Die Holzhammer-Methode - Fredrika Gers

  • Eine Hamburgerin zieht nach Bayern und schreibt einen Alpenkrimi. Das macht mich als ebenfalls Zugezogene im schönen Freistaat ja gleich neugierig – aber auch ein bisschen skeptisch. Und das leider zu Recht.


    Die Geschichte beginnt mit einem abgestürzten Gleitschirmflieger. Erst einmal für Franz Holzhammer, Polizist in Berchtesgade, keine Sensation, Sportunfälle gibt’s in den Bergen durchaus ab und an mal. Aber dass man so gar nicht erkennt, woran der junge Mann gestorben ist, macht ihn schon ein wenig misstrauisch.
    Kurz darauf wird eine weitere Touristin tot aufgefunden. Ob es einen Zusammenhang zwischen den beiden Todesfällen gibt?


    Neben dem Holzhammer Franz gibt es dann noch die von ihrem Mann betrogene Ärztin Christine, die sich ihrerseits fragt, wie ihre Patientin auf einer simplen Bergwanderung tot umfallen konnte.


    Alpenkrimis strotzen ja in der Regel sowieso schon vor Klischees. Wenn sie dabei aber amüsant und wenigstens halbwegs spannend sind, lese ich sie trotzdem gerne. Hier kommen aber leider sowohl Humor als auch Spannung zu kurz und die Klischees sind einfach zu dick aufgetragen. Der dicke kleine Dorfpolizist Holzhammer, der unfähige aus München strafversetzte Vorgesetzte, die Ärztin mit sperrigem Doppelnamen, etc.


    Dann gibt es noch Einschübe aus Sicht des Täters, der am Anfang konsequent „die Gestalt“ genannt wird. Dies soll den Leser wohl über Geschlecht des Täters in die Irre führen – allerdings wird das Motiv schon sehr früh bekanntgegeben und dann auch die Identität viel zu früh und meiner Meinung nach grundlos aufgelöst.


    Alles in allem leider keine überzeugende Geschichte und weitere Bände mit Holzhammer & Co. werde ich mir wohl sparen.

  • Fredrika Gers: Die Holzhammer-Methode
    Rowohlt Taschenbuch Verlag. 2012. 270 Seiten
    ISBN-13: 978-3-499-25876-3. 8,99 €


    Verlagstext:
    Gestatten: Franz Holzhammer, Hauptwachtmeister in Berchtesgaden. Mitten in der sommerlichen Alpenidylle stürzt ein Gleitschirmflieger vom Himmel. Der junge Mann ist auf der Stelle tot. Hauptwachtmeister Franz Holzhammer hat ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache. Sein Vorgesetzter will die Angelegenheit als Unfall abtun, doch Holzhammer ist es egal, wer unter ihm Chef ist – er beginnt zu ermitteln. Kurz darauf kommt eine Patientin der örtlichen Reha-Klinik ums Leben. Christine, ihre Ärztin, will nicht an einen natürlichen Tod glauben. Und so wird die Zugereiste unvermutet Holzhammers wichtigste Verbündete.


    Die Autorin:
    Fredrika Gers ist gebürtige Hamburgerin und schreibt, seit sie schreiben kann. Sie lernte Bankkaufrau und arbeitete als Schiffsmaklerin. Folgerichtig ging sie anschließend in die Werbung und textete für namhafte Agenturen in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München. Nebenher verfasste sie journalistische Beiträge und Romane. Der großen Liebe wegen zog sie im neuen Jahrtausend ins Berchtesgadener Land. Dort entdeckte sie ihre zweite große Liebe: die Berge. Und schon bald entstand die Idee zu einem Berchtesgaden-Krimi.


    Meine Meinung:
    Das Cover ist ein wenig irreführend. Der Krimi ist seriöser, als das Murmeltier und der kernige Titel vermuten lassen. Der Autorin ist eine ausgezeichnete, weil ausgewogene Mischung gelungen.


    Sprachlich ist der Krimi flüssig zu lesen, ohne seicht zu sein.
    Er ist intelligent ohne zu protzen.
    Er ist sympathisch ohne sich anzubiedern.
    Er ist lustig ohne in Klamauk zu verfallen.
    Er schildert die Natur ohne kitschig zu werden.
    Er ist authentisch ohne Klischees zu bedienen.
    Er ist erfunden, wirkt aber nicht so.
    Er ist spannend.


    Was den Kriminalfall anbelangt, hat die Autorin eine interessante Variante gewählt. Von Anfang an erhält der Leser Einblicke in die Gedankenwelt des Mörders. Er hat somit stets einen Informationsvorsprung vor dem Hauptwachtmeister. Dem Leser ist es möglich, lange vor Franz Holzhammer die Morde zu lösen. Den Spannungsbogen hält meiner Meinung nach die Autorin dennoch aufrecht. Ab dem Zeitpunkt, an dem der Leser die Lösung entdeckt, fiebert er mit, wie es Franz und Christine gelingen wird, die Wahrheit zu entdecken. Im letzten Drittel nimmt der Krimi noch zusätzlich an Fahrt auf. Das Resultat war eine soghafte Wirkung, der ich mich nicht entziehen konnte und wollte.


    Die Protagonisten entfalten sich vor dem Leser, zeigen nach und nach neue Facetten, wirken lebendig. Neben den zwei starken Figuren des Hauptwachtmeisters und der Ärztin, taucht ein bayerischer Buddhist auf, der einen weiteren originellen Blick auf Land und Leute ermöglicht. Der ganze Krimi ist durchdrungen von der genauen Beobachtungsgabe der Autorin. Mit kleinen verdichteten Textbausteinen erzeugt sie mit leichter Hand Atmosphäre im Text, holt mich als Leserin ganz nah an das Geschehen. Hier ein Beispielsatz:


    Auf einem Pfeiler neben der Auffahrt lag eine große, rote Katze und blinzelte Holzhammer verschwörerisch zu, bevor sie wieder das Einflugloch eines etwas zu niedrig aufgehängten Meisenkastens in den Blick nahm.


    Der Krimi vermittelt mir das Gefühl, dass Fredrika Gers der Berchtesgadener Gegend und ihren Bewohnern große Sympathie entgegenbringt. Mit Franz Holzhammer schildert sie die Gegebenheiten eines Einheimischen, mit Dr. Dr. Christine Müller-Halberstadt erfährt man die Sichtweise der Zugereisten. Anekdoten und Naturbeschreibungen verflechten sich ebenso mit der Krimihandlung wie die Darstellungen der privaten Seite der Figuren. Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt und freue mich auf die Fortsetzung dieser Krimireihe, denn im Laufe der Geschichte sind mir die Protagonisten ans Herz gewachsen. Erneut von ihnen zu lesen wird sein, wie gute Bekannte zu treffen.


    Fazit: 9 von 10 Punkten