Hier kann zu den Seiten 089 - 173 ("Die kleine Apokryphe" - "Ungeheuer") geschrieben werden.
'Solaris' - Seiten 089 - 173
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Als Kris auf Seite 103 das Buch von Otto Ravintzer liest, stolpere ich über den Satz:
"Jeder Wissenschaft steht immer irgendeine Afterwissenschaft zu Seite"Gemeint sind damit vermutlich Pseudowissenschaftliche Thesen
Ob das nur die Einstellung des Psychologen ist, oder auch Lems eigene Meinung wiederspiegelt?
Von einem Science Fiction-Autor könnte man Offenheit für alle Ideen erwarten, aber Lem selbst hat sich anscheinend nicht direkt als SF-Autor definiert.Mir gefällt die Bezeichnung "Der optimistische Pessimist", den
Der Spiegel für Lem fand.
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,408287,00.html -
Zitat
Original von Herr Palomar
Ob das nur die Einstellung des Psychologen ist, oder auch Lems eigene Meinung wiederspiegelt?
Von einem Science Fiction-Autor könnte man Offenheit für alle Ideen erwarten, aber Lem selbst hat sich anscheinend nicht direkt als SF-Autor definiert.Genauso empfinde ich es auch. Das Genre SF war für Lem nur eine "Notlösung" und nicht seine Leidenschaft. Schade.
Und jetzt muss ich meine große Verwunderung die Technik betreffend zum Ausdruck bringen:
War der Hersteller der Raketenabschussvorrichtung ein Sadist? Warum muss sich jeder, der eine Kapsel abschießt, das Gesicht verbrennen? Hallo? Kann man da nicht einen Schutz vorstellen? Einmal aus Versehen kann sowas schon mal passieren, aber alle drei Männer haben diese Verbrennungen davongetragen.
Das finde ich einfach nur blöd und als Element noch nicht einmal plotrelevant. Für mich wieder ein "Logikfehler".
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Zu der „Afterwissenschaft“: gemeint sind mE die, welche wir unter „esoterisch“ zusammenfassen. Genannt wurden ja auch, wenn ich das recht erinnere, z. B. Alchemie und Astrologie als Gegensatz zu Chemie und Astronomie.
Einen sehr wesentlichen Absatz findet man auf Seite 101 im ersten Kapitel dieses Abschnitts. Er beginnt mit Wir brechen in den Kosmos auf .... Zentral ist für mich der Satz:
Wir brauchen keine anderen Welten. Wir brauchen Spiegel. Mit anderen Welten wissen wir nichts anzufangen. Es genügt unsere eine, und schon ersticken wir an ihr.Und ganz kräftig nicken mußte ich zwei Seiten weiter, als da stand: Du solltest wissen, daß die Wissenschaft sich nur damit befaßt, wie etwas geschieht, und nicht warum etwas geschieht.
Genau so ist es, und das ist mMn eines der Grundübel.Weiter dann der Bericht von Berton. Da fiel mir nur eines ein: es ist nicht, was nicht sein darf. Im Zweifel ist der Beobachter halt verrückt.
Den ganzen Abschnitt über habe ich mich gefragt, wie ich mich in so einer Situation wohl verhalten würde. Eine sinnvolle Antwort habe ich (noch?) nicht.
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Zitat
Original von Rosha
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War der Hersteller der Raketenabschussvorrichtung ein Sadist? Warum muss sich jeder, der eine Kapsel abschießt, das Gesicht verbrennen? Hallo? Kann man da nicht einen Schutz vorstellen? Einmal aus Versehen kann sowas schon mal passieren, aber alle drei Männer haben diese Verbrennungen davongetragen.Das finde ich einfach nur blöd und als Element noch nicht einmal plotrelevant. Für mich wieder ein "Logikfehler".
So in etwa stelle ich es mir auch vor.
Die Tür der Abschussrampe schließt natürlich automatisch und riegelt damit die Station von den Gasen und dem Feuer ab. Es ist schließlich aber nicht so gedacht, dass Jemand einen Anderen in die Kapsel setzt und die Tür von außen schließt und ihn damit einsperrt. Normalerweise ist es so gedacht, dass der Raum schließt und man dann einsteigt, selber.
Deshalb kommen Kelvin und Co auch nicht mehr aus dem Raum, wenn die Kapsel zündet und startet. -
Zitat
Original von Clare
So in etwa stelle ich es mir auch vor.
Die Tür der Abschussrampe schließt natürlich automatisch und riegelt damit die Station von den Gasen und dem Feuer ab. Es ist schließlich aber nicht so gedacht, dass Jemand einen Anderen in die Kapsel setzt und die Tür von außen schließt und ihn damit einsperrt. Normalerweise ist es so gedacht, dass der Raum schließt und man dann einsteigt, selber.
Deshalb kommen Kelvin und Co auch nicht mehr aus dem Raum, wenn die Kapsel zündet und startet.Derjenige, der in die Kapsel steigt, kann ja nicht selbst die Verschraubungen am Riegel zumachen. Diese Halteschrauben sind schon vorhanden. Die bringt Kelvin nicht zusätzlich an.
Es muss also immer jemand außerhalb der Kapsel sein. Nach dem Zuschrauben wird der Start iniziiert. Ebenfalls von einer Person außerhalb der Kapsel. Für deren Schutz muss man sorgen. Die Abschussvorrichtung steht einfach am falschen Platz. -
Mich kann auch dieser Abschnitt nicht so recht überzeugen, gerade gegen Ende nicht. Da habe ich dieses lange letzte Kapitel quasi quergelesen. Solch langen Monologe mag ich nicht so sehr, hier mag es passen, aber für mich ist es zu trocken.
Bis jetzt ist es ähnlich wie in der amerikanischen Verfilmung, so weit ich mich zumindest erinnere. Ich bin gespannt, ob der nächste und letzte Abschnitt noch etwas mehr bringt. Wenn das Buch nicht so schmal wäre hätte ich es wohl schon abgebrochen.
ZitatOriginal von SiCollier
Zu der „Afterwissenschaft“: gemeint sind mE die, welche wir unter „esoterisch“ zusammenfassen. Genannt wurden ja auch, wenn ich das recht erinnere, z. B. Alchemie und Astrologie als Gegensatz zu Chemie und Astronomie.Genau, es wurden ja ein paar „Afterwissenschaften" genannt.
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Zitat
Original von Wiggli
Mich kann auch dieser Abschnitt nicht so recht überzeugen, gerade gegen Ende nicht. Da habe ich dieses lange letzte Kapitel quasi quergelesen. Solch langen Monologe mag ich nicht so sehr, hier mag es passen, aber für mich ist es zu trocken.Das war das Stück, als Kelvin aus dem mehrbändigen Solaristik-Werk eines gewissen Giese erzählt. Das ging bei mir von Seite 145 bis 165. Es wird berichtet, was dieser Ozeanschleim für Formen annimmt. Das war laaaaangweilig. Zwei Seiten hätten dazu auch gereicht.
Erfrischend fand ich lediglich den Einschub aus S. 161, als ein 15-jähriges Mädchen zitiert wird:
- Und wozu das Ganze ...?
Sie meint damit die ganze Solaris-Erforschung. Ich war von dem vorherigen Monolog so angenervt, dass ich ihr aus vollem Herzen zugestimmt habe.
Warum will Kelvin jetzt unbedingt die Projektion seiner Harey "behalten"? Zuvor hat er sich vor ihr geekelt, sich gegruselt und jetzt will er sie beschützen vor dem wirren Sartorius? Den Wandel in seiner Gesinnung hat uns der Autor vergessen mitzuteilen. Für mich wieder ein "Logikfehler" in der Figurengestaltung.
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Zitat
Original von Rosha
Das war das Stück, als Kelvin aus dem mehrbändigen Solaristik-Werk eines gewissen Giese erzählt. Das ging bei mir von Seite 145 bis 165. Es wird berichtet, was dieser Ozeanschleim für Formen annimmt. Das war laaaaangweilig. Zwei Seiten hätten dazu auch gereicht.
Ich fand das gerade interessant. Gerade auch die Berichte über den Ozean, von dem ich bis dahin noch keine rechte Vorstellung hatte. Und es ist nicht ganz unwichtig für die Vorstellungen, die man von den weiteren Geschehnissen gewinnt.
Wichtig auch der Bericht Bertons, auch die Art und Weise, wie die Wissenschaftler in der Kommission mit diesen Aussagen umgehen. Es macht Varianten deutlich, was es alles mit dem Ozean auf sich haben könnte. Ist er ein Wesen, gut- oder böswillig, oder werden hier ganz falsche Maßstäbe angelegt...Zitat
Warum will Kelvin jetzt unbedingt die Projektion seiner Harey "behalten"? Zuvor hat er sich vor ihr geekelt, sich gegruselt und jetzt will er sie beschützen vor dem wirren Sartorius? Den Wandel in seiner Gesinnung hat uns der Autor vergessen mitzuteilen. Für mich wieder ein "Logikfehler" in der Figurengestaltung.Kelvin verliebt sich in sie, je länger sie bei ihm ist. Er ist darüber hinweg, dass sie nicht Harey ist/sein kann, deshalb ekelt er sich auch nicht mehr. Snaud sagt irgendwo, dass sie immer menschlicher werden, je länger sie da sind, ohne dass man sie versucht loszuwerden. So wird sie für ihn zu einem neuen Wesen, das er umsorgen kann und das seine Einsamkeit und Isolation mildert. Sie ist mehr Harey, als es die wirkliche Harey je für ihn war. Und in gewissem Sinn kann er sie neu erschaffen.
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Zitat
Original von SiCollier
Einen sehr wesentlichen Absatz findet man auf Seite 101 im ersten Kapitel dieses Abschnitts. Er beginnt mit Wir brechen in den Kosmos auf .... Zentral ist für mich der Satz:
Wir brauchen keine anderen Welten. Wir brauchen Spiegel. Mit anderen Welten wissen wir nichts anzufangen. Es genügt unsere eine, und schon ersticken wir an ihr.Den absatz hab ich mir auch angestrichen, er erschien mir wie eine kritik der gängigen SF-literatur, die mehr den menschen und seine gesellschaft reflektiert, als wirklich etwas 'revolutionäres' neues erschafft - das gilt auch für die Fantasy, die meist eine Mittelalter-variante ist.
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Zitat
Original von SiCollier
Und ganz kräftig nicken mußte ich zwei Seiten weiter, als da stand: Du solltest wissen, daß die Wissenschaft sich nur damit befaßt, wie etwas geschieht, und nicht warum etwas geschieht.
Genau so ist es, und das ist mMn eines der Grundübel.Den hab ich mir auch angemerkt, den satz, aber deshalb, weil ich das grundübel der menschheit in der äusserung von vermutungen über das weiterausgreifende warum liegend halte.
Obendrein stimmt er nicht, denn das naheliegende warum, die unmittelbare ursache eines phänomens ist kern der erforschung und des verständnisses der welt.
Das 'wie' die Natur funktioniert, ist der wichtigere bereich, wenn man sie nachmachen will. Und das beinhaltet auch das naheliegende unmittelbare warum, das herausgefunden werden muss.
Alle weitergreifenden erklärungsversuche fallen ohne wiederholbarkeit und überprüfbarkeit unter esoterik. Indem man zum himmel um gewitter betet, kann man nichtmal feuer machen...
Da braucht es jemanden, der erkennt, dass wenn er diese beiden steine aneinander schlägt, um ein scharfes werkzeug zu machen, mit dem er die knochen fürs mark spalten kann, funken entstehen, die sein laub-und grasnest in flammen setzen können, wenn der wind richtig weht.Und dass, wenn er es wieder macht, und die funken im heu anbläst, er nochmal feuer hat. Aus der erkenntnis, dass er funken erzeugt, wenn er zwei harte steine aneinander schlägt, und die flammen größer werden, wenn er ins glühende stroh bläst, liefert ausreichendes warum es brennt, um in seiner gruppe immer wieder feuer zu machen.
Der wettergott mit seinen steinernen donnerkeilen und blitzbündeln wird erst hinterher als erklärungshilfe erfunden, wenn man schon weiss, wie das funken machen geht.
So eine kulturelle idee des warums war wahrscheinlich auch der grund, warum man im Acheuleen riesige, praktisch unbenutzbare, kaum transportierbare Faustkeile hergestellt hat, ausser kultgegenstand gibt's dafür keine erklärung.
Dann kommt aber eine andere gruppe, die weiss, dass dasselbe feuer auch entsteht, wenn man ein trockenes holzstück zu schnell schleift, und die holzsspäne nicht rasch genug wegbläst. Diese idee verursacht in relation zu einem funken-schlagenden himmels-ober-gott das erste erklärungs-problem, weil das feuerreiben keinen krach wie das zusammenschlagen der steine und auch der himmel beim gewitter und beim funkenschlagen macht. Da muss ein handwerksgott her, der's auch kann.
Warum-erklärungsmärchen, die weiter als das allgemein-gültige 'es wird heiß genug, wenn du fest schlägst/wenn du schnell reibst und reinbläst,' erzeugen zwar kulturelle vielfalt, aber auch wegen unüberprüfbarkeit der behauptungen grund zum streit zwischen den einzelnen gruppen, die sich andere versionen erzählen.
Oder auch nur andere sprachen zum erklären der welt verwenden.
Weiter vorn heisst es in dem buch, wie auch in Sagan: Mathematik ist die einzige universal gültige sprache. Auf mathematik beruhende naturwissenschaft ist eine eigene kulturform, die abstraktion aller sprachen, und in ihren resultaten kulturunabhängig, sie verlangt von einem aspiranten nur, dass er sich dinge abstrakt vorstellen kann. Sobald man die abstrakte sprache beherrscht, kann man alles nachvollziehen und überprüfen.Mit 'falschen' wortbildern kommt man zu einem falschen ergebnis:
Die rührende feststellung des mädchens, das behauptet hat, dass sich salz- und süßwasser nicht mischen, weil es so im koran steht, hängt damit zusammen, dass die kultur, in der diese geschichte entstanden ist, nicht die geringste ahnung hatte, wieso manches wasser salzig ist, und nicht genügend wasser zum experimentieren hatte, wie sich wasser mit wasserlöslichen stoffen verhält. Deshalb ist süßwasser ein ding, und salzwasser ein anderes.
Aus der warte sind meerwasser-entsalzungsanlagen und pasta-kochen in salzwasser fast ketzerei, weil es die verständniswortblöcke 'süßwasser' vs 'salzwasser' 'falsch', das heisst, quer durch den begriff in 'reines wasser' und 'darin gelöstes salz' aufspaltet.Wie kulturentscheidend die erzählten geschichten und auch die dafür verwendete sprache sind, zeigt auch das sprachverständnis der einzelnen gruppen: Von den sizilianern heisst es, dass sie hedonisten wären, die ausschliesslich im hier und jetzt leben, und das warum ist sehr leicht: der sizilianische dialekt entstand in einer begünstigten klimazone, die es unnötig machte, große vorräte zu sammeln, und hat darum keine zukunftsform. Wenn einer sprache die zukunftsform fehlt, kann das sie benutzende volk auch nicht vorausschauend für die zukunft planen, es interessiert nur das jetzt, was in der zukunft vielleicht draus wird, ist uninteressant.
Deshalb ist etwa auch der protestantismus in kalten gebieten entstanden: man macht sich das leben zur kargen hölle, weil man auf zukünftiges glück spart.
In sizilien lebt man, wie man lebt, wenn's geht, üppig, und wenn ein fehler aus der vergangenheit im jetzt quält, geht man zum priester, und redet sich das von der seele, und gott sieht, dass man einen fehler als fehler erkennt, und hatt's schon vergeben, und die weste ist wieder weiss, und man kann weiter machen, wie bisher.Jetzt wollt ich noch den bogen zur geschichte schliessen, dass polen in ihrer literatur ebenfalls etwas eigentümlich denken, das muss aber warten, denn ich muss arbeiten gehn.
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So jetzt hab ich in der hitze während der arbeit meinen text vergessen...
Ich dachte mir über die gesprächsführung bei Lem, dass sie mich in gewisser beziehung an Sapkowski's Narrenturm erinnert, und das sind nicht die direkte-rede-gedankenstriche, sondern eine gewisse atmosphäre, ein gewisser gedankenrhythmus, eine gedankenwelt, die in den gesprächen tradiert wird.
Irgendwie... ich weiss nicht... - Polnisch halt.
Ich les das jetzt nochmal, vielleicht fällt es mir wieder auf, und ich kann's nochmal greifen.
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Zitat
Original von Rosha
Das war das Stück, als Kelvin aus dem mehrbändigen Solaristik-Werk eines gewissen Giese erzählt. Das ging bei mir von Seite 145 bis 165. Es wird berichtet, was dieser Ozeanschleim für Formen annimmt. Das war laaaaangweilig. Zwei Seiten hätten dazu auch gereicht.
Erfrischend fand ich lediglich den Einschub aus S. 161, als ein 15-jähriges Mädchen zitiert wird:
- Und wozu das Ganze ...?
Sie meint damit die ganze Solaris-Erforschung. Ich war von dem vorherigen Monolog so angenervt, dass ich ihr aus vollem Herzen zugestimmt habe.
Was bin ich froh, dass ich mit diesem Eindruck nicht alleine bin! Dem Einschub des Mädchens habe ich auch mit vollem Herzen zugestimmt. Eine kürzere Fassung hätte mir auch eher zugesagt, wenn man es nicht weglassen möchte.
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Oh, mich hat der abenteuerbericht des piloten sehr interessiert.
Wie der garten zu schwarzem schleim zerfallen ist, hat mir sofort die Abenteuer des Captain Blaubär von Walter Moers in erinnerung gerufen, wie er auf der Kulinarischen Insel gelandet ist, die schiffbrüchige zuerst mästet, und dann, sobald sie fett genug sind, frisst.
Aber bislang bin ich noch nicht dahinter gekommen, was der autor eigentlich sagen will.
Was ich sagen wollte, war der Ausdruck Afterwissenschafft, ist sehr seltsam, dass Lem den hier verwendet, denn - das ist keine ungustiöse Endwissenschaft, sondern es handelt sich um Präwissenschaften: Alchimie ist die Mutter der Chemie, und Astrologie die Mutter der Astronomie... da wird das pferd von hinten aufgezäumt.
Mir ist auch schon wieder eingefallen, was so polnisch dran ist: diese langen gespräche, die eigentlich nichts aussagen, keine besondere message transportieren, ausser, dass man halt irgendwas miteinander spricht.
Ich glaub, das ist eine kunstform, die man während der langen diktatur entwickelt hat.
Tiefere Bedeutung, sofern man überhaupt eine findet, - ausser, dass das leben, das er sieht mittelmäßig, desolat und dreckig ist, ist verdammt gut versteckt. - Gut, etwa bei Sapkowski wird kuriosen anekdoten und verzerrten versionen bekannter geschichten mehr raum gegeben, aber der schreibt auch 40 jahre später und hat dickere bücher. -
Zitat
Original von MagnaMater
Aber bislang bin ich noch nicht dahinter gekommen, was der autor eigentlich sagen will.ZitatOriginal von MagnaMaterMir ist auch schon wieder eingefallen, was so polnisch dran ist: diese langen gespräche, die eigentlich nichts aussagen, keine besondere message transportieren, ausser, dass man halt irgendwas miteinander spricht.
Ich glaub, das ist eine kunstform, die man während der langen diktatur entwickelt hat.Interessant. Hast du schon viele polnische Autoren gelesen? Ich muss da nämlich passen und kann mir diesbezüglich kein Urteil erlauben. Das hört sich nach einem Thema für eine Doktorarbeit an...
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Ich hab den Teil über den Ozean mit Interesse gelesen und fand es in Teilen aufschlussreich, wobei der Stil einer wissenschaftlichen Arbeit natürlich sehr trocken zu lesen ist. Da hätte Lem sich wirklich auf das wesentliche beschränken sollen, das wichtig für die Handlung ist oder es uns in kleineren Happen servieren sollen. Gegen Ende bei den Symmetriaden und Antisymdingsbus musste ich mich zwingen den restlichen Quatsch nicht zu überfliegen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie er sich das aus den Fingern gesaugt hat, etwas zu beschreiben, was der menschliche Geist angeblich nicht begreifen kann...
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Zitat
Original von SiCollier
Einen sehr wesentlichen Absatz findet man auf Seite 101 im ersten Kapitel dieses Abschnitts. Er beginnt mit Wir brechen in den Kosmos auf .... Zentral ist für mich der Satz:
Wir brauchen keine anderen Welten. Wir brauchen Spiegel. Mit anderen Welten wissen wir nichts anzufangen. Es genügt unsere eine, und schon ersticken wir an ihr.Und ganz kräftig nicken mußte ich zwei Seiten weiter, als da stand: Du solltest wissen, daß die Wissenschaft sich nur damit befaßt, wie etwas geschieht, und nicht warum etwas geschieht.
Genau so ist es, und das ist mMn eines der Grundübel.Weiter dann der Bericht von Berton. Da fiel mir nur eines ein: es ist nicht, was nicht sein darf. Im Zweifel ist der Beobachter halt verrückt.
"Erkenne dich selbst" ist eine wichtige, meist vernachlässigte Forderung. Da Kelvin es letzten Endes bei Harey mit seinen eigenen Erinnerungen zu tun hat, müsste er eigentlich, v.a. als Psychologe diese aufarbeiten.
Ja, besonders bezogen auf das Ziel. Verantwortliche Wissenschaft!
Im real existierenden Sozialismus wurden Kritiker als "psychisch krank" betrachte, weil ein "vernünftiger Mensch" musste natürlich einsehen, dass die Partei recht hat.
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Zitat
Original von Rosha
Interessant. Hast du schon viele polnische Autoren gelesen? Ich muss da nämlich passen und kann mir diesbezüglich kein Urteil erlauben. Das hört sich nach einem Thema für eine Doktorarbeit an...
Kann sein, dass nur Sapkoswski Lem in der gesprächsführung in gewisser beziehung ähnlich ist, von dem hab ich (minus ein buch) alles (quer)gelesen, was übersetzt wurde. Bei der Narrenturm-trilogie ist das mit den gesprächen um des gespräches willen ganz schön langwierig, aber der autor erlöst einen gelegentlich durch einen witz, oder irgend ein phantastisches element.
Lem hat ja als lieblingsthema künstliche menschen, also insofern ist da keine ähnlichkeit, ausser diesen langen gesprächen, wo man nie erfährt, was die leute, die sie führen, eigentlich wollen...
gut, sie wollen eigentlich nichts sondern treiben nur so lethargisch (oft saufend) in ihrem eigenen leben...Was ich grad vorhin posten wollte, bevor ich euch gelesen hab, war, dass ich fand, was Lem zu einem visionär macht: weil er den aufbau der 'künslichen' menschen/die künstliche materie von Solaris schon 1968 so beschreibt, wie diesweltliche materie nach aktueller meinung tatsächlich beschaffen ist, dort haben sie Mesonen - und wohl auch Anti/Quarks mit ihren flavours.
1964 waren diese 'Gottesteilchen' als erste definiert, und vier jahre später tauchen sie in Solaris auf, also sind sie für SF-literatur fast up to date.
Demzufolge wären der beschreibung dem, was für menschen real gilt nach, die Solaris-geschöpfe 'realer' als die im buch vorkommenden 'menschen', die sie untersuchen.
Dass ein psychologe aber die subatomaren kraftfelder im normalen mikroskop in einer raumstation mit vorhängen und türklinken findet, ist äusserst spleenig...
Und mir kommt dabei so der verdacht, die weniger tief in die kleinen kraftfelder greifenden menschen, die ihre 'gäste' untersuchen und diskutieren sind der eigentliche fake.Harey ist nämlich bis in kleinste dimensionen real, die andern 'menschen' sind es nicht, denn sie sind ab der Atomebene hohl...
verdammt schräg, das buch aus dieser warte, aber ich mag sowas.Erinnert mich irgendwie an Blade-Runner, wo die replikatoren auch menschlicher als die menschen waren
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Zitat
Original von MagnaMater
Demzufolge wären der beschreibung dem, was für menschen real gilt nach, die Solaris-geschöpfe 'realer' als die im buch vorkommenden 'menschen', die sie untersuchen.
...Harey ist nämlich bis in kleinste dimensionen real, die andern 'menschen' sind es nicht, denn sie sind ab der Atomebene hohl...
verdammt schräg, das buch aus dieser warte, aber ich mag sowas.Du hältst uns gerade einen Vexierspiegel vors Gesicht, bzw. vor die Geschichte. Eine weitere, sehr interessane Perspektive, aus der man "Solaris" betrachten kann. Toll!
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und ich hab gar nicht am löschblatt genuckelt, wie das schriftsteller und auch wissenschafter in den 60ern gern taten - solche gedanken kommen mir im nüchternen normalzustand...
aber jetzt hab ich das kapitel mit der solaristik - dem buch im buch - nochmal gelesen - besonders die tollen symmetriaden... das was ich bei den architektonischen hallen und gewölben diesmal sofort vor dem inneren auge gesehen habe, ist das innenleben von zb knochen. So wie sie beschrieben sind, gleichen sie zb der 'architektur' der oberschenkelknochen - oder man kann jedes beliebige organische leben einsetzen - etwa fossilien, ammoniten die alle für sich unglaublich schön sind.
Und letztendes beschreibt Lem hier das leben/lebende körper an sich, das/die sich bildet/n und wieder zerfällt/allen, ohne dass man von aussen her einen sinn daran erkennen könnte.
Der absatz mit der geometrie war sehr schön, denn tatsächlich lässt sich jede beliebige form - und auch deren veränderung mit geometrie darstellen. Dass man mit geometrie das so sein beschreibt, und dass man - zumindest derzeit wegen der vielen unbekannten umsonst - nach einer gesamtformel sucht, und sich die mathematischen Solaristen in Sinnsuche verstiegen haben, ist kurios.
'Mathematik' so wie für die Symmetriaden beschrieben, existiert in der natur eigentlich für sich selbst, gleich, ob lebewesen sie erkennen und nachvollziehen können. Mathematische formeln werden entdeckt, nicht erfunden.Und die warum-frage des mädchens ist schräg, denn letztendes ist warum eine sehr oberflächliche, vernachlässigbare frage, irgendwie so typisch für eitle menschen, die gern alles auf sich selbst beziehen möchten, als bräuchte alles, eine für sie verständliche erklärung, die man gar nicht verlangt, wenn man sich in der betrachtung/beschreibung der schönheit / des überwältigenden (der zerfall, die zerstörung ist toll geschildert) des so völlig anderen verliert.
Das platte warum zerstört die poesie.
Und ist hier, grad an einer der schönsten, sich an das phänomen Lem-hirn-plasma herantastenden phasen im buch, sehr störend.
Warum fragt man, wenn man nicht erkennt, dass der sinn im so-sein selbst liegt. Es gibt auf warum nur eine gültige antwort: genau darum.Vielleicht sollte man hier eines der Liebesgedichte Rumi's einfügen, das das auflösen des betrachters im betrachteten durch den akt des betrachtens schildert, hat Lem verabsäumt, aber vielleicht drückt er das mit der figur von Harey selbst aus.
Naja, vielleicht seh ich es auch zu sehr aus der perspektive der land-art, wo fragile kunstwerke einfach so in die landschaft gestellt werden, damit die natur sie durch erosion wieder zerstört, sie ist zutiefst sinnlos und es geht nur um die gestaltung, ist irgendwie wie Mandala-streuen, obwohl das viel aufwändiger ist, als steine/holz übereinander zu balancieren, und anzuordnen, ein mandala wird aktiv zerstört, und bei landart spielt man mit der natur und freut man sich, wenn man das nächste mal dort vorbei kommt, und es ist inzwischen zerfallen, denn dann kann man, wenn einem grad danach ist, wieder ein neues aufstellen.
Was ich mich grad frag, warum holt Kris eigentlich die Kapsel mit Harey 1 nicht zurück? Was ist in der kapsel jetzt drin? Schleim, oder Harey 1 oder bildet sich Harey neu, verschmilzt sie mit ihrer 2. version... Das wäre sehr spannend. Das hätt ich sofort getan, wenn Harey 2 auftaucht. Vielleicht fällt's ihm noch ein, aber ich bin noch nicht soweit.