch nicht erhältlich. :-(


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  • Zitat

    Original von Delphin
    Platzhalter, falls die deutsche Übersetzung irgendwann erscheint.
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    Dazu eine gute Neuigkeit! Ich habe mit großem Vergnügen Band 1 und 2 gelesen und war schon aus Verzweiflung fast bereit, mir den dritten auf englisch anzutun. Vorher habe ich aber beim Pendo-Verlag nachgefragt, ob nicht doch eine deutsche Übersetzung herauskommt und siehe da:


    Ich kann Ihnen in Bezug auf den dritten Band von Zoë Ferraris etwas erfreuliches mitteilen: Er wird im April 2014 bei Pendo erscheinen und den Titel „Wüstenblut“ tragen!


    :freude :freude :freude

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Lese-rina, Du bist ein Schatz. Und der Pendo-Verlag steigt in meinem Ansehen wieder, weil er endlich den dritten Teil übersetzt. Freue mich total drauf. :-]

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Da ich es nicht mehr abwarten konnte, habe ich mit meinen Prinzipien gebrochen und es auf englisch gelesen. Hatte das Buch mit im Urlaub und das war auch gut so, denn so konnte ich es ungestört lesen.


    Wie schon erwähnt lese ich die Bücher weniger wegen der Mordfälle, sondern weil mich einfach das Leben in Saudi-Arabien fasziniert und interessiert. Und auch dieses Mal bekommt der Leser wieder einen Einblick in eine Welt voller Wiedersprüche.


    Im Grunde gibt es zwei Handlungen, zum einen verschwindet die Geliebte von Ibrahim und Katya versucht inoffiziell die Frau zu finden und zum anderen wird in der Wüste ein Massengrab gefunden und Jeddah muss sich nun mit einem Serienkiller abgeben und ihm das Handwerk legen. Katya, die gerne zum Ermittlerteam gehören würde, ist auch hier aktiv und findet die entscheidenden Hinweise.


    Interessanterweise beschäftigen sich beide Fälle mit ausländischen, meist philippinischen Hausmädchen, die in ihrer Heimat mit Versprechen auf gute Arbeit und Geld angeworben werden und dann missbraucht werden. Der Titel ist also mehr wie passend.


    Interessant fand ich die Einblicke in die Arbeit der Ermittler, die sich damit rühmen eine geringe Verbrecherquote zu haben, aber gleichzeitig nur oberflächlich arbeiten und die Fälle schnell als gelöst zu den Akten packen. Auch die Doppelmoral ist erneut Thema, darf man zwar zwei oder mehr Ehefrauen haben, aber keine Geliebte, die dazu noch verheiratet ist. Auf der anderen Seite aber ist es fast schon legitim sich an Hausmädchen zu vergreifen.


    Generell stelle ich mir das Leben der Frauen schon kompliziert vor, dürfen sie doch nicht alleine auf die Straße oder ins Taxi, weil sie fremden Männern begegnen könnten. Es gibt extra Shopping Malls nur für Frauen, getrennte Eingänge und Brautmodengeschäfte, wo der Schaufenster abgehangen wird, damit kein Mann hineinschauen kann. Auf der anderen Seite aber, gibt es Männer die Nacktbilder von sich an Frauen schicken, sich unter dem Tschador verstecken und so in die für Frauen vorbehaltenen Orte gelangen und Frauen die sich doch recht frei bewegen. Auch der Seitenblick auf Homosexualität, in dem Fall ein lesbisches Paar, fand ich interessant.



    Wie immer hatte ich den Wunsch mir das mal vor Ort anzuschauen. Von mi bekommt das Buch volle Punktzahl.


    Ach ja, ich freue mich auch schon auf das nächste Buch. Da Katya am Ende Nayir heiratet, bin ich gespannt, wie sich das auf ihre Arbeit auswirken wird.