Expedition zu den Polen - Eine Reise mit dem Berlin-Warszawa-Express - Steffen Möller

  • Expedition zu den Polen - Eine Reise mit dem Berlin-Warszawa-Express" - Steffen Möller


    ISBN: 3890293999


    Verlag: Malik Verlag


    Erscheinungsjahr: 2012


    Seitenzahl: 299



    Über den Autor:
    Der gebürtige Wolfenhagener Steffen Möller wurde 1969 geboren und wuchs in Wuppertal auf. Nach einem Studium der Philosophie und evangelischen Theologie arbeitete er im Anschluss daran sieben Jahre als Deutschlehrer in Polen.
    Es folgten Kabarettauftritte, eine Rolle in einer polnischen Serie und eine Tätigkeit als Moderator der Sendung "Wetten dass...?" in Polen.
    Einem größeren Publikum wurde Steffen Möller mit seinem Bestseller "Viva Polonia" bekannt, der im Jahr 2008 erschienen ist.
    Die Webseite des Autors: http://www.steffen.pl


    Über den Inhalt:
    Steffen Möller,der sowohl in Berlin als auch in Warschau lebt, pendelt regelmäßig mit dem Berlin-Warszawa-Express zwischen den beiden Hauptstädten. In seinem neuen Buch nimmt er den Leser Station für Station mit auf eine Reise in seine zweite Heimat vermittelt anhand der einzelnen Bahnhöfe etwas von der Herzlichkeit aber auch von der zur Verzweiflung
    bringenden Mentalität seines Gastgeberlandes.


    Meine Meinung:


    Von den deutsch-polnischen Befindlichkeiten
    Sommer 2012. Polen ist neben der Ukraine Austragungsland der Fußball-Europameisterschaft.
    Pünktlich zu diesem sportlichen Großereignis bringt der Malik Verlag mit Polens berühmtestem Deutschen Steffen Möller ein Buch heraus, das entlang der Bahnstrecke Berlin-Warschau die deutsch-polnischen Beziehungen untersucht.
    Möller, den es bereits während seines Studiums nach Polen zog, dürfte einem größeren Publikum durch sein Buch "Viva Polonia" bekannt geworden sein, in dem er seine zweite Heimat vorstellt.
    In "Expedition zu den Polen", ein übrigens zurecht zweideutig gewählter Titel, geht Möller den deutsch-polnischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden auf den Grund.
    Beginnend in Berlin darf der Leser Bahnstation für Bahnstation einen Kulturschock entlang dieser Strecke erleben.
    In zehn Kapiteln erzählt der gebürtige Wolfenhagener von der polnischen Mentalität, die geprägt ist von der katholischen Kirche, vom verbliebenen sozialistischen Charme und einem veränderten Konsumverhalten, das auf eine erstarkte Volkswirtschaft zurückzuführen ist.
    Möller vergleicht, zeigt Besodnerheiten auf, wirbt für kulturelles Verständnis und verzweifelt zuweilen am Planungschaos der Polen. Jeder Bahnhof diesseits der Grenze bietet die Möglichkeit, auf die Andersartigkeit unserer Nachbarn hinzuweisen, Vorzüge der Polen dem Leser anzupreisen oder sich auf deutsche Tugenden zu besinnen.
    Dass dieses Reisebuch so unterhaltsam ausfällt, liegt zum einen an Möllers humorvoller Art, seine Beobachtungen wiederzugeben und mit Statistiken zu belegen als auch an seiner zurückhaltenden Wertung gegenüber seiner zweiten Heimat.
    Das plakative Cover, das in weiß-rot auf die Landesfarben hinweist und einen Wagon abbildet und eigentlich Erzählungen über eine Bahnreise zwischen den Hauptstädten verspricht, dürfte überwiegend ein Lesepublikum ansprechen, dass sich nicht nur für Polen interessiert, sondern bereits Gefallen an Büchern wie "Maria, ihm schmeckt's nicht", "Quattro Stagioni" u.a. gefunden hat.


    Denjenigen, die sich auf eine (n)ostalgische Bahnreise gefreut haben, auf einen Blick aus dem Fenster auf satte polnische Wiesen, auf verwahrloste Bahnstationen und bei ihrer Ankunft freudig einen Blick auf den Kulturpalast erhaschen möchten, wird dieser besondere Führer nur bedingt gerecht. Steffen Möller hat seinen Fokus weniger auf das Fortbewegungsmittel Bahn als auf unser Nachbarland gelegt. Natürlich beschreibt der Wahlpole auch die Eigenheiten der polnischen Bahn, erzählt vom Schaffner Mirek und den Vorzügen der polnischen Speisewagen, die er dem deutschen Gast eindrücklich ans Herz legt, von den Verspätungen der polnischen Staatsbahn und dem mangelnden Kommunikationswillen ihrer Mitarbeiter, Verzögerungen mitzuteilen.
    Seinen Schwerpunkt jedoch legt der Autor auf die landesspezifischen Eigenheiten, die sich als Bekenntnis zu Nationalstolz, dem Sammeln von Pilzen, guten Umgangsformen, Familienwerten und einer unaussprechlichen Sprache lesen lassen.


    Steffen Möller hat mit "Expedition zu den Polen - Eine Reise mit dem Berlin-Warszawa-Express" ein höchst unterhaltsames und informatives Buch und zugleich eine statistische Fleißarbeit über unser Nachbarland vorgelegt, das die Erwartungen nicht jeglichen Lesers erfüllen wird, insgesamt aber als geeignete Lektüre erscheint, unser Nachbarland Polen mit völlig neuen Augen zu entdecken.

  • Ich habe das Buch mit großem Vergnügen gelesen, manchmal staunend über das Maß an Unwissenheit, das ich bisher über unser Nachbarland und seine Menschen hatte. Der Autor mag die Menschen dort, das spürt man in jeder Zeile, aber er steht ihnen nicht unkritisch gegenüber. Schreiben kann er auch, und zwar mit viel Humor und Hintersinn.
    Mir hat´s sehr gut gefallen!

  • Ich fand es auch sehr amüsant, habe aber durchaus Kritikpunkte entdeckt! Doch lest selbst.


    ***


    Der Autor dieses Buches, Steffen Möller, war mir vor der Lektüre völlig unbekannt. Daher informierte ich mich; er hat, nach einem Philosophiestudium, offenbar lange in Polen gelebt, war dort Deutschlehrer, um anschließend auf eine Laufbahn als Kabarettist, unterwegs in der Mission der Völkerverständigung, umzuschwenken. Genau diesen Zwiespalt merkte man diesem Buch auch an. Ich konnte nicht genau eruieren, ob es nun eher vom Lehrer oder vom Kabarettisten Steffen Möller geschrieben wurde. Beide sind deutlich zu erkennen, und trotz der durchweg guten und unterhaltsamen Lesbarkeit hat mich dies auch ein wenig verstört.


    Zuerst einmal: die Idee, das Ganze in die Gestalt einer Zugreise zu kleiden, halte ich für originell. Von Berlin ausgehend, beschreibt er, von Station zu Station, seine Fahrt nach Warschau. Mit sicherem Blick entlarvt er die zahlreichen Fettnäpfchen, in die seine Mitreisenden im interkulturellen Austausch tappen; er porträtiert humorvoll sowohl deutsche und internationale Geschäftsleute, gemischt-kulturelle Paare, Stars und Sternchen, Studenten, als auch Rentnerinnen und daheim wartende Angehörige. Hätte er es nur dabei belassen, dann wäre das Buch perfekt gewesen.


    Doch leider krankt das Buch ein wenig daran, dass eben auch der Kabarettist Möller, im Gegensatz zum Lehrer, seinen Anteil einforderte. Wie der Autor in einem Amazon-Video auch zugibt, hatte er nach seinem vorhergehenden Bestseller "Viva Polonia" noch viele Notizen übrig, noch viele Dinge, die er außerdem über Polen mitzuteilen hatte. Und die wollte er partout in dieses Buch einarbeiten. Ich würde nun nicht sagen, dass dies in die Hose gegangen sei - dennoch merkt man das ein wenig Bemühte, Angestrengte an diesem Buch.


    Manchmal ist es einfach nicht logisch - zwischen zwei Stationen liegen manches Mal kaum ein paar Kilometer, doch prompt wird ein eigenes Kapitel draus, und es werden, mehr schlecht als recht thematisch begründet, etliche Informationen hineingestopft. Man konnte so manches Mal förmlich riechen, dass der Autor mit einem seiner "Notizzettel" am Schreibtisch saß, und sich fragte, in welches Kapitel er diese Anekdote oder jene Information noch packen sollte. Wie gesagt, ich finde diese Technik nun nicht misslungen - aber einfach unelegant. Mir persönlich wäre es lieber gewesen, er hätte sich eindeutig zwischen Reise-Sachbuch oder Anekdotensammlung entschieden.


    Den Inhalt des Buches allerdings, des Autors Sicht auf die Polen und ihre Eigenheiten, kann ich nicht anders als liebevoll, tiefschürfend und herrlich entlarvend nennen. Ich habe mich durchweg köstlich amüsiert! Auch meinem Mann, der einige polnische Arbeitskollegen hat, habe ich ein paar Stellen vorgelesen, und er hat das meiste bestätigen können. Der Autor deckt eine beeindruckende thematische Breite ab; da geht es von der Sprache über charakterliche Merkmale bis hin zum Verhalten in der Familie und zur Politik. Und das Beste ist, er nimmt sich und uns als Deutsche mit ins Boot. Auch unsere Eigenheiten werden denen der Polen gegenüber gestellt, so dass sich jeder ein eigenes Bild machen kann, wer nun "verrückter" ist - oder auch nicht.


    Insgesamt würde ich das Buch als recht gelungene Unterhaltung bezeichnen, die allerdings weniger Anspruch auf Gründlichkeit rechtfertigt, als man es von einem Sachbuch eigentlich erwarten könnte. Das Buch balanciert auf sämtlichen Graten zwischen den Genres. Dennoch, es erschien im Malik-Verlag, der ja auch die Pilgerreise eines anderen, bekannten deutschen Unterhalters herausbrachte. Vielleicht gibt uns dies einen Hinweis darauf, wie der Autor sein Buch verstanden haben möchte.

  • Ein wenig uninformiert besuchte ich gestern Abend die Veranstaltung zum Buch, die sich als Kabarett entpuppte und mir und geschätzten 300 weiteren Besuchern einen vergnüglichen Abend bot. Der Wuppertaler, dessen Lebensziel es zu sein scheint, die deutsch-polnischen Beziehungen in die Gänge zu bringen, präsentierte sich bestens gelaunt, scherzte und bezog das Publikum in seine Show ein. Nach gut zwei einhalb Stunden verließ ein sprachlich bewandertes, mit Flirthinweisen ausgestattes und in polnischer Topographie versiertes Publikum einen unterhaltsamen Abend, der anderen uneingeschränkt empfohlen wetden kann.