Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Ich habe dieses Buch nicht verstanden. Mir war ja klar, dass mich hier keine spannungsgeladene Geschichte erwarten würde. Aber was es stattdessen war, habe ich leider nicht kapiert.
Zunächst zum Inhalt. Santa Maria ist ein verschlafenes Nest an irgendeiner Küste in Südamerika. Das Leben geht so seinen Gang, die Männer treffen sich abends in der Kneipe, die Frauen kümmern sich um Haus und Kinder und tragen die Skandale und Skandälchen breit.
Jorge, 16, ist ein junger Heißsporn, mit Drang, diese enge Welt hinter sich zu lassen. Aber im Moment kümmert er sich um die Witwe seines Bruders, Julita die Wahnsinnige, die den Tod ihres Mannes nicht verkraftet und mit Jorge ein seltsames Spielchen spielt. Er besucht sie jede Nacht, um seinen Bruder zu ersetzen. Leider nicht, wie er in seinen hochpubertären Nöten hofft, im Bett, sondern durch seltsame Gespräche und Rituale.
Das Kaff gerät in Aufruhr, als ein Fremder, der titelgebende Leichensammler, mit drei abgehalfterten Huren auftaucht, um ausgerechnet hier seinen Traum von einem Bordell zu verwirklichen. Ab da ist die Stadt gespalten: die freigeistig Gesinnten feiern dieses Ereignis als Ankunft der Moderne, ebenso sicherlich der eine oder andere potentielle Freier, die katholisch-konservative Mehrheit dagegen läuft Sturm.
Tja, diese Spaltung ist das Thema des Buches, und es verbirgt sich sicherlich ein Haufen Symbolik darin, aber die hat sich mir leider nicht erschlossen. Dabei bietet diese Gemeinde an sich schon jede Menge Konfliktpotential: die arme indigene Bevölkerung, die rund um die Stadt lebt und die Bewohner mit ihren landwirtschaftlichen Produkten versorgt, die Siedler der Kolonie, strenggläubige Schweizer, die sich vor allem durch ihre Freudlosigkeit von der spanischstämmigen Mehrheit unterscheiden. Und das in einer Zeit, die zwar von Traditionalismus geprägt ist, in der aber schon die Moderne um die Ecke guckt. Doch das war alles nur Kulisse, darum ging es irgendwie nicht. Irgendwo muss sich ein Subtext versteckt haben, ich konnte ihn nur nicht finden.
Die Sprache hat so einiges gerettet, aber auch wenn ich den berühmten magischen Realismus liebe, waren mir doch ab und zu die Schachtelsätze zu verschachtelt, die philosophischen Betrachtungen zu ausufernd und die Metaphorik zu überladen.
Ne, wie wurden keine Freunde, dieses Buch und ich, die Lektüre war vielmehr ein heftiges Ringen, von dem das Buch so einige Blessuren davongetragen hat (ehrlich gesagt, sah selten ein Buch so zerknödelt aus, nach dem ich es gelesen habe). Und wahrscheinlich habe ich es nur beendet, um endlich Uruguay von meiner Weltreisekarte streichen zu können.