Pssst!
Hörst du es nicht?
Dieser leise, ruhige, gleichmäßige Ton, wiederkehrend, dann ein Sax, da spielt jemand, ganz ruhig, noch leise, dann wird er etwas lauter, intensiver vielleicht auch, der Jan*, bleibt aber ganz bei der Melodie, die seine ist, lässt mich Gefallen finden,
so wie …
… wie Nicole Vosseler mit ihrem neuen Buch, „Das Herz der Feuerinsel“ heißt es, es erzählt auch erst eher leise, wird lebhafter, nimmt etwas Fahrt auf, bleibt aber zunächst auf der Melodie. Mir gefällt das gut, mir gefällt die Ruhe, mit der der Roman beginnt, mir gefallen die immer wiederkehrenden Inseln der Ruhe, die von den dramatischen und schlimmen Vorfällen Abstand gewinnen lassen. Denn beides gibt es, kann es ja nur geben, denkt man an Zeit und gesellschaftliche Verhältnisse des Java und Sumatra, die Schauplätze des Buches sind. Mir gefällt der neue Ton von Nicole, mir gefällt die Ehrlichkeit, mit der die herrschenden Verhältnisse angerissen werden. Mir gefallen die Personen und ihre Entwicklung, auch die Überraschungen, die sie boten, mir gefällt die Konsequenz der Geschichte. Sehr gefallen hat mir Beschreibung von Land und Leuten, von Düften und Gerüchen, von Glanz und Elend, von Freude und Angst, von Aufbruch und Stillstand, von Ruhe und Explosion – nicht nur des Vulkans. Mir gefällt die relative Schonungslosigkeit der Darstellung, wobei sie nach meinem Dafürhalten durchaus noch schonungsloser hätte sein dürfen. Aber dann hätte sie etwas ändern müssen an ihrer Geschichte, die Nicole; so ich bekomme nur das zu sehen, was Jacobina und Floortje sehen und hören.
Horch!
Hörst du?
Da bricht er* das erste Mal aus, die erste scheinbare Dissonanz … oder soll man es nicht lieber Variation nennen so wie …
… wie ich das Cover zu dem Roman lieber eine Variation nennen möchte, allerdings eine, die mir nicht gefallen hat. Sie passen einfach nicht zusammen, die beiden. Die netten Farben, die Blümchen, das viele Blau ... na gut, ein paar Schatten sind zu sehen, aber was bietet das für einen oberflächlichen Ausblick auf das Buch? Und der Schatten gibt es viele, so viele wie noch nie im Nicole-Land, will mir scheinen.
Jetzt!
Hör … das ist die Stelle, die mir gar nicht gefällt. Sie kommt so plötzlich, reißt mich fast in die Senkrechte, es will und will mir nicht in den Sinn, warum er das macht, der Jan*,
so wie …
… wie … ach, hör gar nicht hin, hör nicht zu, wenn ich jetzt doch sage, was ich eigentlich nicht sagen wollte: [SIZE=7]Mir gefällt das kleine Mädchen, Ida, ja, durchaus. Von Natur aus sind solche kleinen Wesen ja mit Niedlichkeit gesegnet … aber … Entschuldigung ... nach meinem Empfinden muss man sie nicht noch mehr verniedlichen. Mir sind da zu vielen „-chen“ und zu viel Piepsen im Spiel. Ein Kind, um es mal so zu sagen, ist für mich ein kleiner Mensch und kein Menschchen. Es hätte mich vielleicht nicht einmal sonderlich gestört, wenn da eben nicht dieser neue Ton wäre, wäre da nicht so viel Ernstes zur Sprache gekommen – für mich war das die Dissonanz im Buch, mit der ich nicht gut zurechtgekommen bin.[/SIZE]
Hör … ist das nicht schön, wie er* das ruhig und leise ausklingen lässt … diese Melodie, ich habe sie im Ohr und bekomme sie nur schwer hinaus so wie …
… wie manche Szene im Buch, wie manches Bild, wobei mir der „heißblütige Liebhaber“ von Seite 54 das liebste ist.
Es war ein schönes Verweilen im Nicole-Land, das nicht nur immer farbenfroher und konturenreicher wird, sondern dessen Farben mehr an Tiefe gewinnen, dessen Berge steiler und dessen Täler schattenreicher werden. Leider heißt es schon wieder Abschied nehmen …
… Tschüss, Jan*, bis zum nächsten Mal – ich vertraue darauf, dass du mich wieder überrascht so wie ...
… wie Nicole es immer wieder gelingt.
* Jan Garbarek – Where the Rivers Meet