"Ein Tag mit Herrn Jules" von Diane Broeckhoven

  • Ein sehr anrührendes Buch, welches in wenigen Stunden gelesen, aber viele Gedanken für einen langen Zeitraum gebracht hat. :-]


    Mir wurde dabei bewusst wie wenig Zeit uns nur geschenkt wird, bei einem normalen Ablauf, uns von unseren Lieben zu verabschieden (Sarg und weg). Und denke mir, dass frühere Zeiten ein ganz anderes Ritual innehatten, Leben und Tod gehörten gleichsam zum Alltag

  • Das ist ein ganz wundervolles Buch! Aufgrund extrem knapper Lesezeit in den letzten Tagen konnte ich es gezwungenermaßen nur in "Happen" lesen - nach einem turbulenten Tag dann vor dem Einschlafen 15-20 Seiten, und dann versöhnt und friedlich einschlafen - das war die genau richtige Dosis für diese schöne Geschichte!


    Eine in sich harmonische, tröstliche Geschichte, ohne Sentimentalitäten, ohne Herzschmerz, wunderschön in Worten gefasst.


    Die Ehe der beiden war ja wohl nicht immer nur Sonnenschein, und Alice hat wohl viel in sich hineingefressen, viel "nicht gesagt" aber es scheint eine total tiefe Liebe gegeben haben, und das zeigt sich auch an diesem letzten Tag. Einfach wunderbar, wie sie Jules noch einmal mit längst vergangenen Dingen konfrontiert und wie sie aus diesem letzten Tag Mut schöpft für die nächsten starken Tage und ihr Leben alleine.


    Die Rolle des austistischen Jungen passt sehr gut ins Buch, wie der - vorerst unterschätzte - Bub die Dinge in die Hand nimmt und Alice in seiner Naivität (im positiven Sinn) und Unkompliziertheit über den Tag hilft.


    Einfach schön. Dieses besonere Buch wird mir noch lange in Erinnerung bleiben!


    Übrigens: Das Buch ist bereits als Taschenbuch erhältlich!


    Herzliche Grüße!!

  • Ein schönes Buch, ein Buch zum Nachdenken, ein Buch zum Geniessen. :-)



    Sehr gut gefällt mir der Spruch am Anfang des Buches:


    "Was wir aus unserem Leben gemacht haben,
    läßt uns zu dem werden, was wir sind,
    wenn wir sterben.
    Und alles, absolut alles, zählt."


    Aus "Das Tibetische Buch vom Leben und vom Sterben"


    Klasse. :anbet

  • Ich habe das Buch letztes Jahr gelesen, nachdem Elke Heidenreich in ihrere Sendung "Lesen" es so gelobt hatte.
    Aber ehrlich gesagt, fand ich es nicht so toll, sondern eher etwas überbewertet. Die Themen Tod, Trauer und Autismus fand ich in dieser Form leider etwas belanglos und auch stilistisch sagte es mir nicht zu.


    Aber nach den vielen positiven Anmerkungen, habe ich wohl etwas überlesen oder mir ist vielleicht etwas entgangen.
    Zumindest gefiel mir die Ruhe und der Aufbau des Buches und ich würde ein weiteres Buch der Autorin ausprobieren.

  • Ich habe es nun auch durch und fand es sehr fein! Am meisten hat mich einfach die Tatsache beeindruckt und gerührt, daß Alice keinen Bock hatte, die üblichen Formalitäten in Gang zu bringen, sondern sich gestattet hat, einfach ihr Tempo bestimmen zu lasen, was den Abschied von Jules betrifft.


    Ein wahrer Glücksfall für sie, in David einen Verbündeten zu finden, aber sie beweist selber auch eine unheimliche Sensibilität, was ihn betrifft.


    Ich würde noch sagen, dies ist etwas für LeserInnen, die die Bücher von Noelle Chatelet mögen...

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Zitat

    Original von chiclana


    Oh, danke für den Tipp! :wave
    Dann werde ich mein Buch von N. Chatelet doch mal im SUB weiter nach oben legen. :-]


    Gute Entscheidung!

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Dank Wolkes spannender Rezi hab ich versucht das Buch in der Bibliothek zu bekommen.... In meiner gab es das nicht, aber dafür hatte die es hier in Berlin Wedding.... :-) Man kann ja vorher online schauen welche Bibliotheken in Berlin dieses Buch vorrätig haben ... Fand ich praktisch.... :-]


    Heute hab ich es in einem Rutsch durchgelesen... Und finde es ist ein sehr schönes Buch.... Ein bisschen traurig fand ich es schon.... Man hat ja nicht erfahren ob Jule Krank war.... Und wenn ein Mensch einfach so geht ohne vorher Gesundheitliche Probleme gehabt zu haben, ist es für die Angehörigen immer schwer mit dem Tod umzugehen.... Ich musste leider sowas schon einmal mit erleben und wünsche es keinem zu erleben....


    Gerne hätte ich noch erfahren wann sie sich von ihm getrennt hat... Wann sie es geschafft hat ihren Sohn anzurufen usw. ... Ein paar Seiten hätten es noch mehr sein können m.E. ...


    Dieses Buch bekommt von mir 4,5 von 5 Büchereulen...


    :wave

  • Ich fand das Buch dick genug, um die Gedanken anzuregen, sich Fragen zu stellen, wie man selbst gehandelt und gedacht hätte. Es war eben nicht alles vorgekaut, sondern Luft für eigene Vorstellungen.

  • Mir war das Büchlein ja eigentlich immer zu teuer für seine paar Seiten. Aber als ich es neulich bei Hugendubel auf dem Wühltisch sah (*winkt zu ParadiseLost*), habe ich es unbedingt mitnehmen müssen.


    Ein kleines, aber sehr feines Buch der leisen Töne. Wer hat schon zu Lebzeiten die Möglichkeit, von Angehörigen Abschied nehmen zu können? Alice holt dies eben am Tag des Todes von Jules, ihrem Mann, nach.


    Sie hat ihm noch einiges zu sagen, das sie ihm zu Lebzeiten lieber verschwiegen hat und dennoch möchte, daß er es weiß. Ihre Ehe hatte ihre Höhen, aber auch ihre Tiefen aber sie haben es gemeistert und waren letztlich über 50 Jahre miteinander verheiratet.


    Auch wenn es auf den ersten Blick befremdlich erscheint, daß Alice sich einen letzten Tag Zusammensein mit Jules "erschleicht", kann ich es doch nachvollziehen. Nachdem sie ca. 2/3 ihres Lebens mit ihm verbrachte, braucht sie diese Zeit, um sich wirklich von ihm zu verabschieden, sich mit seinem Tod abzufinden und sich Gedanken über Vergangenheit und Zukunft zu machen.


    Das Erscheinen des autistischen David hat mich erst ein wenig unangenehm berührt, doch er wird Alice zum Verbündeten und auch er trägt durch seine Art dazu bei, Alice den Abschied von Jules zu erleichtern.


    Ein dünnes Buch, aber dafür ein sehr, sehr schönes.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Batcat
    Mir war das Büchlein ja eigentlich immer zu teuer für seine paar Seiten. Aber als ich es neulich bei Hugendubel auf dem Wühltisch sah (*winkt zu ParadiseLost*), habe ich es unbedingt mitnehmen müssen.


    *Seufz* Genau das hat mich auch abgehalten... Aber auf die Wunschliste könnte es ja schon mal :grin Es gibt da diese Ausgabe für 6 Euro.... :write

  • Ich mochte "Ein Tag mit Herrn Jules" ja nicht, wollte der Autorin aber noch eine Chance geben.
    Deswegen habe ich Tage mit Goldrand von Diane Broeckhoven gelesen.
    Und, ehrlich gesagt, gefiel mir auch dieses Buch nicht besonders.
    Etwas belanglos, naja!


    Aber vielleicht mögen einige andere dieses Jugendbuch, dass mit "Ein Tag mit Hern Jules" einiges gemeinsam hat. Darum möchte ich es kurz vorstellen:



    Klappentext

    Der Januar ist für Elise immer eine Art zugiger Tunnel zwischen den Feiertagen und ihrem Geburtstag am Ende des Winters. Dieses Jahr haben die dunklen Tage vor ihrem Geburtstag einen Goldrand. Sie ist verliebt. Noch nie hat Elise mit einem Jungen so reden können wie mit Franz. Elise weiß, daß er seine eigenen Wege gehen wird und sich nicht anbinden läßt, und vielleicht ist diese Freundschaft gerade deshalb so etwas Besonderes für sie.



    zur Autorin laut Rückseite:
    Diane Broeckhoven, 1946 geboren, lebt in Belgien und arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften. Ihre Kinderbücher wurden schon mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Buchlöwen, dem wichtigsten belgischen Kinderliteraturpreis.


    Meine Rezension:
    Tage mit Goldrand - Diane Broeckhoven (ab 12)

  • Kurzbeschreibung(Von Amazon)


    In Diane Broeckhovens neuem Buch begegnen wir buchstäblich einer alten Bekannten: Alice, die nach dem Tod von Jules, ihrem Mann, ihrem Leben eine neue Richtung zu geben versucht und feststellt, daß es sie an Orte ihrer gemeinsamen Vergangenheit mit Jules führt oder dorthin, wo sie am Ende gar nicht bleiben will. Dabei ist Alice keineswegs weltfremd, sentimental oder voller Altersgrimm gegen die Gegenwart erfüllt. Mit Selbstironie und Humor, dankbar und offen, aber eben voller Sehnsucht nach dem Leben mit Jules beobachtet sie die Welt und wünscht sich auf ihren Reisen doch, bald wieder nach Hause fahren zu können. Ein komischer und zugleich rührender Höhepunkt in "Eine Reise mit Alice" ist das Kapitel "Ostende", das von Alice' Besuch bei ihrer jüngeren Schwester Esther in deren Ferienwohnung erzählt und zeigt, wie sehr die prägenden Gefühle die gleichen bleiben, auch wenn Jahrzehnte vergangen sind. Einfühlsam und genau, liebevoll und mitunter nicht ohne Sarkasmus erzählt Diane Broeckhoven von den Empfindungen und Gedanken, den Erlebnissen und Sehnsüchten einer alternden Frau, die sich nach dem Tod ihres Mannes, nach dessen ewiger Rechthaberei sie sich inzwischen sogar sehnt, nicht einfach in die Riege der "lustigen Witwen" mit ihrem krachenden Lebenshunger einordnen will, sondern auch allein auf einem gemeinsamen Leben beharrt. Nicht nur die, die "Ein Tag mit Herrn Jules" liebten, werden "Eine Reise mit Alice" ins Herz schließen.

  • Nachdem ich "Ein Tag mit Herrn Jules" letzte Woche in der Bücherei entdeckt habe, hab ich es kurzerhand mal mitgenommen. Zum Kaufen war es mir einfach zu teuer, wegen der wenigen Seiten. Heute hab ich es nun in einem Rutsch durchgelesen und es hat mir gefallen...es macht nachdenklich, was man sich alles in einer langen Ehe oder anderen Beziehung mit Eltern, Geschwistern, Freunden verschweigt. Ich fand es schön, daß Alice sich diesen letzten Tag mit Jules einfach nimmt, ihr gemeinsames Leben abschließt und sich von ihm verabschiedet. Und David macht diesen Tag einfach besonders. Im ersten Moment hat es mich etwas gestört, weil dann plötzlich Schluß war und nicht mehr erzählt wurde, wie sie ihren Sohn angerufen hat, aber im Endeffekt ist es okay so, wie es ist.

    Liebe Grüße
    Sabine


    Ich :lesend"Talberg 1935" von Max Korn

    Ich höre "Mein Leben in deinem" von Jojo Moyes

    SuB: 163

  • Was für ein Buch... als ich zuerst davon hörte, hab ich schon wieder gleich den Kloß im Hals gemerkt und wollte es doch lieber nicht lesen.
    Zum Glück habe ich mich überzeugen lassen und was soll ich sagen: Spitze.


    Warmherzig, leicht geschrieben mit so tollen, einfachen Worten, dass man anstatt der Traurigkeit angesichts der Situation Herzenswärme spürt.


    Das ist ein Buch nach meinem Geschmack!

  • Habe gestern dieses Buch auch in einem Rutsch durchgelesen. Bei einer Kurzgeschichte kann ich immer schlecht aufhören.


    Ein schönes, ein ruhiges Buch. Leider viel zu kurz. Diese Grundidee hätte die Autorin in meinen Augen mehr ausbauen können, mit mehr Details aus der gemeinsamen Zeit der beiden. Schöner wäre es auch gewesen mehr über den autistischen Daniel zu erfahren.


    Das sind auch meine einzigen Kritikpunkte an diesem Buch. Es war eine nette Kurzgeschichte die eher seicht bei mir ankam, aber deswegen auf keinen Fall uninteressant war.


    Das Lesen des Buches war keine Zeitverschwendung, sondern angenehm verbrachte Lesezeit.


    Von mir gibt es 7 Punkte, wegen der Kürze :grin

  • Eigentlich sollte dieses knapp 100 Seiten dünne Büchlein nur eine Zwischenlektüre zwischen zwei Büchern sein, ein Lückenfüller sozusagen. Es wurde aber viel mehr. Auf diesen wenigen Seiten gelang es der Autorin den Ablauf eines Tages zu schildern. Dabei entstanden trotz des ruhigen gefühlvollen Stils von Diane Broeckhoven keine Längen. An keiner Stelle kam Rührseligkeit auf. Trotz der Thematik des Todes und des Abschiednehmens, den tiefen Gedanken und der Trauer war das Buch sehr leicht zu lesen und vor allem nachzuempfinden. Diane Broeckhoven hat wieder einmal den Beweis erbracht, um Tiefe und Emotionalität zu erzeugen bedarf es nicht vieler Seiten, sondern nur einfühlsamer, unspektakulärer und sachlicher Worte. Aber meisten beeindruckte mich, wie sie es schaffte, den Leser zum Ende des Buches nicht in Trauer, sondern recht hoffnungsvoll zurückzulassen.


    Elke Heidenreich nannte Ein Tag mit Herrn Jules „ein liebenswertes Buch“, dem kann ich mich in meiner Bewertung nur anschließen.

  • Eigene Meinung:


    Ich habe dieses Buch für einen Euro als Mängelexemplar gekauft. Warum? Der Klappentext hat mich einfach angesprochen; der Umgang mit den Tod ist nicht zuletzt in unserer Wohlstandsgesellschaft mit ihrem Wunsch nach der eigenen "Unsterblichkeit" ein eher tabuisiertes Thema. Die Autorin, Diana Broeckhoven, hat einen offenen, und dennoch stillen Umgang mit diesem Thema gesucht.


    Alice steht, wie jeden Morgen, erst auf, als der Kaffeegeruch ihr Bett erreicht. Es ist ihr Morgenritual - Jules macht das Frühstück, die einzige Aufgabe, die er im Haushalt übernimmt, und weckt sie erst dann, wenn der Kaffee fertig ist. An diesem Morgen ist es anders. Sie steht auf und sieht ihren Mann auf der Couch sitzend... Er ist tot. Sie reagiert nicht hysterisch bzw. hochemotional, sondern sie überlegt, ob sie Notare, Bestatter und ihren gemeinsamen Sohn informieren soll, entscheidet sich aber dagegen. In Ruhe will sie Abschied nehmen, in Ruhe ihm erzählen, dass trotz seiner Verfehlungen es immer eine Liebe zwischen ihnen gab.
    Dieses Unterfangen, sich zu verabschieden, wird vom Nachbarsjungen, dem autistischen David, vermeintlich gestört. Dabei ist dieser genauso an feste Rituale gebunden wie Jules und Alice.


    Ein kurzes, aber ein schönes Buch über das Leben und das Sterben, über das Altern, über feste Rituale und vor allem über die Liebe. Ja, Jules hatte eine Geliebte, Olga, aber sie, Alice, verzeiht ihm; sie sagt ihm nicht im Leben, dass sie es weiß, sondern erst, als er in Ruhe gegangen ist. Erst dann bricht sie ihr Schweigen.


    Wenn auch stilistisch nicht sonderlich anspruchsvoll, ist diese Geschichte dennoch schön flüssig zu lesen; es lässt einem nicht mehr los, stimmt einem nachdenklich und das ist es, was dieses Büchlein ausmacht: Kurz, aber g'schmackig, wie die Kärntner sagen.

    „Die Literatur greift immer dem Leben vor.
    Sie ahmt das Leben nicht nach, sondern formt es nach ihrer Absicht.”

    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller und Aphoristiker

  • Hallo Eulen!


    Zitat

    Original von Morgana
    ... Ich hätte nur ein bißchen mehr 'Tiefgang' erwartet. Für meinen Geschmack hätte das Buch ruhig ein wenig dicker sein dürfen... ;-)


    Ich habe es letztes Jahr gelesen und war arg enttäuscht. Bei mir hat es weder Tränen hervorgerufen noch mit sehr bewegt. Es hat definitiv an der Kürze gelegen und am fehlenden Tiefgang. Und ich kann sehr wohl zwischen den Zeilen lesen und bin ein sehr gefühlvoller Mensch, aber bei diesem Büchlein war ich einfach nur enttäuscht vom Inhalt.


    LG Tanja