Blair, die wichtigere Frage ist, was ist, wenn du dich irrst? (Seite 82)
383 Seiten, kartoniert
Originaltitel: Cape Refuge
Aus dem Amerikanischen von Rebekka Wetter
Verlag: Boas Verlag, Burbach 2011
ISBN-10: 3-942258-01-3
ISBN-13: 978-3-942258-01-2
Dies sind die vier Bände von Cape Refuge:
1. Gefährliche Zuflucht (Cape Refuge)
2. Die einzige Hoffnung (Southern Storm)
3. Falsche Wahl (River's Edge)
4. Breaker's Reef
Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)
Eine kleine Insel vor Georgia wird vom Doppelmord an Thelma und Wayne Owen erschüttert. Völlig geschockt sind die beiden Töchter Morgan und Blair, als auch noch Jonathan - Morgans Mann - unter Mordverdacht verhaftet wird. Cade, der Polizeichef, fühlt sich dabei zwar nicht sehr wohl, da Jonathan sein Freund ist, aber er meint, keine andere Wahl zu haben. Die Owens führten eine kleine Pension, in der hilfsbedürftige Menschen, von entlassenen Strafgefangenen bis zu solchen mit beginnendem Alzheimer, lebten. Dieses Haus ist dem Stadtrat ein Dorn im Auge.
Morgan und Blair wollen herausfinden, weshalb ihre Eltern sterben mußten. Im Zuge dessen tauchen plötzlich alte Geheimnisse aus der Versenkung auf, die die Sache noch verkomplizieren. Nichts ist so, wie es scheint. Und dann nehmen sie noch Sadie, eine junge Ausreißerin auf, die verletzt in Cape Refuge auftaucht.
Je mehr Fäden entworren werden, um so geheimnisvoller und gefährlicher wird es. Bis sich die Ereignisse schließlich in einer Explosion entladen ...
Über die Autorin (Quellen: Website der Autorin, engl. Wikipedia, Verlagsangaben)
Terri Blackstock wurde 1957 in Illinois geboren. Ihre ersten zwölf Jahre war sie als Mitglied einer „Air Force Familie“ ständig auf Reisen, sie ging sogar in den Niederlanden zur Schule. Mit 25 erschien ihr erster Roman als Beginn einer seither erfolgreichen Karriere. Bis 1994 schrieb sie unter Pseudonymen u. a. für HarperCollins oder Harlequin. Dann wandte sie sich dem christlichen Buchmarkt zu; eines ihrer Hauptanliegen ist es, Hoffnung statt Verzweiflung anzubieten.
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Vorbemerkung
Um Mißverständnisse zu vermeiden: Das ist ein christliches Buch. Wenn ich Formulierungen wie „wir“ verwende, beziehen sich diese meist nicht auf die Gesamtgesellschaft, sondern auf den christlich geprägten Teil, dem ich mich zugehörig fühle. Ferner ist Denken und Handeln eines Teils der Protagonisten stark von ihrem aktiv gelebten Glauben geprägt. Handlungsweisen wie Beten oder Hinwendung zu Gott werden als normal und notwendig angesehen.
Meine Meinung
Wie konnte ich diese Autorin bisher übersehen? Das frage ich mich, seit ich „Gefährliche Zuflucht“ zu Lesen begonnen habe. Nun, viele Chancen, ihr zu begegnen, gab es bisher nicht. Ein Blick in die Datenbank der Deutschen Nationalbibliothek weist gerade mal acht Bücher aus, davon die meisten seit langem vergriffen. Für mich völlig unverständlich. Zum Glück hat sich der noch recht junge Boas-Verlag dieser Lücke angenommen und mit „Gefährliche Zuflucht“ den ersten Band der insgesamt vierteiligen Cape Refuge Reihe herausgebracht.
Da ich vor nicht allzulanger Zeit die ersten beiden Bände der Cape Light-Serie von Thomas Kinkade und Katherine Spencer gelesen habe, hatte ich durch das „Cape“ etwas Orientierungsprobleme. Zumal die (fiktiven) Orte von Europa aus gesehen nicht so weit auseinander liegen. Auch das Setting einer Kleinstadt am der Atlantikküste ist ähnlich, aber damit hat es sich mit den Ähnlichkeiten dann auch. Sieht man mal von der trotz aller hier vorhandenen Spannung beiden Reihen gemeinsamen positiven Grundhaltung ab.
Und solche - nämlich Spannung - gab es mehr als genug. Das war das erste Mal seit langem, daß ich praktisch jede Minute, die abknappsen konnte, im Roman gelesen habe. Normalerweise lese ich, wenn ich unter einer Viertelstunde am Stück habe, ein Sachbuch. Hier habe ich teilweise zweiseitenweise gelesen - das ist mir schon seit Ewigkeiten nicht mehr passiert.
Die Autorin läßt nicht lange Zeit, um sich auf Cape Refuge einzurichten. Denn gleich zu Beginn passiert der Paukenschlag: ein Doppelmord an dem beliebten Pastorenehepaar Thelma und Wayne Owen. Morgens hatten sie Streit mit dem hitzköpfigen Schwiegersohn Jonathan, dem Mann der ältesten Tochter Morgan. Prompt gerät dieser unter Mordverdacht, denn die Mordwaffe war seine Harpune. Cade, der Polizeichef und privat ein Freund Jonathans, verhaftet Letzteren unter Tatverdacht. Blair, die jüngere Tochter schwört, den Mörder zu finden.
Während also alles klar zu sein scheint, ist in Wirklichkeit nichts klar. Die Owens führten die Pension „Hanover House“ für gestrauchelte Menschen. Und wer erst einmal eine Vorstrafe im Register hat, steht automatisch wieder in Verdacht. So bleibt es nicht aus, daß Mißtrauen sich ausbreitet und zwei Bewohner ebenfalls in Verdacht geraten. Zudem taucht die Ausreißerin Sadie auf und findet Zuflucht im Hanover House. Doch auch sie hat ihre Geheimnisse; daß ihr gebrochener Arm und die Blutergüsse von einem Unfall stammen, glaubt ihr kein Mensch.
Die Autorin breitet ein vielteiliges Puzzle vor dem Leser aus, dessen einzelne Teile immer weniger zusammenpassen zu scheinen, je mehr man erfährt. Da geht es uns genau wie Blair und Morgan bei ihrer Suche nach der Wahrheit. Am Ende läuft das auf einen hollywoodreifen Showdown hinaus mit einer Lösung, die ich so nie vermutet hätte und mich völlig überrascht hat. Obwohl eigentlich alles exakt zusammenpaßt.
Was mir an diesem Buch aufgefallen ist und besonders gefallen hat, ist eine Sache, die mir in einem Buch dieses Genres (Christian Fiction) so eigentlich noch nicht begegnet ist: Blair ist Atheistin. So, wie die Argumente und Überzeugungen von Christen bekannt sind und hier im Buch vertreten werden, so trifft ein gleiches auf die atheistische Blair zu. Ich war wirklich überrascht, wie konsequent die Autorin diese Position, welche dem Leser einiges an Reibungsfläche bietet, entwickelt und durchhält. Eben dadurch, daß nicht alle auftauchenden Figuren überzeugte Christen sind, gewinnt der Roman für mich deutlich an Glaubwürdigkeit und Tiefe, weil beide Positionen zu Wort kommen.
Ein weiteres Thema, das in dem Buch eine Rolle spielt, sind Schuld und Vergebung. Wenn man sich erst einmal mit den Amish beschäftigt hat, kennt man das. Von ihnen erwartet man solches, weil es zu deren Grundüberzeugungen gehört. Aber hier - mitten in der „normalen Welt“. Wie geht man da damit um? Ich weiß nicht, wie ich, käme ich in Situationen, wie sie den Protagonisten hier im Buch begegnen, denken und handeln würde. Jonathan war mir zu Beginn herzlich unsympathisch, was sich bis zum Ende gewandelt hatte. Das ist auch mein einziger wirklicher Kritikpunkt: seine Entwicklung kommt mir beschreibungsmäßig etwas zu kurz. Ich verstehe sie zwar, aber es hätten ein paar Seiten mehr sein dürfen.
Ansonsten war ich mitten drin im Geschehen, hatte über weite Strecken das Gefühl, mitten in der Handlung als unbeteiligter Beobachter dabei zu sein. Mit anderen Worten: Kopfkino erster Güte.
Am Ende sind die Ereignisse dieses Buches zwar aufgelöst, dennoch bleiben einige Fragen offen, die in einem der nächsten Bände ihre Beantwortung erfahren. Die Autorin hat auf ihrer Website geschrieben, daß die Serie abgeschlossen ist, also keine Bände mehr folgen werden. Bleibt zu hoffen, daß der Boas-Verlag möglichst bald die weiteren Bücher veröffentlicht. Denn ich bin sicherlich nicht der einzige, der wissen möchte, wie es weitergeht auf Cape Refuge.
Kurzfassung
Ein spannendes Buch, das quasi nebenbei die Frage nach Schuld, Vergebung und Wahrheit stellt. Ein Page-Turner mit Tiefgang und hohem Suchtpotential. Ich wünsche dem Buch weite Verbreitung und viele Leser.
Edit hat die Angaben zum zweiten und dritten Band sowie die Links ergänzt.
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