'Solaris' - Seiten 174 - Ende

  • Wie weit bist du denn gekommen?


    Oh, ich habe durchgehalten, aber wirklich gelohnt hat es sich leider nicht. Wieder so langweilige und langwierige Stellen, wirklich erhellendes erfährt man leider nicht. Da hat mir die amerikanische Verfilmung doch um weiten besser gefallen. :-[

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Also, ich kann momentan keinen Grund sehen, warum ich den Roman weiterlesen sollte.
    Lem ist nur kalt!
    Ich finde die Tarkowslij-Verfilmung grandios, aber Lem hat literarsich wenig zu bieten.
    ...
    Ich habe dann doch noch weitergelesen, es kommen noch einige philosophische Abschnitte, die doch nicht so schlecht sind.


    Ich habe auch bis zum Ende gelesen, und da kommt sie dann doch noch, die moralische Aussage, auf die ich wartete.
    Alles in allem muss ich auch sagen, dass mich der Roman nicht restlos überzeugt hat, auch wenn er sich gut durch las und Lem sich Mühe gegeben hat mit allem, was Solaris als Planeten und als Wesen betrifft.


    Alles, was sich auf der menschlichen Ebene abspielt, lässt Lem relativ emotionslos geschehen, so dass der Leser immer in einer gewissen Distanz bleibt. Das kann man mögen oder auch nicht. Aber es passt für mich zu Lems Kritik, so habe ich es zumindest verstanden, dass der Mensch als Forscher sich selbst zum Maß aller Dinge, zur Krone der Schöpfung macht und an alles, was er entdeckt, seine, also menschliche Maßstäbe anlegt und sich dann auch noch wundert, dass er nichts versteht.


    Interessanterweise erweist sich für mich die erschaffene Harey als die "Person" mit dem größten Gefühlsreichtum, den tiefsten Stimmungsschwankungen, die man ihr auch abkauft, und durch ihren quasi Selbstmord auch als die, die am stärksten an den Anderen, in diesem Fall Kelvin, denkt.


    Und ich gebe dir Recht, Herr Palomar:
    Die Tarkowskij- Verfilmung löst mehr in mir aus als das Buch.

  • Zitat

    Original von Wiggli
    Wieder so langweilige und langwierige Stellen, wirklich erhellendes erfährt man leider nicht.


    Ich nehme an, daß das die Stellen sind, die mir am besten gefallen haben. :rolleyes


    In meiner Erinnerung gab es viel mehr Beschreibungen über die Vorgänge des "Ozeans", als ich sie jetzt vorgefunden habe.


    Das Buch hat nicht den Eindruck wie beim ersten Lesen gemacht, mir aber dennoch gut gefallen. Je mehr ich drüber nachdenke, umso mehr komme ich dahin, daß ich an beide Verfilmungen praktisch keine Erinnerungen habe. Mal sehen, ob ich demnächst irgendwann die Zeit finde, die anzusehen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Wie bei Wikipedia nachzulesen ist, hielt Lem von den Solaris-Verfilmungen nichts. :chen Hat ihn vielleicht geärgert, dass die besser waren, als sein Buch... *hüstel*


    Hätte ich das Buch nicht im Rahmen einer Leserunde gelesen, nach 50 Seiten wäre Schluss gewesen. Jetzt, nachdem ich es vollständig gelesen habe, kann ich rückblickend sagen: Ich hätte meinem Impuls folgen sollen.


    Der Plot war fehlerbehaftet, die Protagonisten wirken seltsam und "unecht". Trotz der Perspektive des Ich-Erzählers wird man als Leser nicht in die Geschichte mit hineingenommen. Es bleibt eine Distanz zum Geschehen und den Figuren.


    Auch in diesem Abschnitt des Buches hat Lem wieder ausgiebig schwadroniert. Ich bin der Meinung, in einem Roman haben Vorträge und Endlosmonologe nichts zu suchen. Sie bremsen den Lesefluss und haben mich an staubtrockene Vorlesungen erinnert.


    Was wollte uns der Autor mit diesem Roman mitteilen?


    Daran überlege ich immer noch herum. Eine schlüssige Antwort habe ich noch nicht gefunden. Um den Ozean an sich, ging es Lem vermutlich nicht. Die Solaristik war die Bühne für seine Botschaften. Die da wären? Nun, ganz eindeutig die Kritik an der Wissenschaft, die sich zur Gottheit erklärt. Beinahe zum Schluss bringt Lem noch einen Seitenhieb auf Gott selbst, mit der Benennung des gebrechenhaften Gottes.


    Ich habe heute bei Wiki ein wenig über Lem nachgelesen und mein Eindruck, dass Sci-Fi nicht seine Leidenschaft ist, fand ich in folgendem Zitat bestätigt:


    Zitat

    Lems (selbst)ironische Einstellung zum Science-Fiction-Genre wird im Einleitungssatz der Kurzgeschichte „Pirx erzählt“ deutlich, wo der Ich-Erzähler sagt: „Utopische Bücher? Doch, die mag ich, aber nur schlechte.“

  • Aus dem beschriebenen Verhalten von Kelvin kann man eine Botschaft ziehen: Es ist wichtig, sich der Trauer zu stellen, beim Todesfall eines Nahestehenden. Man muss Trauerarbeit leisten, den Schmerz zulassen, ihn aushalten. Wenn man ihn verdrängt, wird man irgendwann davon eingeholt.


    Ich glaube, Kelvin hat sich dieser Trauer nicht gestellt. Darum will er unbedingt das Harey-Duplikat "behalten". Auch als sie weg ist, ist Kelvin immer noch nicht bereit, loszulassen. Statt zu trauern, hängt er seine Erwartungen an Solaris, hofft auf eine Wiederkehr Hareys. Ziemlich traurig finde ich das und ein Mahnmal für andere, es besser zu machen. Also habe ich dem Buch nun doch noch eine Message abgepresst... ;-)

  • Zitat

    Original von Rosha


    Ich glaube, Kelvin hat sich dieser Trauer nicht gestellt. Darum will er unbedingt das Harey-Duplikat "behalten". Auch als sie weg ist, ist Kelvin immer noch nicht bereit, loszulassen. Statt zu trauern, hängt er seine Erwartungen an Solaris, hofft auf eine Wiederkehr Hareys. Ziemlich traurig finde ich das und ein Mahnmal für andere, es besser zu machen. Also habe ich dem Buch nun doch noch eine Message abgepresst... ;-)


    Die Message, die ich am ehesten herauslesen würde, wäre eine Kritik an der menschlichen Arroganz, mit der er alles beurteilt, erforscht , einordnet und bewertet, wobei immer davon ausgegangen wird, dass sich alles unter menschlichen Voraussetzungen und Vorstellungen beurteilen lässt. Wohl gemerkt: wir befinden uns im SF-Bereich, und es geht um die Erforschung fremder Lebensformen.
    Letztendlich lässt sich diese Moral von der Geschicht aber auch auf irdische Vorfälle der Geschichte übertragen (Entdeckung fremder Kulturen, Kolonialisation...).

  • Zitat

    Original von Clare
    Die Message, die ich am ehesten herauslesen würde, wäre eine Kritik an der menschlichen Arroganz, mit der er alles beurteilt, erforscht , einordnet und bewertet, wobei immer davon ausgegangen wird, dass sich alles unter menschlichen Voraussetzungen und Vorstellungen beurteilen lässt. Wohl gemerkt: wir befinden uns im SF-Bereich, und es geht um die Erforschung fremder Lebensformen.
    Letztendlich lässt sich diese Moral von der Geschicht aber auch auf irdische Vorfälle der Geschichte übertragen (Entdeckung fremder Kulturen, Kolonialisation...).


    Das ist vermutlich die zentrale Botschaft, die Lem darstellen wollte. Und sie ist im auch gelungen, finde ich. Da wundert es eigentlich auch nicht, dass die Protagonisten einem nicht nahe kommen. Lem mochte sie wahrscheinlich selber nicht, schließlich gehörten sie der Berufsgruppe an, der er gegen den Karren fahren wollte. :rolleyes :grin

  • Auch wenn das Buch so ab der Mitte nicht mehr so spannend war, wie am Anfang, hat es mir doch ganz gut gefallen.


    Ich denke, ob einem das Buch gefällt hängt auch mit der Erwartungshalung zusammen. Lem geht es sicher nicht um die typischen SF-Elemente und noch nicht einmal wirklich um die Handlung. Es geht um Gedanken.
    Er entwirft eine Situation, in der Kelvin fast komplett isoliert ist (die Kollegen sind entweder nicht erreichbar oder verweigern das Gespräch gerade über die wichtigen Punkte) und mit sich selbst (in Form von Harey) konfrontiert wird. Er scheitert dabei, wie Rosha sehr schön erklärt hat.


    Natürlich steckt auch Wissenschafts- und Gesellschaftskritik im Roman.

  • Zitat

    Original von legein
    Ich denke, ob einem das Buch gefällt hängt auch mit der Erwartungshalung zusammen.


    :write Absolut. Allerdings muss ich sagen, dass ich keine ausschließliche Fixierung auf SF-Romane habe. Ich lese mich durch alle möglichen Genres (Vampirromanzen ausgenommen) und bin für vieles aufgeschlossen.


    Meine Erwartungshaltung an "Solaris" war bestimmt nicht auf Action ausgerichtet. Ich mag philosophische Betrachtungen eigentlich sehr gerne, aber Lem ist es nicht gelungen, seine Botschaften durch die Protagonisten lebendig werden zu lassen. Mir kam es eher so vor, als wären Essays zwischen den normalen Romantext geschoben worden.


    @ Herr Palomar:


    Ein weiteres Buch von Lem zu lesen, würde mich auch reizen. Sein Schreibstil an sich hat mir nämlich sehr gut gefallen. Er kann unglaublich dicht schreiben und schafft damit Atmosphäre.


    Auf meinem SuB liegt noch "Die Sterntagebücher". Die werde ich mir vermutlich in nächster Zeit zu Gemüte führen.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Vielleicht sollte man zum Vergleich noch einen anderen Lem-Roman lesen. :gruebel
    Aber es gibt anscheinend viele. Welcher könnte in ähnliche Richtung gehen und ebenfalls Bedeutung haben?


    Hast du ein bestimmtes Buch im Auge? Hast du schon andere gelesen (bestimmt :grin)?


    Unsere Bibo hätte diverse Romane und Erzählungen Lems vorrätig. Aber welches nehmen?

  • Zitat

    Original von Clare
    Hast du ein bestimmtes Buch im Auge?


    Nein!


    Zitat

    Original von Clare
    Hast du schon andere gelesen ?


    Ich habe mal ein Buch von Lem gelesen, dass ich gut fand. Aber das ist lange her und ich weiß den Titel nicht mehr. Weitere Versuche waren nicht geglückt.

  • Mir gehn in diesem abschnitt die langen, eigentlich sinnlosen gespräche auf die nerven, die zu keinem ergebnis kommen, ausser, dass sie aneinander und am punkt der sache vorbei gehen.
    Bevor man sowas redet, sollte man besser den mund halten, bis man was gefunden hat, dass es wert ist, es zu besprechen.


    Drum hab ich vorgestern an der stelle wieder - den falschen band - der anderen Leserunde aufgenommen. Auch das wetter hier taugt nur zum sauerteigmachen, und nicht zum verfolgen von sinnlosgesprächen - es ist zu heiss, drum les ich lieber von magischen eiswällen mit anderen, kalthändigen untoten.



    Hier denk ich mir langsam wirklich, dass die 'besucher' echt sind, und die forscher falsch, weil keiner so denken kann, wie die sogenannten forscher... - gut, ihre sandkasten-gockel-diskussionen könnte man manchmal bösartig als typisch männlich bezeichnen, aber sie sagen darum auch nichts aus, ausser der versuch von meinungsdominanz.


    :gruebel Eigentlich kurios, dass ausser den besuchern keine frau an bord ist...


    Und mir gefällt die opferrolle nicht, die Lem den Besuchern - wie Harey - bzw, die Kris seiner ex-freundin zuweist, der S-naut übt seinem besucher gegenüber gewalt, und der andere... Sartorius will glatt das kind, das ihn offensichtlich besucht, loswerden.


    Wie wär es damit, sich mal mit den besuchern gemeinsam zu treffen, dass sie sich und man einander anhand der besucher kennen lernen kann?


    Bitte, das macht man am zweiten tag in einem sesselkreis: das ist der neue, und das ist seine Harey. Erzähl uns mal Kris, wer war Harey für dich?
    Harey, hör aufmerksam zu, wenn du es noch nicht weisst.
    So wie hier mit dem geheimhalten seiner gäste bringt das doch irgendwie alles nix. Da kann man keine gemeinsamkeiten zwischen den gästen studieren. Das plasma kennt keine individuen, dann sollte es sich vielleicht einmal selbst gegenseitig kennen lernen. Vielleicht kommen die eifersüchtig vor den anderen gehüteten gäste da auf eine gemeinsame basis, entwickeln eine eigendynamik, und lernen was draus, wenn die 'Adame' es schon nicht begreifen...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Hier denk ich mir langsam wirklich, dass die 'besucher' echt sind, und die forscher falsch, weil keiner so denken kann, wie die sogenannten forscher... -


    Applaus! Das ist die Erklärung schlechthin. :grin Ich finde das Benehmen der drei Forscher durchweg suspekt (bzw. unlogisch). Aber wenn sie die ozeaninduzierten Gäste sind, dann brauchen sie ja nicht nach menschlichen Maßstäben logisch zu handeln, denn sie sind ja keine Menschen!


    Magna, du hast's drauf! :anbet


    Zum Frauenbild: Das ist in Werken, die in dieser Zeit (meist von Männern) geschrieben wurden, meistens sehr jämmerlich. Beliebte Schubladen, die für Frauen aufgezogen werden sind da "das Weibchen", das sich an ihren Helden schmiegt und "das Opfer", das vom strahlenden Helden gerettet werden muss. Insgesamt meistens nur schmückendes Beiwerk. Darüber rege ich mich gar nicht mehr auf. Bei alten Sachen zumindest. In neuen Romanen verlange ich deutlich mehr und Besseres! ;-)

  • Versuch GRRMartin - Eis und Feuer wenn du es noch nicht hattest: da gibt's auch männer als 'Opfer' - gut, die ganze buchreihe besteht nur aus opfern, und gelgentlich trifft es auch die, die's wirklich verdienen. :grin Leider bleiben meist die falschen wirklich tot, und die, die man nicht haben will, werden durch mindestens dreierlei arten von nekromantie zu manchmal richtig widerwärtigen wiedergängern. :rolleyes

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Zitat

    Original von MagnaMater
    Versuch GRRMartin


    George R.R. Martin!!
    Da denke ich an eine Novelle von ihm, die auch verfilmt wurde, die auch latent an Lem erinnert. Nightflyers


    Kurzbeschreibung von Nightflyers:

    Zitat

    Eine Gruppe Wissenschaftler ist mit einem gecharterten Raumschiff in einer Forschungsmission unterwegs. Zusehends häufen sich die technischen Unfälle, bis der merkwürdige Captain Royd, der nur als Holographie erscheint, ihnen erklärt, daß das Schiff vollends von dem Bordcomputer gesteuert wird, in dessen Programm sich seine Mutter integriert hat. Durch die Annäherung Royds an das Team wird seine "Mutter" immer eifersüchtiger und beginnt, einen nach dem anderen umzubringen. Es überleben nur Royd und die Projektleiterin.


    Heute ist Martin literarisch an ganz anderer Stelle, aber vielleicht war er früher wirklich auch von Lem inspiriert. Wer weiß.

  • Von George R.R. Martin habe ich bisher nichts gelesen. Ich habe ihn unter der Rubrik Fantasy in Gedanken abgespeichert und das lese ich derzeit eigentlich weniger gern. Außerdem schreckt mich so eine Mammutserie wie "Das Lied von Eis und Feuer" ab. Das hat so einen Beigeschmack von Massenware, bzw. Gleichklang. Ob das tatsächlich so ist, kann ich nicht sagen, weil ich es ja nicht kenne. Aber der Antrieb, es zu versuchen, ist nicht da.


    Aber um wieder auf "Solaris" zu kommen:


    Ich hätte auch gerne eine Erklärung dafür gehabt, warum die Forscher ihre technischen Helfer/Roboter alle ausgeschaltet und in einen Frachtraum verbannt haben. Gab es Schwierigkeiten zwischen den Robotern und den Gästen? Habt ihr eine Idee dazu oder habe vielleicht sogar etwas überlesen?