'Solaris' - Seiten 089 - 173

  • Also bei der Beschreibung von unbeschreibbaren Dingen ist Lem in seinem Element. Ich kann mich dunkel an den Roman "Eden" erinnern, wo er genauso detailverliebt selbst erdachte Welten mit akribischer Präzision erschafft. Das führt natürlich bei "Solaris" dazu, dass es in dem Mittelteil keine wirklichen Entwicklungen in der Handlung mehr gibt. Aber interessant ist das schon zu lesen. Besonders die Symmetriaden haben es mir angetan. Es bildet für mich keinen Widerspruch in der Logk wenn Lem das macht. Er unterstreicht damit eigentlich nur, dass die Menschen den Ozean zwar mit ihren Mitteln klassifizieren, analysieren und beschreiben können, aber die Frage nach dem Sinn und der Funktionsweise kann nicht einmal im Ansatz beantwortet werden.


    Dass Kelvin sich mit Harey "arrangiert" ist für mich logisch. Was soll er sonst tun. Er weiß, dass er sie nicht töten kann, also akzeptiert er jetzt ihr Dasein, weil es für seine Psyche die einzige Möglichkeit ist, zu bestehen.

  • Ja, die Symmetriaden sind einfach toll - aber auch die Asymmetriaden haben's in sich, und die haben ja zwei schock leute 'gefressen', also geh ich davon aus, dass der Solaris-schleim menschen inzwischen eigentlich sehr gut kennt...



    Ich frag mich trotzdem noch immer, warum Kris Harey beim ersten mal ins all geschickt hat, Harey 1 hat ihm ja nichts getan, ich mein, man arrangiert sich doch schneller mit einem schatten.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Ich würde es als eine Art Blackout ansehen. Zu dem Zeitpunkt weiß er noch nicht, dass er das Problem damit nicht löst. Er sieht das Wesen als Monster an, als Erscheinung die von einer feindseligen Lebensform erschaffen wurde, möglicherweise mit dem Ziel ihn zu vernichten. Kelvin fühlt sich bedroht und glaubt sich mit dieser Tat befreien zu können.


    Bei Harey 2 hat er seine Gegenwehr aufgegeben. Es ist der Weg des geringsten Widerstands, den "Gast" als wahrhafte Person zu akzeptieren. Das Gefühl der "Liebe", das er zu verspüren glaubt ist auch lediglich eine unbewusste psychologische Schutzreaktion um die Ausweglosigkeit der Situation irgendwie zu ertragen.

  • Wieso soll das ein monster sein? Warum nimmt er sofort das schlechteste an? Wenn man jemandem umbringen will, neben dem man sich materialisiert, geht man hin und tut das, bevor er ganz wach ist. Er atmet ja noch immer, also kann er davon ausgehen, das ding will was von ihm.


    So wirr und hilflos, wie sie ganz offensichtlich ist, muss sie ja beschützt werden - sie appelliert zumindest an MEINE beschützerinstinkte, seit ihrer ersten antwort, sie wisse nicht, wo sie herkomme.


    Ich würde annehmen, dass egal, was dasda vor mir ist, das noch nie vorher gemacht hat, und keine ahnung davon hat, was es da tut, es ist eine art riesenkind, das nach dem prinzip learning by doing vorgeht.


    Hmm, bei der betrachtungsweise, weiss ich auch, warum die automaten weggesperrt wurden: wer nicht weiss, was er tut, macht die dinger auch gern mal kaputt.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Gut, MagnaMater, ich glaube das kriegen wir nicht mehr ausdiskutiert. :lache Also ich denke, wenn einem in einer feindlichen Umgebung Tote begegnen, kann das schon eine beträchtliche Spannbreite möglicher Reaktionen nach sich ziehen. Ich kann auch unmöglich spekulieren, wie ich in so einer Situation reagieren würde.

  • Das hat mich auch gestört, dass Kris "seine" Harey einfach mal ins All geschossen hat. Gsd ist er nicht mit dem Messer auf sie losgegangen. Warum wählt der Ozean Harey als Erscheinung aus, die ja offenbar ein Trauma bei Kris hinterlassen hat? Warum erscheint nicht der Vater, der Bruder, die Oma...

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Zitat

    Original von Suzann
    Warum wählt der Ozean Harey als Erscheinung aus, die ja offenbar ein Trauma bei Kris hinterlassen hat? Warum erscheint nicht der Vater, der Bruder, die Oma...


    Ich finde auch schade, dass man darüber nicht mehr erfährt. Wenn man wenigstens die Gäste von Snaut und Sartorius noch vorgestellt bekommen hätte, wären weitere Vergleiche und Rückschlüsse möglich gewesen. Lem baut etliche Fährten in seinen Plot ein, die er leider wie lose Enden baumeln lässt und sie am Ende nicht zusammenführt. Das ist für mich als Leser unbefriedigend.

  • :gruebel Komischerweise hatte diese Frage für mich gar keine Zweifel aufgeworfen. An irgendeiner Stelle beschreibt Lem ja, wie sich Kelvin das vorstellt, dass der Ozean die Erinnerungen auflöst. Er spricht - ich zitiere das aus dem Gedächtnis, kann auch etwas anders geheißen haben - von "isolierbaren Erinnerungskapseln", außerdem ist irgendwo von Schuldgefühlen die Rede, die die Bildung dieser Zusammenballungen befördern. Die Erinnerung an Harey, besonders an ihren Tod ist wohl das markanteste Erlebnis Kelvins, welches diese für den Ozean am einfachsten identifizierbare Spur gelegt hat.