Amazon-Kurzbeschreibung
Wenn der deutsche Bürger sich in Roths "Menschen" wiedererkennt, dann hängt diese Seelengemeinschaft gerade nicht damit zusammen, dass Roth dem Bestehenden positiv und bestärkend nach dem Munde redet. Im Gegenteil. Das Private der Rothschen Verse erweist sich als die Kehrseite allen verordneten Aufbauwillens, aller jubelnden Aktivität, wo blonde Haare sieghaft im Winde wehen und nervige Fäuste sich um Spaten oder Schwert krallen.
Der Verlag über das Buch
Die Verssammlung Ein Mensch verhalf Eugen Roth zum Durchbruch. Er beschreibt die Licht- und Schattenseiten des Lebens mit viel Witz und bittersüßer Ironie. Immer wieder werden die Pläne seiner Alltagshelden von Mißgeschicken durchkreuzt; und ob man von Pechvögeln oder Glückspilzen liest – das Vergnügen bleibt nie aus. Hans Traxler macht in seinen Zeichnungen die Untertöne deutlich, verschärft die Verse oder nimmt sie auf kuriose Weise einfach beim Wort. -- Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.
Autorenportrait
Eugen Roth wurde 1895 in München geboren. Nachdem er Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte studiert hatte, arbeitete er zunächst als Lokalredakteur bei den "Münchner Neuesten Nachrichten", bevor er sich 1933 als freier Schriftsteller niederließ. Sein umfangreiches Lebenswerk umfasst Erzählungen, Gedichte und die heiteren Verssammlungen, die ihn schon zu Lebzeiten zu einem Klassiker des Humors werden ließen. 1976 starb Eugen Roth in München
Meine Meinung:
Ich bin zum Eugen Roth Genießer über eine Schullektüre gekommen. Wir mussten damals ein Gedicht lernen "Die Postkarte". Die ganze Klasse stöhnte, weil wieder etwas zum Auswendiglernen dran war. Ich empfand es etwas anders. Dieses Gedicht brachte mich zum Schmunzeln - und ich kann es heute, nach fast 25 Jahren - immer noch auswendig. Für mich zeigen seine Gedichte sehr viel Kritik am Menschen an sich, aber immer auch das liebenswerte. Roth zeigt die Schwächen und Stärken des Alltagsmenschen auf - ob es nun um Vorurteile oder Langeweile, Einsamkeit oder überschäumende Lebensfreude geht.
Mein Gedichtbüchlein hab ich jetzt schon seit ziemlich genau diesen 25 Jahren - und ich nehme es immer noch gerne zur Hand. Es hat mich durch viele schwere und auch leichte Zeiten begleitet.
Gruß
Telefonhexe
Bücher
Ein Mensch, von Büchern hart bedrängt,
An die er lang sein Herz gehängt,
Beschließt voll Tatkraft, sich zu wehren;
Eh sie kaninchenhaft sich mehren.
Sogleich, aufs äußerste ergrimmt,
Er ganze Reihn von Schmökern nimmt
Und wirfst sie wüst auf einen Haufen,
Sie unbarmherzig zu verkaufen.
Der Haufen liegt, so wie er lag,
Am ersten, zweiten, dritten Tag.
Der Mensch beäugt ihn ungerührt
Und ist dann plötzlich doch verführt,
Noch einmal hinzusehen genauer -
Sieh da, der schöne Schopenhauer...
Und schlägt ihn auf und liest und liest,
Und merkt nicht, wie die Zeit verfließt...
Beschämt hat er nach Mitternacht
Ihn auf den alten Platz gebracht.
Dorthin stellt er auch eigenhändig
Den Herder, achtundzwanzigbändig:
E.T.A. Hoffmanns Neuentdeckung
Schützt diesen auch vor Zwangs-Vollstreckung:
Kurzum, ein Schmöker nach dem andern
Darf wieder auf die Bretter wandern.
Der Mensch, der so mit halben Taten
Beinah schon hätt den Geist verraten,
Ist nun getröstet und erheitert,
Dass die Entrümpelung gescheitert.
Eugen Roth