Geistergeschichten [Ghost Story] (Harry Dresden Bd.13) - Jim Butcher

  • Inhalt:
    Nachdem Chicagos Meistermagier Harry Dresden am Ende des Vorgänger-Bandes (Changes) erschossen wurde, findet er sich zu Beginn von 'Ghost Story' als Geist wieder. Aus einer seltsamen Zwischenwelt wird er zurückgeschickt nach Chicago, um seinen eigenen Mörder zu finden und um zu verhindern, dass dreien seiner Freunde ein schlimmes Leid geschieht.
    Dort angekommen, stellt er zunächst einmal fest, dass er als Geist sich weder in der Geisterwelt auskennt, noch in der realen Welt irgendetwas ausrichten kann. Denn er kann nichts berühren, seine Magie funktioniert nicht, und hören oder gar sehen können ihn nur die wenigsten Menschen. Zugleich aber wird er damit konfrontiert, dass in Chicago nun Chaos herrscht: Nachdem der Rote Hof der Vampire von ihm persönlich im Feldzug um die Sicherheit seiner Tochter ausgelöscht wurde, hat sich eine neue, noch schlimmere Bedrohung in dem entstehenden Machtvakuum eingenistet: Die Fomor.
    Chicago ist zum paranormalen Kriegsschauplatz geworden. Wütende Geister terrorisieren die Stadt, angeführt von alten Feinden Harrys, die dieser einst vom Leben in den Tod beförderte. Seine alte Polizeifreundin Murphy führt nun in Selbstjustiz Krieg gegen übernatürliche Widerlinge, und sein Lehrling Molly, die von der Schlacht gegen den Roten Vampirhof schwere psychische Traumata davongetragen hat, versucht mehr schlecht als recht, Harrys Erbe aufrechtzuhalten und in seinem Namen Schrecken zu verbreiten.
    Und Harry läuft entgültig die Zeit davon, als auch noch der einzige Mann entführt, der ihm helfen könnte, der kleine Geisterbeschwörer Mort...


    Meine Meinung:
    'Ghost Story' bricht mit den bisherigen Traditionen der Serie - es ist ein Experiment. Für den Mut gebührt dem Autor Respekt. Die Frage ist allerdings, ob dieses Experiment funktioniert, und ich muss sie für mich eher mit 'Nein' beantworten.
    Zu Beginn des Buches wabert Harry hilflos und weitgehend unbemerkt in der Luft herum, zurückgesetzt auf Null, ein blutiger Anfänger, der weder weiß, was er tun soll, noch mit seinen Anstrengungen auch nur irgendetwas ausrichtet. Denn in der Geisterwelt ist er ein blutiger Anfänger, und auf die reale Welt kann er so gut wie keinen Einfluss nehmen. Das degradiert ihn für den größten Teil der Handlung zu einem Beobachter, der nach Schatten schlägt und lakonisch kommentiert.
    Es ist schwierig für mich als Leser, dass sich dieser Zustand bis fast zum Ende des Buches nicht ändert. Harrys erzwungene Passivität fängt irgendwann an, fürchterlich zu nerven. Man liest Action und Ereignisse, die stets anderen widerfahren, obwohl man doch den Magier selbst in der Hitze des Gefechts sehen möchte. Die Szenen dazwischen sind angefüllt mit Rückblenden in die Jugend des Magiers, in seine Zeit bei Justin Du Mourne, was für ein paar Seiten unterhaltsam ist, doch nichts am großen Problem dieses Buches ändert: Es gibt keinen echten Protagonisten! Der Held beobachtet nur und fliegt ein bisschen in der Gegend herum, und andere schlagen seine Schlachten (die sich dabei nicht einmal besonders clever anstellen). Er sinniert und hadert mit sich selbst und schwelgt in vergangenen Erinnerungen, aber nie kommt wirklich Spannung auf. Und selbst der Humor, der typisch für diese Serie ist, erscheint hier irgendwie gedämpft, nicht ganz auf der Höhe. Harry wird zum Maulhelden, statt aktiv ins Geschehen einzugreifen.
    Ganz ehrlich, ich habe nach zwei Dritteln bis zum Schluss weitergeblättert (was ich noch NIE bei einem Harry Dresden Buch getan habe, um mir die Spannung nicht zu verderben), weil ich wissen wollte, ob er wenigstens am Ende wieder der alte wird, in Fleisch und Blut neu ersteht.
    Wäre ich nicht ein eingefleischter Fan, ich hätte 'Ghost Story' nach der Hälfte der Lektüre abgebrochen.
    So muss ich leider sagen, dieses Experiment war keine Ruhmesstunde des Autors, und ich warte einfach sehnsüchtig auf den nächsten Band, der hoffentlich zu alten Tugenden zurückfindet.


    Wer die anderen Bände gelesen hat, wird wahrscheinlich nicht umhin kommen, auch diesen zu lesen - und sei es nur, um nicht den Faden zu verlieren, wenn es danach weitergeht.
    Wer Harry Dresden noch nicht kennt, aber damit liebäugelt, einen Blick zu riskieren, sollte auf gar keinen Fall zu diesem Buch greifen, denn neben der Tatsache, dass es in seinem Unterhaltungswert gegenüber allen anderen Bänden der Serie massiv abfällt, ist es wahrscheinlich komplett unverständlich, wenn man nicht die anderen Bücher gelesen hat.


    Sorry Harry, Du hattest auch schon bessere Tage.
    See you soon back in better shape ;)


    Edit: Ich habe den deutschen Titel und die dazugehörige ISBN eingetragen, damit die Ausgabe auch über das Verzeichnis zu finden ist. LG JaneDoe

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

  • Hm...ich wünschte ich hätte das jetzt nicht gelesen. Ich bin ein großer Fan der Serie, habe gerade "Weiße Nächte" gelesen und das, was du hier beschreibst, gefällt mir gar nicht. :-(
    Überspringen geht ja wohl nicht, so wie du schreibst, aber ich hoffe, danach geht es wieder wie gewohnt weiter...

  • Hi Jenks,
    naja, es ist ein 'Augen zu und durch' - Buch ;-) ... und jetzt nicht total schrecklich, nur eben stinkt es gegen die anderen Bände mächtig ab, weil Harry so massiv zum Beobachter degradiert wird.
    Auf der Positivseite ist zu vermerken, dass man ein paar neue Infos über seine Vergangenheit kriegt ... und die Auflösung am Ende ist tatsächlich sogar spektakulär, die macht einiges vom Ärgernis unterwegs wieder gut.
    Also, es ist nicht alles verloren :grin

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

  • Nachdem ich jetzt 'Cold Days', den nächsten Band gelesen habe (der an alte Qualitäten wieder anknüpft), kann ich's nur bekräftigen: 'Ghost Story' sollte man lesen, damit einem nicht ein paar wesentliche Infos verloren gehen, und die Hoffnung ist berechtigt, danach gehts wieder steil aufwärts :-)

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

  • Also sooooo schlecht fand ich "Ghost Story" jetzt nicht.


    Okay, jetzt nicht unbedingt mein absolutes Lieblingsbuch aber da waren meiner Meinung nach die Anfangsbände teilweise noch schwächer.


    Außerdem finde ich, dass es für Harrys weitere Entwicklung sehr wichtig war, dass er diese Zeit ohne materiellen Körper verbracht hat und so endlich einmal gezwungen wurde nachzudenken BEVOR er draufhaut oder mit Feuer um sich wirft. :grin


    Ich glaube kaum, dass er ohne diese Lektion "Cold Days" überlebt hätte. ;-)


    Als Leser ist es natürlich spannender einen aktiveren Protagonisten (gerade als Ich-Erzähler)zu lesen, als einen der dauerfrustriert über seine eigene Machtlosigkeit nach zwölf Bänden zum Zuschauer degradiert "umhergeistert". :lache


    Aber ich finde die erzwunge Introspektion wie gesagt sehr wichtig für die weitere Geschichte und auch dass er so deutlich gezeigt bekommen hat, dass sein überstürztes Handeln im vorigen Band Konsequenzen hatte.


    Wie gesagt, ich denke dass dies ein wichtiger Lernprozess für Harry war ohne den er es garnatiert nicht bis zum Ende der Reihe geschaftt hätte bei seiner bisherigen "Arbeitsweise". :grin

  • Hallo zusammen,


    ich ärger mich ein bisschen, das ich hier schon die ersten Zeilen gelesen habe vom Band 13.


    Band 12 war der Hammer.


    Weiß hier jemand, wann die nächsten Bände auf deutsch heraus kommen?
    Also bis jetzt geht`s ja nur bis Band 12.


    Ist das warten ätzend.


    Bin aber auch begeistert von Codex Alera. Auch der Hammer.


    Weiß jemand mehr?

  • Ich muss elwe zustimmen. Das Experiment, den Helden mitten in der Serie sterben zu lassen, finde ich toll - und besonders gut gefallen haben mir die Auflösung des Rätsels, wer nun Harry ermordet hat, sowie im Hinblick auf diese Auflösung die Aussagen seiner Feenpatin.


    Gestört hat mich allerdings, dass ich beim Lesen rasch den Eindruck bekam, Jim Butcher hätte an seinen bisherigen Charakteren das Interesse verloren und würde sie durch neue ersetzen wollen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Wo sind die Raiths? Der Rote Hof ist Geschichte, der Schwarze war ohnehin nie so wirklich präsent, und ein intriganter Haufen wie die Weißen würde dieses Machtvakuum doch gewiss nützen - aber statt Lara Raith und Thomas und Justine taucht nur eine gewisse Felicia auf, die mit Murphy zusammenarbeitet, sich als wenig vertrauenswürdig erweist und von einem Menschen (Murphy) zusammengeschlagen werden kann. Wenn Murphy mit einem Weißen zusammenarbeiten will, warum dann nicht mit Thomas, der mehrfach bewiesen hat, dass er a) vertrauenswürdig ist und b) wirklich kämpfen kann? Apropos Thomas: Harry verschwendet, bis auf eine einzige Szene, keinen Gedanken an seinen Bruder, der doch einer der wichtigsten Menschen Kreaturen in seinem Leben ist. Das wird lapidar mit seinen Schuldgefühlen begründet, aber die Schuldgefühle hängen ebenso mit Molly und Ivy zusammen und an die denkt er oft genug.
    Statt mit den etablierten Charakteren verbringt Harry die meiste Zeit mit neuen, die ich nicht besonders interessant (Fitz) bzw. zum Teil nur nervig (Sir Stuart) fand.


    Und dann lernen wir noch, wo Harrys Tochter Maggie versteckt ist. Abgesehen davon, dass das betreffende Haus auf so ziemlich täglicher Basis von Feinden attackiert wird: Wäre das nicht der allererste Ort, an dem jemand Harrys Tochter oder Harrys Hund (ihren Beschützer) erkennen würde?

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  • Sei froh, dass Feder & Schwert überhaupt die Veröffentlichung der weiteren Bände ab "Erlkönig" übernommen hat. Sonst hätten wir wohl nie erfahren, wie es mit Harry weitergeht. Da warte ich gerne mal ein bisschen länger auf die Fortsetzungen. :-]
    "Geistergeschichten" liegt hier und wartet auch schon.

  • Wer den vorherigen Teil "Wandel" gelesen hat, weiß auch, was mit Harry am Ende passiert ist. Und es steht ja auch hier im Klappentext.
    Harry ist also tot und ein Geist. Oder so etwas Ähnliches. Ein "Schatten" ist die richtige Bezeichnung und um seinen Mörder zu finden, wird er zurück geschickt. Dort muss er erfahren, dass inzwischen ein halbes Jahr vergangen ist, seit auf ihn geschossen wurde. Er wurde für tot erklärt, auch wenn seine Leiche nie gefunden wurde.
    Seitdem ist viel passiert und seine Freunde und Bekannte gehen auf ganz unterschiedliche Weise mit seinem Tod um. Sein Lehrling Molly hat es am schlimmsten getroffen, sie macht Nacht für Nacht die Stadt als "Lumpenfrau" unsicher bzw. in ihren Augen sicherer für die sterbliche Bevölkerung, da sie die Straßen Chicagos vom übernatürlichen Abschaum befreit. Anscheinend haben die Ereignisse in Südamerika sie fast den Verstand verlieren lassen. Was allerdings eine schier unlösbare Aufgabe zu sein scheint, denn seitdem der Rote Hof vernichtet wurde, sind an Stelle der Vampire hunderte anderer unheimlicher Gestalten getreten. Etwas, das Harry bei seinem finalen Schlag gegen den Roten Hof offensichtlich nicht bedacht hatte.
    Den Kampf gegen das übernatürliche Böse haben nun Murphy, Butters, Mollys Bruder Daniel und Vater Forthill übernommen.
    Da Harry nun ein Geist ist, können ihn seine Freunde allerdings nicht sehen und hören, bis auf wenige Ausnahmen. Also sucht er Hilfe bei dem Ektomanten Mortimer Lindquist, der allerdings nicht sehr begeistert ist von seinem Auftauchen und hetzt erst mal eine Horde Gespenster auf ihn. Dabei merkt er, dass mit seinem Ableben auch seine magische Fähigkeiten verschwunden sind. Aber ein uralter Geist zeigt ihm, wie er sich trotzdem wehren kann.
    Das ist allerdings noch nichts gegen den alten Feind auf den er schließlich trifft und in seiner neuen "Form" scheint ein Kampf für Harry fast aussichtslos. Werden seine Freunde ihm auch diesmal helfen und kann er es überhaupt verantworten, sie in diese Schlacht hineinzuziehen?

    Als Harry am Ende von "Wandel" stirbt, war ich ziemlich geschockt. Und ich wollte die Fortsetzung eine ganze Weile nicht lesen, habe mich nun aber doch dazu durch gerungen. Und trotzdem Harry in dieser Geschichte ein Geist, nur ein Schatten ist, ist er eigentlich genauso wie immer. Er nervt seine Freunde, ist aber trotzdem um sie besorgt. Er jagt seine Feinde unerbittlich, riskiert Kopf und Kragen und hat auch seinen Humor nicht verloren. Die Geschichte ist stellenweise auch sehr emotional, z.B. als er Murphy wiedersieht und sie nicht wahrhaben will, dass sein Geist vor ihrer Tür steht. Bisher konnte sie sich immer einreden, dass Harry nicht tot ist. Und was aus Molly geworden ist, bricht ihm fast das Herz. Auch die Szenen mit Mister und Mouse, die ihn beide als ihr Herrchen sofort erkennen sind sehr rührend geschrieben.


    Zum Ende hin gibt es eine Auflösung der Ereignisse in "Wandel" und ich muss sagen, dass sie mich doch verblüfft hat. Damit hätte ich nicht gerechnet. Aber so erklärt sich auch, wieso Thomas in diesem Teil erst zum Schluss auftaucht, was mich ein wenig gewundert hat. Dafür hat Bob diesmal allerdings eine größere Rolle, was mich wiederum sehr gefreut hat. Aber mehr verrate ich nicht, lest es selbst.