Seiten: 640
Originaltitel: Wonderstruck
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Uwe-Michael Gutzschhahn
Rückentext:
"Wunderlicht" verknüpft zwei fesselnde Geschichten zu einem überwältigenden Ganzen. Bens Geschichte und die von Rose, fünfzig Jahre zuvor. Ben fühlt sich seit dem Tod seiner Mutter verlassen, und Rose, die allein bei ihrem Vater lebt, ist genauso einsam. Als Ben im Nachlass seiner Mutter einen geheimen Hinweis entdeckt und Rose sich eine einmalige Gelegenheit zur Flucht bietet, ergreifen die beiden Kinder die Chance und riskieren alles, um das zu finden, was sie so sehr vermissen: Freundschaft, Liebe und Geborgenheit.
Brian Selznicks Buch erzählt von der Kraft der Erinnerung, die in der Lage ist, kluge Köpfe hervorzubringen, den Spuren, die jeder in der Welt hinterlässt, von Freundschaft und Familie, und dem unglaublichen Abenteuer, das Leben heißt. Berührend, vielschichtig, und im wahrsten Sinne des Wortes wundervoll!
Autor:
Brian Selznick, geboren 1966 in New Jersey, ist ein vielfach preisgekrönter Illustrator und „New York Times“ Bestsellerautor. Er arbeitete nach seinem Designstudium als Dekorateur in einer Kinderbuchhandlung und fand hier die Inspiration, um selbst zu Zeichenstift und Feder zu greifen. Brian Selznick lebt in New York und San Diego.
Meine Zusammenfassung:
Gunflint Lake, Minnesota - Juni 1977: Seit seine Mutter vor 3 Monaten bei einem Autounfall starb, lebt der 12-jährige Ben bei Tante und Onkel, nur ein paar Schritte von seinem alten Zuhause entfernt. Der Junge ist von Geburt an auf einem Ohr taub, was ihm immer wieder Spott von seinem Cousin Robby einbringt. Eines Nachts treibt ihn die Sehnsucht zum ersten Mal seit dem Tod der Mutter wieder in sein früheres Heim. Und er findet Erstaunliches: Hinweise auf die Identität seines Vaters, von dem die Mutter nie sprach. Aufgeregt ruft er mitten in der Nacht und im Gewittersturm die Telefonnummer an, die er gefunden hat. Das Nächste was er weiß ist, dass er auf dem Boden liegt, es verschmort riecht und die Welt still geworden ist. Ein Blitz hat in die Leitung geschlagen. Jetzt ist Ben vollkommen taub. Aber auch dieser Schicksalsschlag kann ihn nicht bremsen. Sein Entschluss steht fest: Er wird nach New York gehen und seinen Vater finden!
Hoboken, New Jersey - Oktober 1927: Rose Kincaid liebt es, sich aus dem Haus zu schleichen um Filme zu schauen. Am liebsten die mit der berühmten Schauspielerin Lillian Mayhew. Doch als sie am Eingang ihres Kinos liest, dass dort jetzt ein Umbau zur modernen neuartigen Tonfilm-Technik stattfinden soll, ist sie wie vor den Kopf geschlagen. Denn Rose ist taub. Als ihr Vater sie dann auch noch ausschimpft, weil sie mal wieder Artikel von Lillian Mayhew aus seiner Zeitung ausgeschnitten hat, packt Rose ihren Koffer. Sie läuft von Zuhause weg, in die Stadt, die sie vom Fenster ihres Zimmers aus schon all die Jahre sehnsüchtig bewundert hat und deren Hochhäuser sie für sich aus Papier nachbaute: New York.
Meine Rezension:
Anders als in Brian Selznicks letztem Buch wird hier nicht abwechselnd in Text und Bild eine Geschichte gesponnen, sondern die Geschichte von Ben wird als Text, die von Rose in Bildform erzählt. Dabei gibt es ständig Berührungspunkte: Rose rennt in einem Sturm nach Hause, Ben hört den heraufziehenden Sturm im Haus seiner Mutter; eine Hand packt Ben am Handgelenk, auf der nächsten Seite sieht man, wie jemand nach Rose greift. Diese fließenden Übergänge machen schon bald klar, dass die Geschichte der beiden irgendwie zusammenhängen muss. Vor allem als beide dann nach New York reisen.
Die Liebe zu den geschilderten Dingen hat mich wieder in ihren Bann geschlagen. Sammlungen (wie sie als Kinder wohl jeder von uns in einer besonderen Schachtel hatte) in jeglicher Form und am Rande auch immer wieder Bücher. Aber das wunderbarste in diesem Buch war für mich das American Museum of Natural History. Es wird so herrlich beschrieben, dass ich am liebsten sofort losgezogen wäre und es mir selbst angesehen hätte. Die Wunder die man durch Bens und Roses Augen miterlebt, müssen einfach faszinieren.
Als ob die Geschichte an sich nicht schon berührend genug wäre, so ist Brian Selznick auch noch ein wunderbarer Zeichner. Ich finde seine in grau gehaltenen Zeichnungen und Schraffuren einfach nur wunderschön und habe bei vielen einige Zeit in stiller Betrachtung verbracht um allen Details gebührend Aufmerksamkeit zu schenken. Immer wieder blättere ich gerne hinein und bewundere diese kleinen Kunstwerke, die oft wie die Storyboards eines Films ablaufen.
Im Anhang hat Brian Selznick ein sehr ausführliches und aufschlussreiches Nachwort geschrieben und eine nicht minder ausführliche Bibliographie zu den Themen Gehörlosigkeit, Museen und allen möglichen anderen Dingen, die er in seinem Buch behandelt und zur Recherche verwendet hat (plus einiger Weblinks).
Auf der letzten Seite gibt es dann ein s/w-Foto des im Buch so oft erwähnten Dioramas. Was für eine passende Art, diese Geschichte abzuschließen.
Fazit: Ich habe mich so ungeheuer auf dieses neue Buch von Brian Selznick gefreut, nachdem „Die Entdeckung des Hugo Cabret“ seinerzeit mein Jahreshighlight war. Ich musste mich sogar selbst dazu zwingen, die Erwartungen etwas herunterzuschrauben, weil ich Angst hatte, enttäuscht zu werden. Aber diese Angst war vollkommen unbegründet. Brian Selznick ist wieder ein absolutes Meisterwerk in Text und Bild gelungen und ich bin schlichtweg begeistert. Ein wirklicher Geheimtipp für alle, die Hugo Cabret schon mochten, sich für Museen interessieren, gerne schöne Zeichnungen anschauen, selbst Gehörlos sind oder... oder einfach Alle.
10 von 10 Punkten!