Frage(n) an Eulenautoren

  • Zitat

    Original von Tom
    ... Wenn es Konzept hat und konsistent ist, entscheidet eigentlich allein der Autor darüber. In der Regel wird er derlei auch mit Konzept, Expo und Leseprobe vorstellen. Lektoren und Korrektoren können versuchen, es ihm auszureden, aber im Gegensatz zu Titel und Ausstattung hat hier der Autor das letzte Wort. Der Text ist seiner.


    Natürlich habe ich nichts gegen sprachliche Experimente. Alles ist da erlaubt (und wird dann auch von jedem gescheiten Lektor unterstützt), wenn es die von dir genannten Kriterien erfüllt. Wenn allerdings das, was ich provokativ als "Kastration der Schriftsprache" bezeichnet habe, zum Selbstzweck degeneriert, reine Effekthascherei bleibt und, außer den Leser zu quälen, nichts bewirkt, wird wohl bereits die Textprobe vom Verlag abgelehnt werden. Dann hat sich´s mit dem "letzen Wort" des Autors schon erledigt ...

  • Mir ist kein Autor bekannt, der mit dem Lektorat über solche Formalien streitet. Die Korrektur erfolgt nach Duden Regeln und Schluss ist.


    Über ein Korrektiv, was manche Satzstellungen angeht, kann es schon Diskussionen geben. Aber letztendlich entscheidet die Vernunft. Denn das Werk soll ankommen und kein Experiment werden.

  • @ SteffiB,


    das von dir erwähnte Buch kenne ich nicht. Es handelte sich um "Haus der Schildkröten" und in dem Roman wurden -bis auf Punkte und Kommas- keinerlei Satzzeichen verwendet.

  • Zitat

    Original von hef
    Die Korrektur erfolgt nach Duden Regeln und Schluss ist.


    Die Orthografie ist ja nur einer von vielen Aspekten, und in der Regel einer, der keine Diskussionen hervorruft - sie gehört ja auch ins Korrektorat und wird im Lektorat nur vorweggenommen.
    Andere Aspekte werden davon nicht berührt - ob deutsche "Gänsefüßchen" oder die französischen Anführungszeichen (»Doppel-Spitzklammern«) verwendet werden, ist eine Frage der Ästhetik, nicht der Korrektheit.
    Wird Gedankenrede kenntlich gemacht und wenn ja, wie? Kursivsetzung ist ein häufiges Mittel der Wahl, aber auch ›einfache Anführungszeichen‹ sind nicht falsch.
    Wie wird ein Szenenwechsel gekennzeichnet? Eine Leerzeile? Ein * Sternchen? Drei *** Sternchen?
    In einigen Büchern hebe ich manche Begriffe oder Passagen dadurch hervor, dass ich sie in Kapitälchen setze. Das ist schon recht speziell, in meiner aktuellen Satzfahne hat das Lektorat diese Wörter extra farbig gekennzeichnet, damit der Setzer speziell darauf aufmerksam gemacht wird.


    Ich denke, es ist wie mit so ziemlich allem beim Schreiben: Wenn man es bewusst einsetzt, ist Vieles möglich. Es sollte eben nicht aus Unkenntnis oder aus Faulheit passieren.

  • Zitat

    Denn das Werk soll ankommen und kein Experiment werden.


    Das eine schließt das andere keineswegs aus. Sprache lebt, Sprache verändert sich, und sie ist flexibel. Was Duden und Kultusministerkonferenzen formulieren, sind keine Gesetze, sondern einerseits Reflexionen der Veränderung (sonst gäbe es Verben wie "googeln", das unselige "simsen" oder "downloaden" nicht), und andererseits Richtlinien, die aber nur im Amtsgebrauch bindend sind. Niemand kann mir vorschreiben, wie ich die deutsche Sprache zu verwenden habe - auch nicht mein Lektor. Wenn ich meine, dass Anführungszeichen verzichtbar sind, ich sie sogar als störend empfinde, setze ich mich gerne jeder Diskussion mit Lektor und Korrektor aus. Oder wenn ich beispielsweise in einem Roman vollständig auf Anglizismen verzichten will (was ich zur Zeit erwäge). Es mag so sein, dass Thriller, Krimis und allgemeine Unterhaltungsware ohne Rücksprache mit dem Autor schlussendlich durch ein Korrektorat gehen, das noch einmal alles glattbügelt, aber wenn es um Literatur geht, sind solche Eigenwilligkeiten und auch entsprechende Diskussionen keineswegs absolute Ausnahmen. Literatur ist Kunst, und Künstler verwenden ihr Handwerkszeug nach Gusto. Möglicherweise riskieren sie damit einiges, aber das gehört dann dazu. Sprache transportiert nicht nur, sie kann Teil der Botschaft sein.

  • Zitat

    Original von Roma
    @ SteffiB,


    das von dir erwähnte Buch kenne ich nicht. Es handelte sich um "Haus der Schildkröten" und in dem Roman wurden -bis auf Punkte und Kommas- keinerlei Satzzeichen verwendet.


    Liebe Roma, ich habe auf das oben erwähnte Buch von Frau Pehnt geklickt, weil zu dem Titel eine Leseprobe vorhanden war. Für "Das Haus der Schildkröten" gibt es leider keine. Ich merke es mir aber vor, neugierig geworden bin ich auf jeden Fall.

    Ship me somewhere's east of Suez,
    where the best is like the worst,
    where there aren't no ten commandments
    an' a man can raise a thirst


    Kipling

  • Wie ich schon im anderen Thread schrieb sind mir schon Bücher von Autoren untergekommen, wo die wörtliche Rede durch Spiegelstriche ersetzt wurden. Daran gewöhnt habe ich mich immer schnell und teilweise ist es zum "Markenzeichen" des jeweiligen Autors geworden. Ich fand es immer sehr interessant, meine Wahrnehmung hat sich irgendwie verändert.


    Zitat

    Original von Dieter Neumann
    Meistens gelingt das aber nicht - und das ist auch gut so. Schriftsprache bis zur Unverständlichkeit des Textes zu kastrieren, galt eine Zeit lang als progressiv. Das hat sich aber weitgehend überlebt, auch wenn in diesem Forum immer noch jemand unterwegs ist, der konsequent alles klein schreibt und das vermutlich für originell hält.
    Die von dir angesprochenen Gänsefüßchen werden zunehmend durch die amerikanischen Anführungszeichen mittig vor und nach der wörtlichen Rede ersetzt. Das vermindert Fehlerquellen beim Satz und erschwert m. E. auch die Lesbarkeit nicht. Trotzdem bin ich froh, dass in meinem Verlag noch mit den guten alten Gänsefüßchen gearbeitet wird - gefällt mir einfach besser, vor allem, weil der Satzspiegel dann lebendiger aussieht. Das ist aber Geschmackssache.


    Gänsefüßchen in deutschen Büchern kommen mir so gut wie nie vor, zumindest nicht bei den neueren Büchern. Ich kenne sie (beide oben, wie hier im Forum) aber mittlerweile aus englischen Büchern. Wobei die britischen auch mal nur ein "Füßchen" benutzen, warum auch immer.

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann
    Wenn allerdings das, was ich provokativ als "Kastration der Schriftsprache" bezeichnet habe, zum Selbstzweck degeneriert, reine Effekthascherei bleibt und, außer den Leser zu quälen, nichts bewirkt, wird wohl bereits die Textprobe vom Verlag abgelehnt werden. Dann hat sich´s mit dem "letzen Wort" des Autors schon erledigt ...


    Um diese Thema mal zu erklären: es kommt ganz darauf an, wann über die Zeichensetzung verhandelt wird. Falls der Lektor sie bereits bei der eingeschickten Leseprobe als störend empfindet, dann gibt es zwei Möglichkeiten:
    -er lehnt den Text gleich ab und der Autor erfährt eventuell garnicht, woran das lag.
    -er sagt dem Autor, dass er den Text grundsätzlich gut findet, aber eine konventionellere Zeichensetzung notwendig wäre, damit es zum Vertragsabschluss kommt.


    In dieser Phase hat der Autor noch nicht das Sagen.


    Wurde jedoch bereits ein Vertrag abgeschlossen, und der Lektor ändert bei dem abgegebenen Manuskript die Zeichensetzung, kann der Autor sehr wohl darauf bestehen, dass es so bleibt, wie er es haben will. Der Lektor wird sicher versuchen, ihn zu überzeugen, kann ihm aber keine Änderung des Textes aufzwingen.


    Wenn der Roman sich dann schlecht verkauft, wird der Autor sich wahrscheinlich anhören müssen, dass es nur an seiner Sturheit lag. :grin


    Was ein sprachliches Experiment ist und was eine Sprachverhunzung, das ist letztendlich eine Frage des Geschmacks.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von SteffiB


    Liebe Roma, ich habe auf das oben erwähnte Buch von Frau Pehnt geklickt, weil zu dem Titel eine Leseprobe vorhanden war. Für "Das Haus der Schildkröten" gibt es leider keine. Ich merke es mir aber vor, neugierig geworden bin ich auf jeden Fall.


    Liebe Steffi,
    den Roman fand ich super, aber die fehlenden Satzzeichen störten den Genuss enorm. Falls du es liest, würde ich mich über deine Meinung (auch zu dem eigentlichen Thema) freuen. Wäre lieb, wenn du mir eine kurze PN schickst, wenn du dazu was schreibst. Nicht, dass mir das hier in dem Thread entgeht ;-)

  • Hallo, Tereza.


    Im von Dir skizzierten Fall könnte der Verlag das Manuskript ablehnen und von der Veröffentlichung als Buch Abstand nehmen. Das wäre anders, wären Leseprobe und Expo schon in diesem Stil verfasst worden. Lagen sie jedoch in "Normalform" vor, könnte der Verlag vom Vertrag zurücktreten, wenn der Autor darauf beharrt, das Werk in "seltsamer Form" zu veröffentlichen.


    Grundsätzlich ist es aber so, dass der Autor Hoheit über den Text hat. Lektoren unterbreiten Vorschläge, den Text eigenständig ändern dürfen sie nicht. Die Lektoren einiger - vor allem kleinerer - Verlage tun dies zwar dennoch, wie man gerüchteweise hört, aber sie dürften nicht.

  • Zitat

    Original von Tom
    Hallo, Tereza.


    Im von Dir skizzierten Fall könnte der Verlag das Manuskript ablehnen und von der Veröffentlichung als Buch Abstand nehmen. Das wäre anders, wären Leseprobe und Expo schon in diesem Stil verfasst worden. Lagen sie jedoch in "Normalform" vor, könnte der Verlag vom Vertrag zurücktreten, wenn der Autor darauf beharrt, das Werk in "seltsamer Form" zu veröffentlichen.


    Ja, stimmt natürlich. Ich ging von dem Fall aus, dass die Leseprobe bereits in dem Stil geschrieben worden war und der Lektor dann erst beschloss, das doch besser zu ändern.


    Diese Diskussion scheint mir sehr theoretisch. Hat es wirklich schon mal einen Fall gegeben, da sich Autor und Verlag wegen der Setzung von Satzzeichen entzweiten? :gruebel


    Viele Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von Tereza
    ... Hat es wirklich schon mal einen Fall gegeben, da sich Autor und Verlag wegen der Setzung von Satzzeichen entzweiten?


    Keine Ahnung. Aber wenn der Autor erfolgreich ist, würde in einem solchen Streit vermutlich der Verlag zurückstecken. Umgekehrt würde ein Newcomer, der endlich nach langem Suchen einen Verlag gefunden hat, eher "kuschen". Bleiben wir realistisch: Wenn jemand als Neuling in Vertragsverhandlungen den hübschen Satz eines Verlegers hört: "Dann suchen Sie sich doch einen anderen Verlag!", wird´s eng - da stehen ja nicht zehn andere gleich um die Ecke, die geifernd auf neue Autoren lauern ... :-(

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann
    ... da stehen ja nicht zehn andere gleich um die Ecke, die geifernd auf neue Autoren lauern ...


    Anmerkung: Natürlich meinte ich damit richtige Buchverlage!
    Von Leuten, die frustrierte Autoren über den Tisch ziehen, stehen sehr wohl Dutzende da herum ...

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann
    ... wenn der Autor erfolgreich ist, würde in einem solchen Streit vermutlich der Verlag zurückstecken. Umgekehrt würde ein Newcomer, der endlich nach langem Suchen einen Verlag gefunden hat, eher "kuschen". Bleiben wir realistisch: Wenn jemand als Neuling in Vertragsverhandlungen den hübschen Satz eines Verlegers hört: "Dann suchen Sie sich doch einen anderen Verlag!", wird´s eng - da stehen ja nicht zehn andere gleich um die Ecke, die geifernd auf neue Autoren lauern ... :-(


    Das leuchtet mir ein.
    Die Frage stellte sich mir (und ich euch *g*) ja auch nur deshalb, weil ich wissen wollte, wem ich für mein Leseerlebnis der besonderen Art denn nun genau zu danken habe. :fetch
    Zumal bei mir die Dialoge nicht so geordnet wie bei Delphin auftraten, sondern mittendrin in einem absatz- und einrückungsarmen Text.
    Amerikanische, Französische, Deutsche, von mir auch auch Eriwanische Gänsefüßchen - aber bitte nicht nur so ein kleines Strichlein.
    Wobei mir Toms angesprochene Experimentierfreudigkeit verständlich ist, aber HIER hat es - zumindest MIR - nicht gefallen. Und das hat mich geärgert. Sehr geärgert. Ich war von dieser Autorin eben anderes gewohnt. Von Howard Carpendale erwartet ein Plattenkäufer schließlich auch keinen Song wie den mit dem "Welt retten müssen". Daher ja auch weiter vorne mein Argument, dass zB Iny Lorentz unter Anni Lechner Bauernidyllen schreibt und unter Nicola Marni Thriller, nur, damit die Fans ihrer Historienschmöker nicht durch Fehlkäufe irritiert/vergrätzt werden.
    Und in meinem Fall wurde ich jetzt, eingelullt durch "Poenichen", "Jauche und Levkojen" etc (Frau Brückner war ja mal neben Frau von Bredow und Leonie Ossowski eine der drei Hauptlieferanten der historisch untermalten Familiensagas, wenn ich mich da recht erinnere) mit einem mir unschön erscheinenden Experiment unschön auf dem falschen Fuß erwischt.
    Ich habe aber inzwischen recherchiert, das Buch ist eines der früheren Werke gewesen, später hat sie dann die mir bisher bekannten Bücher auf die von mir bevorzugte Weise geschrieben.
    Ich habe übrigens sehr wohl auch schon "experimentierfreudige" Autoren gelesen. Teilweise konnte ich mich nach einer Weile tatsächlich an das Experiment gewöhnen. Aber eben hier nicht.
    Und das, liebe Charlie, wollte ich mit "Firlefanzereien" zum Ausdruck bringen.


    Zitat

    Original von Dieter Neumann


    Natürlich ist jedes schlechte Buch eine Zumutung für den, der Geld dafür bezahlt hat. Du beziehst dich hier aber auf den Inhalt eines Werkes, das dir nicht gefallen hat, ein Thema, das hier gar nicht diskutiert wird.
    Ich habe den Begriff "Frechheit" in einem ganz anderen Zusammenhang benutzt:
    Ich halte es für eine Frechheit, Lesern Geld für etwas abzuknöpfen, was sie dann nur unter Qualen lesen können, weil man sich arrogant über die Basics der Schriftsprache hinweggesetzt hat.
    Schlage vor, dass wir dem Niveau zuliebe auf eine saubere Trennung unterschiedlicher Themen in der Diskussion achten.


    :write


    Zitat

    Original von SteffiB
    ...
    Liebe Maikäfer und Delphin und Roma, ich kann trotzdem sehr gut verstehen, dass ihr solche Experimente nicht schätzt. Es ist wirklich Geschmacksache. Ich für meinen Teil würde es sehr schade finden, wenn sich der ein oder andere Autor nicht mehr auf neue und nicht normierte Wege traute.


    :knuddel1 :anbet :wave


    Zitat

    Original von hef
    Na ja, wenn es um eigenwillige Interpunktionen geht, dann habe ich nachts heftigste Diskussionen mit meinem Duden Korrektor.


    Zum Glück für die Leser gebe ich meistens nach ... aber nicht immer :chen


    Na klar, DU nu wieder! :lache

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von Bernard
    Ich denke, es ist wie mit so ziemlich allem beim Schreiben: Wenn man es bewusst einsetzt, ist Vieles möglich. Es sollte eben nicht aus Unkenntnis oder aus Faulheit passieren.


    Das würde ich doch mal genau so unterschreiben. In meinem Fall habe ich mich selbst um die Zeichen der Wahl für Gedankenrede (Kursiv in Gänsefüßen), gesprochenes Wort (in Gänsefüßen) und Unterkapitel-Trennungen (<-->) gekümmert.


    Eingerückte Worte zu Absatzbeginn, Absatzabstand und etwa Großbuchstaben zu Kapitelbeginn kommen einfach aus einer Formatvorlage des Verlages. Da must du dann nur noch bestimmen, wo die Absätze hin sollen.