'Solaris' - Seiten 001 - 088

  • Rosha , für mich ist epische Breite in einem epischen Werk kein Mangel. Die Darstellung der Ergebnislosigkeit der Solaristik-Forschung bildet den Boden, auf dem der Plot sich abspielt. Der Mensch strebt immer nach Erkenntnis und je länger die Erkenntnislosigkeit dauert, umso stärker ist der Drang, das unlösbare zu lösen. Das liegt in der menschlichen Natur und das hat Lem in meinen Augen hier sehr gut skizziert. Ich fand diese Ausführungen im übrigen gar nicht sooo breit angelegt. Es waren doch eher Schnappschüsse.



    Zitat

    Das seltsame (und für mich eben unlogische) Verhalten von Kelvin hat in meinen Augen zu diesem Sachverhalt keinen Erkenntnisgewinn beigesteuert. Deshalb sehe ich nach wie vor den Bereich der Figurengestaltung als getrennt von der Prämisse des Romans.


    Da bin ich mir noch nicht ganz schlüssig, muss ich noch weiter lesen. Meine Theorie bisher ist, dass Solaris wie eine Art Halluzinogen auf die Akteure wirkt. Sie verfallen in eine Art Wahn, der sich mehr und mehr manifestiert, je länger sie sich auf der Station befinden. Und in diesem Wahnsinn werden nach normalem Ermessen unlogische Verhaltensweisen kreiert.


    Zitat

    Das ist die von mir bereits angesprochene Verquickung zwei verschiedener Kausalstränge. Die Frage nach dem fehlenden Reißverschluss ist eben nicht der Wunsch, den Ozean zu entschlüsseln, sondern ein Blick, der auf das Handwerk des Autoren geworfen wird.


    Ich vermute, die Suche nach Kausalität wird bei "Solaris" bis zum Schluss ergebnislos bleiben. Allerdings sehe ich das, wie bereits erwähnt, nicht als handwerkliche Schwäche sondern eben genau als das Gegenteil an. Mir ist schon klar, dass das einen klassischen SciFi-Fan auf die Palme bringt. Als ich als Jugendlicher "Solaris" las, ging es mir ähnlich. Ich wollte eine Erklärung für das Alles haben und konnte nicht akzeptieren, dass es diese nicht gibt. Aber die Tatsache, dass ich nach 30 Jahren wieder ungeheuer neugierig auf dieses Buch bin, zeigt eigentlich, dass es eine unglaubliche Langzeitwirkung hat. Aber ich lese jetzt erstmal weiter :wave

  • Zitat

    Original von Suzann
    Gibarians Heimsuchung war bzw. ist eine dicke Negerin.


    Habe ich da was überlesen? In meiner Vorstellung ist sie groß und körperhaft aber mit eleganter Grazie ausgestattet. :gruebel Der Terminus "Neger" war für 1961 ein ganz gewöhnlicher Ausdruck, und in keinster Weise mit rassistischen Gedanken behaftet. Um die Authentizität zu bewahren sollten Neubearbeitungen das auch so übernehmen. Zuviel Political Correctness würde hier einiges kaputtmachen.

  • Zitat

    Original von arter


    Habe ich da was überlesen? In meiner Vorstellung ist sie groß und körperhaft aber mit eleganter Grazie ausgestattet.


    Von Grazie steht bei mir leider gar nichts. Im Wortlaut heißt es:


    Aus der Tiefe dieses Seitenstollens kam mit gemächlichem, watschelndem Gang eine ungeheure Negerin. ... ; sie hatte riesige hängende Brüste, und die schwarzen Arme entsprachen den Schenkeln eines normalen Menschen; ... die elefantenhaften Hinterbacken wiegend, ähnlich diesen fettsteißigen Altsteinzeitplastiken...


  • Und ich beiss gierig rein, und beiss mir am kern einen zahn aus... :wow :chen

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Hallo Rosha, hallo Herr Palomar (und natürlich wen es sonst interressiert)


    Habe gerade keine Zeit, auf die weitere Diskussion einzugehen, mache ich morgen, aber hier mal zu Kunert:


    Ich kenne es aus:
    Reclam. Arbeitstexte für den Unterricht. Deutsche Kurzgeschichten 11.-13. Schuljahr.


    Orginalausgabe: Tagträume in Berlin und andernorts. Kleine Prosa, Erzählungen, Aufsätze. Hanser 1972


    Gibt sicher auch ein TB von DTV oder...


    Ist lange her, dass ich die Geschichte gelesen habe, habe sie kurz überflogen, er scheint sehr sachlich zu schreiben, die Ironie steckt erst im Ausgang der Geschichte.

  • Zitat

    Original von Rosha


    Von Grazie steht bei mir leider gar nichts. Im Wortlaut heißt es:


    Aus der Tiefe dieses Seitenstollens kam mit gemächlichem, watschelndem Gang eine ungeheure Negerin. ... ; sie hatte riesige hängende Brüste, und die schwarzen Arme entsprachen den Schenkeln eines normalen Menschen; ... die elefantenhaften Hinterbacken wiegend, ähnlich diesen fettsteißigen Altsteinzeitplastiken...


    Danke fürs Zitat, Rosha, ich glaubte schon fast, ein anderes Buch gelesen zu haben. :grin ;-)

  • Zitat

    Original von Wiggli


    Danke fürs Zitat, Rosha, ich glaubte schon fast, ein anderes Buch gelesen zu haben. :grin ;-)


    :chen und ganz egoistisch von mir auf andere schliessend, hab ich beschlossen, dass sie deshalb, weil sie mir abgesehen von der hautfarbe ähnlich ist, natürlich wunderschön ist, und Lem keine spur von irgendeinem geschmack hat, was frauen und echte weiblichkeit betrifft. Scheussliche Aphrodite... pha, hundsfott! :schlaeger wenn er gern ausgedörrte skelette zum beischlaf aus dem grab raubt, soll er... pha! :pueh

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Zitat

    Original von MagnaMater


    :chen und ganz egoistisch von mir auf andere schliessend, hab ich beschlossen, dass sie deshalb, weil sie mir abgesehen von der hautfarbe ähnlich ist, natürlich wunderschön ist, und Lem keine spur von irgendeinem geschmack hat, was frauen und echte weiblichkeit betrifft. Scheussliche Aphrodite... pha, hundsfott! :schlaeger wenn er gern ausgedörrte skelette zum beischlaf aus dem grab raubt, soll er... pha! :pueh


    MagnaMater
    :rofl :rofl :rofl Du bist so witzig! Ich fand es nämlich auch ziemlich gemein von Lem, so vom Leder zu ziehen gegen eine dicke Negerin und dann noch nicht einmal weitere Informationen dazu zu liefern. Die Figur war so einprägsam, dass ich erwartet habe, sie spiele zu späterer Zeit noch eine "gewichtige Rolle" (Mörderwitz :lache)


    Ich fand diese voluminöse, schwarze Frau weitaus beeindruckender als den schmuddeligen Snaut. Den habe ich mir sowieso als mickrigen Hänfling vorgestellt.

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. Franz Kafka

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  • Zitat

    Original von arter


    Habe ich da was überlesen? In meiner Vorstellung ist sie groß und körperhaft aber mit eleganter Grazie ausgestattet. :gruebel ...


    Ich habe das, was Lem wirklich geschrieben habe, auch einfach interpoliert und eine imposante, beeindruckende Erscheinung aus ihr gemacht.



    Helft mir mal: Wurde an irgendeiner Stelle konkret erklärt, wie die Dame in Snauds Kopf kam? Eine reale Person war sie ja nicht, meine ich mich zu erinnern, sondern sie existierte nur in seiner Vorstellung. Oder habe ich da etwas überlesen?

  • @ Clare


    Jetzt stehe ich auch ratlos da. Ich dachte, die dicke Negerin war Gibarians "Gast"? Wie die Gäste von Snaut und Sartorius aussahen, hat man leider nicht erfahren. Auch nicht, was es mit deren Gästen auf sich hatte.


    Was mich aber wirklich brennend interessiert hätte.

  • Zitat

    Original von Clare
    Helft mir mal: Wurde an irgendeiner Stelle konkret erklärt, wie die Dame in Snauds Kopf kam?


    Ich hatte mich das auch gefragt, aber ich glaube, im Buch wird das nicht weiter erläutert.
    Aber ich glaube auch, dass die Negerin Gibarians Gast war, da sie in dessen Kabine geht.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar


    Ich hatte mich das auch gefragt, aber ich glaube, im Buch wird das nicht weiter erläutert.
    Aber ich glaube auch, dass die Negerin Gibarians Gast war, da sie in dessen Kabine geht.


    Und sich im Tiefkühlraum an ihn gekuschelt hatte...

    smilie_sp_274.gif
    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Zitat

    Original von Rosha
    @ Clare


    Jetzt stehe ich auch ratlos da. Ich dachte, die dicke Negerin war Gibarians "Gast"? Wie die Gäste von Snaut und Sartorius aussahen, hat man leider nicht erfahren. Auch nicht, was es mit deren Gästen auf sich hatte.


    Was mich aber wirklich brennend interessiert hätte.


    Oh weh, da habe ich ja wohl schlecht aufgepasst. Vielleicht habe ich das angenommen, weil von Snauds Gast irgendwie kaum die Rede ist. Ich hatte mir eingebildet...
    Ich habe s gerade nachgelesen. Stimmt, die Dame geht in Gibarians Zimmer, als Kelvin auf dem Gang zum ersten Mal begegnet.


    Snauds Gast ist mir gar nicht präsent, da die korpulente Frau nun ja doch nicht dessen Gast ist.
    Über Sartorius' Gast erfährt man da schon mehr. Der scheint wirklich gruselig zu sein. Den Geräuschen nach und den flüchtigen, schnellen Bewegungen, die Kelvin zu Gesicht bekommt, stelle ich mir so eine Art irres Kind oder irre Zwergengestalt vor, jedenfalls nichts, dem ich begegnen möchte.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ja, das hat mich ziemlich irritiert, dass Sartorius Gast anscheinend ein Kind (da trippeln zu hören ist) ist.
    Auch das wird nicht weiter erläutert.
    Sartorius macht eigentlich keinen besonders väterlichen Eindruck.


    ich hab mir das so zurecht gebastelt, dass Sartorius, der Rabenvater, schuld am tod seines kindes ist, das ihm jetzt deshalb gehörig auf die nerven geht.


    Snauts besucherin hat für mich noch kein gesicht, er scheint ja ihr gegenüber sehr gewalttätig zu sein.


    Auf der Station sind überhaupt keine Guten.


    Gibrarian bringt sich ganz egoistisch um, und sein armer Gast 'trauert', anstatt dass er sich richtig um sie gekümmert hätte. Find ich irgendwie schäbig von ihm.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    ich hab mir das so zurecht gebastelt, dass Sartorius, der Rabenvater, schuld am tod seines kindes ist, das ihm jetzt deshalb gehörig auf die nerven geht.


    Das habe ich mir genauso gedacht. Würde passen zu dem gefühlskalten Ekel Sartorius. Vielleicht hat er das Kind auch zu Tode geprügelt, was man natürlich sehen würde. (Die Einstichstelle bei Harey war ja auch zu sehen.) Deshalb will er es natürlich unter keinen Umständen den Blicken seiner Kollegen aussetzen. Das würde sehr am Nimbus seiner makellosen Forscherexistenz kratzen.


    Und Snaut ist anscheinend auch einer, der gerne mal zuhaut. Vielleicht ist sein Gast auch grün und blau im Gesicht. Vielleicht hat Gibarian sich gar nicht wegen seiner dicken Negerin umgebracht, sondern weil er seine Kollegen nicht mehr ertragen konnte... :gruebel

  • Diese Unsicherheit, dass man nicht weiß, was es mit diesen anderen "Gästen" auf sich hat, besonders bei dem Kind, macht für mich einen Großteil der gruseligen Atmosphäre aus, die hier erschaffen wurde. Dass Lem alles im Vagen lässt, bietet Raum für allerhand Spekulationen, wobei die von MagnaMater mir eine durchaus plausible zu sein scheint.

  • Zitat

    Original von Rosha
    ... Vielleicht hat Gibarian sich gar nicht wegen seiner dicken Negerin umgebracht, sondern weil er seine Kollegen nicht mehr ertragen konnte... :gruebel


    Das könnte durchaus sein.
    Interessant wäre vielleicht auch, wie Snaud und Sartorius z.B. bei Antritt ihres Raumaufenthaltes waren. Entwickelten sie sich erst unter den extremen Bedingungen auf Solaris in der gelesenen Weise? :gruebel