Moritz Matthies - Ausgefressen

  • Inhalt:

    Zitat

    Wenn Erdmännchen ermitteln – der größte Spaß, den die Polizei erlaubt»Gestatten?


    Mein Name ist Ray. Seit ich denken kann, will ich Privatdetektiv werden. Im Grunde, das wird jedem einleuchten, gibt es keinen Job, für den ein Erdmännchen besser geeignet ist. Überwachen und Observieren gehören quasi zu unserer genetischen Grundausstattung. Gleiches gilt für Spuren lesen und Herumschnüffeln. Ich bin der geborene Schnüffler. Nur dass meine Fähigkeiten hier im Zoo völlig verkannt werden. Besser gesagt: wurden. Denn heute ist Phil aufgetaucht. Und so, wie es aussieht, braucht er unsere Hilfe.«Die Erde unter dem Berliner Zoo gleicht einem Schweizer Käse. Denn Erdmännchen Ray und sein Clan ermitteln in einem Vermisstenfall – an der Seite von Phil, Privatdetektiv, der nach genügend Schluck aus seinem Flachmann Erdmännisch versteht.


    Fischer Verlage


    Meine Meinung:
    Eine außergewöhnliche Sichtweise!


    Ray ist ein Erdmännchen und buhlt mit seinen beiden Brüdern Rufus und Rocky aus dem ersten Wurf um die Gunst des Vaters. Dieser möchte demnächst den nächsten Clanchef bekannt geben und daher besteht ein reger Konkurrenzkampf zwischen den drei männlichen Erdmännchen.
    Gemeinsam leben sie in einem Zoo und ergötzen sich alltäglich an Schulklassen und anderen Besuchern, die sie angaffen. Zurückstarren kann ganz schön spaßig sein!


    Als eines Nachts Schüsse zu hören sind, sieht Ray seine Chance gekommen, seiner Familie zu zeigen was für ein Schnüffler in ihm steckt. Als am nächsten Tag auch noch ein Privatdetektiv auftaucht, welcher auf der Suche nach vermissten Person ist, erkennt Ray, dass seine allergrößte Stunde geschlagen hat.
    Denn Phil, der Detektiv, versteht durch einen gewissen Umstand die Sprache der Erdmännchen und erteilt ihnen einen Auftrag: Sie sollen seine verschwundene Person suchen!
    Gemeinsam mit seinem Bruder Rufus, der des Lesens mächtig ist und sich mit Menschen auskennt, bildet Ray einen Suchtrupp mit seinen jüngeren Geschwistern und schnell werden sie fündig …


    Doch bei der Suche allein bleibt es nicht. Auf Ray und Phil kommen in diesem erstklassigen Roman noch einiges andere zu.
    Das Erdmännchen ist bis über beide Ohren in ein Chinchillaweibchen verliebt und der Detektiv in seine Auftraggeberin. Und so wird es bei den zwei Männern auch mal romantisch und gefühlvoll. Aber trotz der ganzen Gefühlsduselei wurde es zwischendurch auch richtig spannend!
    Besonders als Ray manch einen Alleingang machte, konnte ich nicht schnell genug weiter lesen um zu erfahren, wie die brenzlige Situation ausging.
    Aber besonders der Schluss hatte es in sich und es wurde von Ray und Phil alles an detektivischem Können gefordert.


    Der Roman war von Anfang an wundervoll humorvoll und ich konnte manchmal ohne Unterbrechung bei jedem Satz lachen. Aber es gab auch ernste Momente, wenn beispielsweise die Liebe ins Spiel kam. Und spannend war es immer, ob nun auf witzige Art und Weise, oder Ernste.
    Ray wurde als neugieriges und süsses Erdmännchen beschrieben und vorgestellt, Phil dagegen nur mit knappen Angaben.
    Ich fühlte mich von Beginn an mitten im Geschehen und fand die Art, wie die Erdmännchen miteinander umgingen richtig klasse. Ihre verschiedenen Macken und Stärken wurden auf eine lustige Weise hervorgehoben und mir wurde beim Lesen nie langweilig.


    Als kleinen Zusatz war auf der Innenseite des vorderseitigen Covers der Stammbaum von Rays Rudel zu sehen und auf dem rückseitigen Cover wurde der Zoo mit seinen vielen Gehegen und wie sie angelegt sind gezeigt.


    Fazit:
    Witzig durch das ganze Buch hindurch!
    Ich hoffe, dass es nicht bei diesem einzelnen Erdmännchen-Roman aus Matthies' Feder bleibt.

  • Erdmännchen sind gesellige, pfiffige und verspielte Gesellen. Wer kennt sie nicht, wie sie emsig in ihrem Gehege herumwuseln oder aufmerksam aufgerichtet Wache halten. Neugierig sind sie obendrein, somit prädestiniert, als Schnüffler zu fungieren. Was schon immer der Traum von Ray ist, Privatdetektiv zu werden. Sein Bruder Rufus dagegen wünscht sich ein Smartphone und die Weltgeschichte der Literatur, aber unbedingt in Leinen gebunden, das quillt unter der Erde nicht so auf. Sein anderer Bruder Rocky ist ein Draufgänger, sein Name ist Programm und er wird als nächster Clanchef hoch gehandelt. Was Roxane sehr entzückt, sie steht nämlich auf Muskeln, Hirn ist dabei nicht so wichtig. Ray dagegen steht auf Elsa, einer hinreißenden Chinchilla Dame, die ihm aber gerne die kalte Schulter zeigt. Einförmig verlaufen die Tage im Zoo, lediglich unterbrochen von Besuchern, über die man sich so herrlich amüsieren und klatschen kann. Bis auf einmal jemand versteht, was sie sagen. Phil, ein heruntergekommener Privatdetektiv, kann gar nicht glauben, was er da hört. Soviel Alkohol war es doch gar nicht, oder doch? Nachdem er die Tatsache akzeptiert, dass er erdmännisch versteht, beginnt eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Phil und dem Erdmännchenclan. Phil ist auf der Suche nach einem alten Mann, der von seiner Tochter vermisst wird. Phil vermutet ihn immer noch im Zoo, wenn auch unter der Erde. Womit er sich in das Territorium der Erdmännchen begibt, denn eines können sie besonders gut, Tunnel graben und schnüffeln. Und so beginnt eine aberwitzige, urkomische, spannende und absurde Abenteuergeschichte, die ständig völlig überraschende Wendungen hervorbringt und einfach für gute Laune sorgt.


    Die Story sprüht geradezu vor guten Einfällen, Moritz Matthies – wer immer er auch ist – beweist viel Phantasie. Erdmännchen als Protagonisten funktioniert überraschend gut, viele menschliche Eigenschaften bringen den Leser zum Lachen und wirken überhaupt nicht deplatziert. Natürlich karikiert Matthies viele menschliche Eigenschaften, er spielt mit Klischees und reizt sie so weit aus, wie es nur eben geht. Phil ist der typische, besoffene Privatschnüffler, der einige Enttäuschungen im Leben hatte, durch dessen harte Schale aber auch sein goldenes Herz schimmert. Nachdem er seine Ungläubigkeit über das Verstehen der Erdmännchen überwunden hat, entwickelt er sich zu einem guten Freund und Partner, dem es gelingt, ihnen das ein- oder andere begehrte Gut in den Bau zu schmuggeln. Denn Informationen gibt es nur gegen Tauschmaterial – und dieses ist oft außergewöhnlich. Die Tiere sind Matthies besonders gut gelungen, er schafft es, spezielle Eigenarten hervorzuheben, dass sie zutiefst sympathisch wirken, man aber immer noch die Tierarten erkennt. Herrlich übertrieben werden ihnen Eigenarten zugeschrieben, die dem Leser ein Dauerschmunzeln ins Gesicht zaubern. Der Fall ist da schon eher nebensächlich, aber trotzdem interessant, wenn auch nichts Neues. Durch die ständige, ungewöhnliche tierische Hilfe nimmt er ungeahnte Dimensionen an, unerwartete Wendungen inklusive. Obwohl der Autor einige interessante Bröckchen, die er noch anfangs die Tiere entdecken lässt, leider hinterher nicht mehr für Erwähnenswert befindet.


    Das ganz besondere Sahnehäubchen ist allerdings das Hörbuch. Christoph Maria Herbst läuft zur regelrechten Topform auf, jedem verleiht er eine eigene Stimme, selbst ein Teaser hört sich täuschend echt an. Unglaublich lebendig erzählt er die Geschichte, man merkt die Liebe und Leidenschaft, die er in seine Stimme packt. Man ist mittendrin, sofort spielt ein Film im inneren Auge, lebendig und detailliert. Unglaublich, wie alleine der Sprecher fasziniert, der Plot wird fast nebensächlich. Gebannt lebt, freut und leidet man mit Ray mit und wartet gespannt, ob er denn noch bei seiner Herzensdame Elsa Gehör findet.


    Fazit


    Herrlich unglaublich komisch, sarkastisch, übertrieben, faszinierend und lebendig hat Moritz Matthies mit Ausgefressen uns eine Geschichte präsentiert, die sehr ungewöhnlich ist. Erdmännchen als Protagonisten funktionieren wundervoll, sie sind mit vielen menschlichen Eigenschaften ausgestattet, die wunderbar karikiert wurden, ohne jemals ins Lächerliche abzudriften. Sein Einfallsreichtum ist enorm, die Charaktere sympathisch und mit einer großen Portion Ironie und Humor ausgestattet. Den Genuss des Hörbuches sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen, selbst wenn einem der Plot nicht zusagt, so macht die Leistung von Christoph Maria Herbst alles wieder wett.

  • Im Berliner Zoo herrscht Aufregung. Der Privatdetektiv Phil ermittelt zum Verschwinden von Hanno von Sieversdorf. Dessen Tochter hat ihm den Auftrag erteilt. Glücklicherweise versteht er die Sprache der Erdmännchen, sodass ihn Ray mitsamt seiner Sippe unterstützen kann. Wenn der letzte Besucher den Zoo verlassen hat, macht er sich daran, die Tiere der umliegenden Gehege zu befragen. Schnell wird deutlich, welche Art hilfreiche Hinweise geben kann, und welche ein ausgesprochenes Kurzzeitgedächtnis haben. So lernt der Leser die freundliche Elefantenfamilie kennen, das Nashornpaar, die Gruppe der Flamingos und die chaotisch wirkenden Pinguine. In kurzer Zeit wird auch eine Leiche gefunden, die aber leider nicht zur vermissten Person passt. Die Grabung geht also weiter und die Erdmännchen werden erneut fündig. Gleich hinterm Eisstand scheinen sich dubiose Dinge abzuspielen, bei denen immer wieder ältere Männer ums Leben kommen. Nur der Gesuchte von Sieversdorf ist nicht dabei.


    Der unter dem Pseudonym Moritz Matthies schreibende Autor hat einen temporeichen, witzigen und skurrilen Roman kreiert. Die derzeit modernen Erdmännchen lassen in dem einfachen Handlungsstrang einige Lacher entstehen. Jeder von ihnen bekommt einen eigenständigen Charakter, die sich im Team hervorragend ergänzen. Der belesene Rufus bildet den perfekten Ausgleich zum eher einfältigen Rocky. Nebenbei wird immer wieder von den Sorgen Rays berichtet, der unglücklich in die Chinchilladame Elsa verliebt ist. Zudem hat er Schwierigkeiten, seinen Bruder Rocky als Clanchef anzuerkennen. Da bleiben oft nur Ausflüge durch den nächtlichen Zoo oder auch mal in die Welt hinter der Mauer.


    Auch die Beziehung zwischen dem Detektiv Phil und Ray ist durch ihre Außergewöhnlichkeit spannend. Durch die Parallelen zum Leben des anderen, wirkt Ray durchaus menschlich und auch für den Leser nachvollziehbar. Es bleiben dennoch genug Situationen, die die Unterschiede hervorheben. Dabei verschafft das wechselnde Erzähltempo die nötigen Erholungspausen. Wer sich auf diese tierische Ermittlungsgeschichte einlassen kann, bekommt kurzweiligen Lesespaß geboten, der einen entspannten Lesenachmittag sichert. Das offene Ende lässt auf einen weiteren Fall des Dreamteams hoffen.

  • Affengeil und bitterböse. Wer in diesem Buch niemanden findet, den er kennt, ist selbst schuld. Ich könnt' mich jetzt noch kringeln.
    :rofl :rofl :rofl


    :nono
    Wer natürlich Erdmännchen doof findet, nicht glaubt, dass sie sprechen können, oder womöglich so etwas wie Feivel-der-Mauswanderer von dem Buch erwartet, der sollte die Finger davon lassen.

  • kuschel
    Nein, einige der Erdmännchen sind schon clever und können den Kriminalfall auch auflösen. Natürlich sind es tierische Protagonisten, die nicht jeder Mensch versteht. An der Bushaltestelle heißt es da schon mal: "Ihhhh, 'ne Ratte!", und Erklärungen seitens der Erdmännchen werden nicht gehört. Im Gegensatz zu Glenkill fand ich das Buch spritziger und mehr vermenschlicht. Die Schafe bestechen ja durch ihren Charakter und das Setzen der Prioritäten.

  • Bei "Ausgefressen" von Moritz Matthies handelt es sich um eine überraschend kurzweilige Lektüre mit interessanten, lebendigen Charakteren und einem sehr sympathischen Protagonisten. Wie man es von einer solchen Geschichte erwartet, ist auch der Humor nicht zu kurz gekommen, und ich musste an einigen Stellen gewaltig lachen. Der selbstmordgefährdete Ray ist mir sehr ans Herz gewachsen, weshalb ich eine Zeit lang erwogen habe, mir auch die Fortsetzung zuzulegen (mich letzten Endes aber dagegen entschieden habe, da zu viele andere Bücher auf meiner to-read-Liste stehen.)


    Abzüge muss ich dennoch für einige Schwachstellen erteilen. Obwohl die Geschichte im Rahmen der unrealistisch erscheinenden Handlung sehr realistisch aufgebaut wurde, erschienen Details im späteren Verlauf wie die Party der Haustiere und Rays "Ausflug" zum Exotenschmuggler für die Geschichte unnötig und wie Effekthascherei, um möglichst viele Facetten hinzuzufügen, die es allerdings neben der interessanten Handlung im Zoo nicht mehr gebraucht hätte. Zudem konnten mehrere das/dass-Fehler das Lesevergnügen trüben, was insgesamt den Eindruck einer fehlenden Überarbeitung geweckt hat. Wer eine amüsante Urlaubslektüre sucht und Erdmännchen mag, wird mit diesem Buch dennoch so viel Spaß haben wie ich.