OT: Non voglio il silenzio
Kurzbeschreibung:
Der Zufall macht die Journalistin Elena und ihren Schwiegervater Adriano 1992 zu Zeugen des Attentats auf den Richter und erbitterten Mafiagegner Borsellino. Ihre folgende Recherche lässt sie in einen Abgrund blicken, in dem Staat, Mafia und Hochfinanz sich Macht und Geld teilen. Kurz darauf stirbt Elena bei einem Autounfall, Adriano überlebt nur knapp. Zehn Jahre später erwacht Elenas Witwer durch den gewaltsamen Tod einer Richterin aus seiner Lethargie und beschließt, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Doch die ist wie Treibsand: Sie ist nicht zu fassen und verschlingt alle, die ihr zu nahe kommen.
Der Aufbau-Verlag hat ein umfangreiches Dossier zum Buch zusammengestellt: www.aufbau-verlag.de/Bleiernes_Schweigen
Über die Autoren:
Patrick Fogli, geb. 1971 in Bologna, Informatiker und Schriftsteller, hat sich mit seinen ebenso akribisch recherchierten wie spannend verpackten Romanen zur neueren italienischen Geschichte bereits einen Namen gemacht. Bisher auf Deutsch erschienen: „Langsam, bis du stirbst“, „Schweig, bis sie dich kriegen“.
Ferruccio Pinotti, geb. 1959 in Padua, Journalist und Essayist, ist auf brisante gesellschaftliche und politische Themen spezialisiert. Er arbeitet u.a. für den Corriere della Sera, L’Espresso, CNN und den International Herald Tribune. Auf Deutsch erschien 2006 sein Buch „Berlusconi Zampano – die Karriere eines genialen Trickspielers“.
Meine Rezension:
Das Attentat auf den als "Mafia-Jäger" bekannten italienischen Richter Paolo Borsellino im Jahr 1992 ist der Dreh- und Angelpunkt des brisanten Romans "Bleiernes Schweigen". Eingebettet in die fiktive Handlung um einen verwitweten Journalisten, der einige Jahre nach dem Unfalltod seiner Frau (ebenfalls Journalistin) beginnt, sich mit ihren damaligen Recherchen auseinanderzusetzen, spinnen die beiden Autoren Patrick Fogli und Ferruccio Pinotti ein ebenso spannendes wie beängstigendes Bild der vergangenen und aktuellen Situation Italiens. So verwoben und komplex die Verflechtungen zwischen Staat, Wirtschaft, Mafia und Freimaurerlogen sind, so komplex ist auch dieser Roman. Immer wieder werden die Erzählstränge und -perspektiven gewechselt, mal in der Ich- und mal in der dritten Person erzählt, Tagebucheintragungen dazwischengeschoben und nicht immer weiß man, wer oder von wem gerade erzählt wird - was auch bis zum Ende nicht vollständig aufgelöst wird, aber sehr authentisch die unzähligen Puzzleteile und offenen Fragen widerspiegelt, mit denen sich Journalisten beschäftigen müssen, die sich an dieses nicht ungefährliche Thema heranwagen.
Das Dossier des Aufbau-Verlages zu dem Thema und eigene Recherchen im Internet legen offen, wie nah der Roman der Wirklichkeit ist, wobei natürlich noch längst nicht alle Fakten bekannt oder aufgedeckt sind und die Wahrheit vermutlich mindestens genauso schrecklich ist wie hier in anspruchsvoller Romanform beschrieben. Das von Jürgen Roth verfasste Nachwort bringt einige erhellenden Erkenntnisse, das Glossar dagegen ist für Leser, die sich mit der jüngeren italienischen Geschichte nicht so gut auskennen, zwar hilfreich, aber viel zu kurz und hätte gerne noch deutlich mehr Namen, Begriffe und Abkürzungen enthalten dürfen.
Dennoch: "Bleiernes Schweigen" ist ein lesenswerter, anspruchsvoller und aufrüttelnder Roman, der von seinem Leser Konzentration und Geduld abverlangt, dafür aber Spannung und eine Fülle von Informationen und Theorien bietet, die nicht nur der Fantasie der Autoren entspringen, sondern auch eine mögliche Wahrheit enthüllen, die noch immer von zuviel bleiernem Schweigen verdeckt wird!
Sehr gute 8 Punkte von mir.