Welche Klassiker sollte man gelesen haben?

  • Ich bin der Meinung, dass es "die" Klassiker nicht gibt. Was man "gelesen haben muss" ist für mich genauso sinnlos wie das, was man "wissen muss", wenn man sich gerne allgemeingebildet sehen will :-)


    Wenn es danach geht, welche Literatur eingeschlagen hat, wie eine Bombe, fällt mir als erstes Goethes "Werther" ein, nach dessen Erscheinen sich reihenweise junge Menschen umgebracht haben. Ich persönlich finde aus heutiger Sicht Werther unerträglich lahm, überromantisch, weinerlich. Aber damals war diese neue Art von Gefühlsausdruck eben derart ergreifend.
    Trotzdem finde ich nicht, dass man Werther mal lesen sollte. Denn ich finde nicht, dass es ein gutes Buch ist.


    Für mich bedeutet Klassiker auswählen nichts anderes als Romane aussuchen: was interessiert mich, was würde ich gerne mal lesen.
    Da ich ja Literaturwissenschaft studiere, ist es halt mittlerweile so, dass ich mich meistens "epochenweise" interessiere oder autorenweise durch so einiges durchwurschtel, was teilweise aber auch unibedingt so ist (will ja nun mal nicht so tun als würde mich das alles immer von alleine interessieren :lache ).


    Von daher könnte ich meine persönlichen Klassiker aufzählen, die meiner Meinung nach gute Repräsentanten einer Epochendenkweise oder einer Autorenphase sind.
    Aber gegen dieses "DIE" Klassiker wehre ich mich, und wenn ich von "DEN" Klassiker irgendwas nicht gelesen habe, heisst das sicherlich noch lange nicht, dass ich darum ein literaturwissenschaftlicher Nichtsnutz bin ;-)

  • Die auf die man Lust hat.
    Ich (persönlich) finde dass, wenn man sich für ein Genre interessiert, auch mal die Ursprünge des Genres, die soviele Schriftsteller inspiriert hat, lesen sollte.


    Ausserdem gehört es imho zur Allgemeinbildung weinigstens schon mal was von Kafka, Dickens, Rilke, Rimbaud, Voltaire, Bronte, Dostoievsky (bei dem weiss ich nie wie man es schreiben soll) etc. gehört zu haben. Man muss nicht alles gelesen haben, aber von Goethe noch nie was gehört zu haben ist wie noch nie was von Argentinien gehört zu haben.


    Ich bin bald mit allen Austen Büchern durch, da ich gern mal "Chick-Lit" lese, habe vor wieder "Jane Eyre" zu lesen, hab dieses Jahr schon "Wuthering Heights" gelesen, und "Anna Karenina" ist auch bald dran.
    Ausserdem steh ich auf viktorianische und "gothic" Romane aus der Zeit.

  • Immer, wenn ich durch Foren stöbere, finde ich diese Frage und jedes Mal kann ich nur eine Antwort geben und einige haben es ja auch schon gesagt:


    Wenn man einen Klassiker lesen will, dann sollte man auch den lesen, auf den man Lust hat.
    An solche Listen mit "Muss-Klassikern" würde ich mich nicht halten, denn wenn man ein Buch liest, nur weil es auf einer solchen Liste steht, dann ist die Gefahr groß, dass man es nicht mag.



    Also: lest wonach euch die Nase steht! ;-)

  • Vieleicht geht es weniger darum, dass man Buch xyz gelesen haben sollte, als eher, dass man versucht haben sollte, Buch xyz zu lesen: denn nicht selten weiß man nicht, ob es einen denn interessiert, ehe man mal reingeschaut hat.
    Auf Bukowski wäre ich selbst nicht unbedingt gekommen- was ich wirklich bedauerlich gefunden hätte.

  • Natürlich haben alle die recht, die meinen, man muss gar nichts und man kann völlig frei entscheiden, was einem selbst in den Kram passt. Völlig klar, und man erlebt es täglich: nein, ich muss nicht aufstehen. Ich muss nicht ins Büro, ich muss auch nicht essen, lesen, und schlafen. Ich muss mich auch nicht mit meiner Frau unterhalten. Keiner kann mich zu diesen Dingen zwingen. Ich entscheide selbst, was ich tun und lassen werde. Wie käme es mir auch in den Sinn, mich äußeren Vorgaben zu ergeben - grausame Vorstellung das. *schüttel* ....


    Nur ab und an, also ist ja wirklich nur ganz selten, da habe ich Ziele, da will ich etwas erreichen, da merke ich, dass das alles Konsequenzen für mich hat, die mir dann auch etwas aufnötigen, was mir Mühe macht.
    Und noch seltener stehe ich ratlos da und frage mich, was ich tun soll, wie ich etwas formulieren soll, wie ich mich in völlig neuer Situation verhalten soll. Dann frage ich sogar mal nach, ob es da nicht vor mir Leute gab, die da vielleicht auch etwas gemacht haben (natürlich nur, um dann das Gegenteil zu tun - auf die Tradition kann ich ja verzichten).


    ...


    Klar kann ich das alles so denken, nur wird sich dann mein Leben entsprechend gestalten...


    Ohne Ironie:
    Ich halte eine Menge von Empfehlungen, Hinweisen und entsprechenden Listen auch zur Lektüre von Klassikern. Gerade diese Empfehlungen zeigen auf, was vor uns wichtig war. Diese Texte haben Sprache, Stil, Genre, Denken und manches mehr geprägt und befördert. Ich bin überzeugt, dass, bestimmte Texte einfach wichtig sind: da mögen die Listen auch verschieden aussehen. Für mich gehören der Faust, Romeo und Julia, Thomas Mann, Sagen der klassischen Antike, verschiedene Abschnitte der Bibel, Brecht, Texte aus der Romantik und auch verschiedene Genre (Märchen, Sagen, Kurzgeschichten, Lyrik...) zur Allgemeinbildung.
    Schließlich noch ein Genre, was hier soweit ich weiss, noch gar nicht erwähnt wurde: Das Volkslied. Es ist ein Armutszeugnis einer Gesellschaft, wenn die Volkslieder und die Kinderreime vergessen werden. Hier haben wir vermutlich den größten Nachholebedarf.

  • @ Licht


    Was du in deinem „ohne Ironie“ - Teil schreibst, kommt langsam in die Richtung, mit der ich mich auch indentifizieren kann. Sofern man eine Betonung auf „Empfehlung, Hinweise“ legt. Und ich selbst bestimmen kann, was ich von diesen Hinweisen und Empfehlungen auch annehmen und berücksichtigen will.


    So habe ich mir in der 12. Klasse die Freiheit genommen, eine Pflichtlektüre in der Schule nicht zu lesen, weil ich damit überhaupt nicht zurecht kam und mich schlichtweg geweigert habe, mich weiter damit zu befassen. (Damit ihr mich steinigen könnt :grin : Alfred Döblin „Berlin Alexanderplatz“.) Wie ich mich dann durch den Deutsch-Unterricht laviert habe, weiß ich allerdings nicht mehr. An der Jahresendnote hat mans jedenfalls an der Zeugnisnote nicht gemerkt.


    Und Volkslieder - die habe ich noch in der Grundschule gelernt. Will heißen, jeder Lehrer, den ich hatte, spielte irgendein Instrument und hat uns beim Singen damit begleitet. Meine Tochter hat die Grundschule letztes Jahr beendet, aber ich meine mich zu entsinnen, daß die kein einziges Volkslied gelernt haben. Da gebe ich Dir recht, ist ein Manko entstanden, und es geht viel verloren.


    Und damit es keine Mißverständnisse gibt: das alles bezieht sich natürlich nur auf den privaten Bereich. Im beruflichen kann es durchaus Zwänge geben, sich mit diversen Texten zu befassen, auch solchen, die einem nicht passen. Aber ich denke, daß es hier in diesem Fred darum nicht geht.


    Und wenn ich mich einer solchen „Liste“, oder „Empfehlung“ oder wie mans auch nennen mag, verweigere, muß ich auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. Doch auch das sollte eigentlich selbstverständlich sein.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • In Hinsicht auf das Zusammengehören von Allgemeinbildung und "Klassikern" stimme ich Licht zu.


    Wir haben in der Schule keine Literatur gelesen (Realschule in den 90er Jahren :), was ich sehr schade fand. Meine Eltern schenkten mir mit 14 z. B. Der alte Mann und das Meer und anderes, darüber bin ich heute sehr froh.


    Teilweise ist es sicher schwierig, bei gewissen Büchern durchzuhalten und muss gestehen, "Krieg und Frieden" hat seit 8 Jahren ein Lesezeichen bei Seite 400, welches sich kaum bis gar nicht vorwärts bewegt.


    Ich finde, man darf gern ein wenig Shakespeare, Goethe, Böll, Dürenmatt oder Hesse gelesen haben. Es macht einen zumindest nicht dümmer. Ich würde auch versuchen, meine Kinder an Literatur heranzuführen.
    Freue mich auch immer sehr, wenn ich in Quiz-Shows gestellte literarische Fragen beantworten kann...

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • @Licht


    Es geht nicht darum, eine "alles ist erlaubt"- Haltung einzunehmen.
    Vielmehr ist der Grundtenor gewesen, dass es DIE Klassiker für viele hier schlichtweg nicht gibt.


    Alleine die Eingangsfrage "Welche Klassiker sollte man gelesen haben?" ist schon der Formulierung nach für mich nicht eine Frage nach "Ich würde gerne meine Literaturkenntnisse ausweiten. Habt ihr Tipps für mich, was ich lesen könnte?". Ich denke, da hätten die Antworten auch schon anders ausgesehen.

  • Haha, wenn man diese "Klassiker" sucht, dann hast du natürlich recht :lache



    Übrigens, wenn es interessiert (ist ganz gut gemacht finde ich): Reclams Leseliste

    Bücher sind nur große Briefe an Freunde. [Antoine de Saint-Exupéry]

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  • Die Botschaft des Meeres von Sergio Bambaren ist ein sehr interessantes Buch mit schönen zeichnungen er selber sagt >> Literatur ist oft tröstlicher als die Gegenwart. << was er auch durch seine Bücher deutlcih machen will auch hat er denn bestzeller der träumende delphin geschrieben!!^^