Schattenstill
Originatitel: Broken Harbor
Übersetzer: Ulrike Wasel, Klaus Timmermann
Tana French
ISBN: 978-3502102236
Scherz
729 Seiten, 16,99 Euro
Über die Autorin: Tana French ist die junge Bestsellerstimme des anspruchsvollen Kriminalromans. Ihre tiefgründigen hochspannenden Romane um Täter, Opfer und Ermittler aus dem Dubliner Universum finden sich regelmäßig auf den vorderen Plätzen der Bestsellerlisten in aller Welt. Tana French wuchs in Irland, Italien und Malawi auf, machte eine Schauspielausbildung am Dubliner Trinity College und arbeitete für Theater, Film und Fernsehen. Für ihre Kriminalromane wirde sie international vielfach ausgezeichnet. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Dublin.
Buchrückentext: In Broken Harbour, einer windgepeitschten Geisterstadt voller Bauruinen, ist eine ganze Familie ausgelöscht worden. Seltsame Löcher klaffen in den Wänden ihres Hauses. Was ist an diesem heillosen Ort geschehen? Kühl und methodisch beginnt Detective Mike Kennedy mit den Ermittlungen – doch Broken Harbour zieht auch ihn erbarmungslos in sein zerstörerisches Kraftfeld.
Meine Meinung: „Du hättest fast auf sein Atmen gelauscht, wäre da nicht etwas Verräterisches in seinem Gesicht gewesen. Er hatte diese unheimliche Ruhe, die nur tote Kinder haben, papierdünne Augenlider, fest verschlossen wie die von ungeborenen Babys, als würden sie sich, wenn die Welt mörderisch wird, nach innen und rückwärts wenden, zurück zu jenem ersten sicheren Ort.“
Es sind Sätze wie diese, die für mich die Faszination der French-Bücher ausmachen. Mit ihrer Sprachmagie zieht sie mich immer wieder in ihren Bann, so ist es ihr auch bei „Schattenstill“ gelungen, dem neuen Buch auf das ich so lange gewartet habe. Wieder bleibt sie ihrem Stil treu und hat weniger Wert auf Action gelegt, sondern sich mit Akribie der Ausarbeitung der wenigen Personen gewidmet, um die es in diesem Fall geht und so kann man sagen, dass auf diesen mehr als 700 Seiten eigentlich nicht wirklich viel passiert. Wäre es nicht der unglaubliche Schreibstil von Tana French, so hätte ich das Buch schon nach kurzer Zeit abgebrochen, denn es geht den größten Teil der Zeit ausschließlich um die Ermittlungen, die Mike Kennedy in der trostlosen Neubausiedlung zu führen hat. An seiner Seite befindet sich sein neuer Kollege Richie, den er anlernen soll. Und so lässt Mike den Kollegen und damit den Leser an seinen Gedanken zu dem Fall teilhaben und schon bald merkt man, dass die Geister der Vergangenheit in Broken Harbor immer noch da sind und nicht nur auf Mike Kennedy gewartet haben…
Sehr genau erstellt Tana French ein Psychogramm vom Täter, aber auch vom Ermittler und obwohl wie gesagt, gar nicht viel passiert, ist man fasziniert und gefesselt von der Gedankenwelt der Ermittler. Man taucht immer tiefer in den Fall ein, stellt Vermutungen an und doch hat man die ganze Zeit das Gefühl etwas übersehen zu haben, das allerdings hat die Autorin so geschickt verborgen, dass es erst sehr sehr spät ans Licht kommt und für Klarheit sorgt.
Wieder zeigt sie ihr Faible für düstere Orte und deren trostlose Atmosphäre, und überträgt sie auf ihre Figuren, die latent auch immer diese Trostlosigkeit und eine gewisse Traurigkeit mit sich herumtragen. Sie bleiben einem nicht egal, sie rühren einen an, ohne dass man genau sagen kann, woran das liegt und es ist dieses Nicht-Greifbare, das mich auch noch nach Beenden dieses Buches eine ganze Zeit verfolgt und nicht loslässt.
Mein Fazit: Wieder einmal ein atmosphärisch dichter und beunruhigender Krimi aus der Feder von Tana French, verstörend und zutiefst beeindruckend, der mir noch lange Zeit in Erinnerung bleiben wird. Für alle die mehr Wert auf das literarische Niveau als auf Action legen...