Hier kann zu den Kapiteln I - IV geschrieben werden.
'Alias Grace' - Kapitel I - IV
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Die Strafen im Gefängnis sind schockierend. Es ist zwar verständlich, dass man strenge Disziplin braucht, doch Auspeitschen für ein bisschen Schwatzen ist reichlich übertrieben und ist mehr Folter als Bestrafung. Die Frauen tun mir Leid.
Im ersten Abschnit bin ich noch nicht sehr weit gekommen, ehrlich gesagt finde ich es etwas zäh. Ich komme einfach nicht weiter.
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20 Seiten fehlen mir noch bis zum Ende des Abschnitts. Mir gefällt der Anfang dieses Buches sehr gut (ich lese die englische Ausgabe), habe aber vom ersten Mal lesen (vor 12 Jahren) alles wieder vergessen, sodaß das Buch wieder sehr spannend ist.
Die Strafen in den Anstalten sind schon sehr heftig - aber die Wissenschaft war zu dem Zeitpunkt, in dem das Buch spielt, ja noch sehr zurück. Warum ist Grace verurteilt worden? War sie wirklich Mittäterin? Mit 16 Jahren zur Tatzeit war sie ja noch recht jung.
Mit Dr.Simon Jordon scheint sie ja diesmal einen "fähigen" Arzt bekommen zu haben (ich hätte in der damaligen Zeit auch Angst vor einem Arzt mit spitzen Messern gehabt :yikes).
Aber ich kann xania nur zustimmen - viele Seiten kann ich auch nicht an einem Stück lesen...
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Ich bin jetzt auf Seite 84 der deutschen Ausgabe. Ich finde, es liest sich sehr flüssig und schnell, bei mir liegt es eindeutig am Zeitmangel, dass ich noch nicht weiter bin. Es ist nämlich interessant geschrieben.
Was am Anfang ein wenig den Lesefluss ausbremst, ist meiner Meinung nach das Hin- und Herhüpfen in den verschiedenen Darstellungen. Zeitungsberichte, der Auszug aus dem Strafbuch des Gefängnisses, Gedanken von Grace, ein Liedtext, Briefe - die Autorin hat ein buntes Potpourri zusammengestellt.
Der Gedanke, der mir nun kam, war folgender:
Könnte Grace an einer multiplen Persönlichkeitsstörung leiden? Sie spricht ein paar Mal von dieser Mary Whitney, hat sich bei ihrer Flucht im Hotel mit diesem Namen angemeldet.Grace selbst scheint ja von ihrer Unschuld überzeugt. Was ja für sie subjektiv stimmen würde, wenn den Mord ihr alter ego Mary begangen hat. Hattet ihr auch schon den Gedanken?
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Obowohl ich pünktlich am 03. Juli mit dem Buch begonnen habe, habe ich heute erst den 1. Abschnitt beendet. Zum einen liegt das wohl an Zeitmangel, zum anderen habe ich das Gefühl, "Alias Grace" ist kein Buch zum durchrasen, da darf man sich ruhig etwas Zeit für nehmen.
Auch wenn wir jetzt schon einiges von Grace erfahren haben, konnte ich mir noch kein richtiges Bild von ihr machen. Anfangs hielt ich sie einfach nur für naiv. Mittlerweile denke ich, daß sie sich einfach nur ihren Lebensumständen angepaßt und sich ihrem Schicksal ergeben hat. Sie erzählt zwar häufig aus den Zeiten, in denen das Verbrechen geschah, den Mord selbst läßt sie aber immer aus. Ich kann ihren Erzählungen auch selten Bedauern entnehmen, es hört sich eher so an, als ob sie von einer anderen Person spricht.
ZitatOriginal von Rosha
Der Gedanke, der mir nun kam, war folgender:
Könnte Grace an einer multiplen Persönlichkeitsstörung leiden? Sie spricht ein paar Mal von dieser Mary Whitney, hat sich bei ihrer Flucht im Hotel mit diesem Namen angemeldet.Grace selbst scheint ja von ihrer Unschuld überzeugt. Was ja für sie subjektiv stimmen würde, wenn den Mord ihr alter ego Mary begangen hat. Hattet ihr auch schon den Gedanken?
Der Gedanke selbst ist mir noch nicht gekommen, aber jetzt wo du es erwähnst ... Unter der Zeichnung in dem Buch stand ja Grace Marks alias Mary Whitney. Ich hatte mich die ganze Zeit schon gefragt, was da zu bedeuten hätte. Deine Erklärung, Rosha, würde hier sehr gut passen. Und auch der Titel des Buches "Alias Grace" ...ZitatOriginal von xania
Die Strafen im Gefängnis sind schockierend. Es ist zwar verständlich, dass man strenge Disziplin braucht, doch Auspeitschen für ein bisschen Schwatzen ist reichlich übertrieben und ist mehr Folter als Bestrafung. Die Frauen tun mir Leid.
Ich kann immer wieder nur über die Methoden damals den Kopf schütteln. Man gibt den Gefangenen nur dürftige Speisen zu essen, weil üppiges Essen das Böse in ihnen fördert. Aber die Ärzte selbst schlagen sich die Bäuche voll.ZitatOriginal von bibliocat
War sie wirklich Mittäterin? Mit 16 Jahren zur Tatzeit war sie ja noch recht jung.
Ja, jung war sie schon, hatte aber ( wenn ich dem Einband Glauben schenke ) schon einiges erlebt und war auch noch in ihren Herrn verliebt. Ist da eine Sicherung durchgebrannt ? Ich bin wirklich sehr gespannt, was hinter den vielen verschiedenen Geschichten steckt. -
Zitat
Original von Rosha
Der Gedanke, der mir nun kam, war folgender:
Könnte Grace an einer multiplen Persönlichkeitsstörung leiden? Sie spricht ein paar Mal von dieser Mary Whitney, hat sich bei ihrer Flucht im Hotel mit diesem Namen angemeldet.Grace selbst scheint ja von ihrer Unschuld überzeugt. Was ja für sie subjektiv stimmen würde, wenn den Mord ihr alter ego Mary begangen hat. Hattet ihr auch schon den Gedanken?
Ich glaube eher, daß sich Grace den Namen von einer Freundin "ausgeborgt" hat. Für mich scheint sie den Leuten das zu sagen, was diese hören wollen. Irgendwie kommt sie mir verschlagen vor...
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Ich finde es sehr gut gemacht von Atwood, die mit der gestalteten Erzählstimme der Figur ihre Eigenheiten gibt. Grace spricht einfach, man erkennt dadurch ihrern niederen Bildungsstand. Allerdings blitzt immer wieder Intelligenz durch (man könnte es auch eine gewisse "Bauernschläue" nennen).
Verschlagen wirkt sie auf mich nicht. Grace hat nur leidvoll erfahren, dass es besser ist, nicht alles zu sagen was sie denkt. Reiner Selbstschutz in einer Welt, bei der sie allen hilflos ausgeliefert ist.
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Zitat
Original von bibliocat
Ich glaube eher, daß sich Grace den Namen von einer Freundin "ausgeborgt" hat.Das ist natürlich auch möglich. Aber wenn das so wäre, frage ich mich, warum James McDermott nicht auch seinen Namen verändert hat. Zumal er der planende Teil dieses Unternehmens gewesen zu sein scheint.
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Wenn ich es richtig verstanden habe, hat Grace diesen Namen benutzt, als sie auf der Flucht in einem Hotel abgestiegen sind. Und ein Name als Gästeeintrag hätte ja gereicht.
Ich muß gestehen, ich habe noch überhaupt keine Ahnung, ob Grace oder James diesen Mord geplant bzw. ausgeführt hat. Momentan ist für mich die Geschichte noch völlig offen und alles ist möglich.
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Hallo zusammen,
Ich bin auch endlich hier eingetroffen und freue mich schon sehr auf die LR mit euch!
Die ersten Seiten habe ich inzwischen gelesen und ich muss dir, Christine, recht geben: es ist in der Tat kein Buch, dass man einfach so zwischen Tür und Angel lesen kann. Man muss sich auf jeden Fall auf Grace’s Gedanken einlassen und sie auch wirken lassen. Daher habe ich das Buch heute Daheim gelassen und werde dann abends weiter lesen (für die U-Bahn und den Bus habe ich eine ganz leichte Lektüre eingepackt :grin).
Ich finde es wahnsinnig interessant, wie unterschiedlich Grace auf uns Leser wirkt. Ich fühle in ihrer Erzählung eine tiefe Melancholie und ich empfinde wirklich Mitgefühl für sie. Sicher, sie ist eines schweren Verbrechens schuldig gesprochen worden – aber mir als Leser ist nicht bekannt, ob sie die Tat wirklich begangen hat und daher gilt für mich hier „im Zweifel für den Angeklagten“.
Als „verschlagen“ würde ich sie nicht sehen. Rosha hat es für mich auf den Punkt gebracht: der Leser erkennt, dass sie keine Schulbildung geniessen konnte – dennoch saugt sie alle Informationen in sich auf und ihre Beobachtungs- und Auffassungsgabe zeugt von einer gewissen Intelligenz.
Ich bin wirklich gespannt, was wir noch alles erfahren werden und genau wie Christine halte ich alles für möglich.
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Zitat
Original von xania
Die Strafen im Gefängnis sind schockierend. Es ist zwar verständlich, dass man strenge Disziplin braucht, doch Auspeitschen für ein bisschen Schwatzen ist reichlich übertrieben und ist mehr Folter als Bestrafung.Zu der Zeit sprach man ja auch meist nicht von "Gefängnis" sondern von einem "Zuchthaus" (engl. penitentury). Damit steht doch klar, dass die Bestrafung bzw. Züchtigung im Vordergrund steht. Das Konzept einer Rehabilitation zur Wiedereingliederung von Straftätern in die Gesellschaft ist doch komplett unbekannt.
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Zitat
Original von Rosha
Grace selbst scheint ja von ihrer Unschuld überzeugt.Ich lese das englische Original und weiss jetzt nicht wie das in der Uebersetzung rüberkommt. Aber ich fand es Frage der Schuld/Unschuld von Grace absolut offen. Auch in Graces eigenen Worten ist es nicht klar, was ich genial geschrieben finde. Margret Atwood selber hat ja auch ihre eigene Meinung zu diesem Fall mehrmals gewechselt. Es gibt einfach aus heutiger Sicht keinerlei eindeutige Beweise in die eine oder andere Richtung.
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Zitat
Original von Beatrix
Aber ich fand es Frage der Schuld/Unschuld von Grace absolut offen. Auch in Graces eigenen Worten ist es nicht klar, was ich genial geschrieben finde.Du hast recht, ich habe die betreffenden Stellen nochmal genau nachgelesen. Es bleibt vage. Grace sagt kein einziges Mal, dass sie unschuldig ist, aber auch nicht, dass sie einen Mord begangen hat. Sehr raffiniert geschrieben.
Wäre sie unschuldig, müsste sie doch vehement das auch aussprechen. Es sei denn, sie ist eine multiple Persönlichkeit. Dann kann sie sich einerseits für unschuldig halten, hat aber trotzdem geistigen Zugang zu bestimmten Szenen in der Erinnerung, die die tote Nancy zeigen können. Und diese Erinnerungen kann sie vielleicht nicht richtig zuordenen, weil sie sie nie bewusst erlebt hat, sondern ihr alter ego Mary Whitney.
Für mich ist das nach wie vor die "sinnvollste Annahme", Grace eine Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren. Bin gespannt, wie es weitergeht.
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So, jetzt habe ich den ersten Abschnitt endlich fertig. Ich befürchte Schlimmes für Simon. Der leidet so akut an einem Hormonstau, dass er sich nur unglücklich in Grace verlieben kann.
Die kleine Miss Lydia macht ihn ganz wuschig und der Geruch (ungewaschen! buäh!!) von Grace appelliert an sein limbisches System. Oweia!
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Die Frauen kommen bislang alle nicht besonders gut weg.
Simons Mutter ist eine Nervensäge, die die Realitäten nicht erkennt oder erkennen will. die Frau des Direktors ist nervös, hat einen Hang zu morbiden Dingen, das Zimmermädchen ist frech und kann kein Frühstücksei zubereiten.Nun ja, wenn ich genauer gucke, kommen auch die Männerfiguren nicht besonders gut weg. Machtgeil, überheblich, naiv (Reverend Verringer) usw.
Da erscheint Grace beinahe noch am sympathischsten. Wie gefallen euch die Figuren?
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Zitat
Original von Ayasha
Ich finde es wahnsinnig interessant, wie unterschiedlich Grace auf uns Leser wirkt. Ich fühle in ihrer Erzählung eine tiefe Melancholie und ich empfinde wirklich Mitgefühl für sie. Sicher, sie ist eines schweren Verbrechens schuldig gesprochen worden – aber mir als Leser ist nicht bekannt, ob sie die Tat wirklich begangen hat und daher gilt für mich hier „im Zweifel für den Angeklagten“.ZitatOriginal von Rosha
Wäre sie unschuldig, müsste sie doch vehement das auch aussprechen.
Bisher hat aber auch noch niemand ( zumindest was den ersten Abschnitt angeht ) sie direkt danach gefragt. Wie schon gesagt, sie spricht zwar über die Vergangenheit und auch von Nancy und Mr Kinnear, aber den Mord selbst erwähnt sie nicht einmal.ZitatOriginal von Rosha
So, jetzt habe ich den ersten Abschnitt endlich fertig. Ich befürchte Schlimmes für Simon. Der leidet so akut an einem Hormonstau, dass er sich nur unglücklich in Grace verlieben kann.
Der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Er erwähnt einfach zu oft, daß er kein Mann zum Heiraten ist. -
Zitat
Original von Rosha
Nun ja, wenn ich genauer gucke, kommen auch die Männerfiguren nicht besonders gut weg. Machtgeil, überheblich, naiv (Reverend Verringer) usw.Ich find Simon eigentlich auch recht sympathisch. Musste sogar schmunzeln als ich seine Gedanken hier las in Bezug auf seine zukuenftigen Plaene selber mal ein Irrenhaus aufzumachen:
I must curb my propensity to view each new acquaintance as a future paying inmate
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Ich kann mich nicht so recht entscheiden, wie ich Simon finde. Sicher, als "Mensch" betrachtet ist er sympathisch, aber als Romanfigur irgendwie nicht griffig genug. Keine Ahnung, er bleibt für mich ein wenig farblos.
Der feine Witz von Atwood zieht sich durch das ganze Buch. Es gibt einige Stellen, die mich Schmunzeln lassen.