Inflationäre Ich-Perspektive

  • Zitat

    Original von Nria
    Ich bin ein großer Fan der Ich-Perspektive.
    Aber ich habe überhaupt nicht das Gefühl, dass sie "inflationär" benutzt wird; etwa 90% der Bücher, die ich so in die Hand nehme, sind (leider) in der dritten Person geschrieben, sodass ich immer (positiv) überrascht bin, wenn doch mal ein "Ich" erzählt :)


    Vielleicht sollte ich mal eine Sammlung aufschreiben, wenn ich da so ein gutes Händchen drin habe. :grin


    "Tote Mädchen lügen nicht" kann ich schon mal wärmstens empfehlen. :wave Und "die Blutlinie" / "der Todeskünstler" auch. Außerdem war "Still Missing" sehr gut geschrieben.

    Es ist erst dann ein Problem, wenn eine Tasse heißer Tee nicht mehr hilft. :fruehstueck

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  • Hmh, ich gehöre wohl eher zu den Leuten denen es egal ist, aus welcher Perspektive erzählt wird. Ich gebe zu, das ich da auch nicht sonderlich groß darauf achte, das werde ich in Zukunft mal genauer beobachten :gruebel

    :lesend
    Rachel Aaron - The Spirit Rebellion
    Patrick Rothfuss - Der Name des Windes
    Stefan Zweig - Sternstunden der Menschheit

  • Mich stört die Ich-Perspektive nur, wenn sie schlecht ausgeführt ist. Leider trifft das auf 90% der Fälle zu :rolleyes.
    Besonders schön und bei Autoren offenbar sehr beliebt sind Beschreibungen in der Art "Ich streifte eine Locke meines langen blonden Haares zurück, die sich in meinen blauen Augen verfing. Ein Lächeln lag auf meinen vollen Lippen und ließ meine hervorragend gepflegten weißen Zähne aufblitzen"


    Ich mag die Ich-Perspektive wirklich, ich würde sie nur gerne mal von einem Autor lesen, der sie auch tatsächlich beherrscht. :help

  • .....Dass die anderen Charaktere blass bleiben, kann ich nicht bestätigen - das ist nicht die Schuld der Perspektive, sondern des Autors, dann ist nämlich das Buch schlecht geschrieben und nicht die Perspektive falsch gewählt. Vor allem wird der Charakter des Autors m.M.n. umso deutlicher und das Geschehen wirkt auf mich realistischer -....


    Ich sage meinen Schülern, und hoffe sie damit abzuschrecken gleich die "vermeintlich" einfache Ich-Perspektive zu wählen:


    Der ICH-Erzähler ist der Blindenhund für den Leser. Er muss es schaffen dem Leser ein komplettes 3 D Bild im Kopf, mit allen Sinnen und Informationen entstehen zu lassen, ohne langweilig oder platt zu werden.


    Wenn du das nicht schaffst, besorge dir selbst einen Blindenhund...

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Mich stört die Ich-Perspektive nur, wenn sie schlecht ausgeführt ist. Leider trifft das auf 90% der Fälle zu :rolleyes.
    Besonders schön und bei Autoren offenbar sehr beliebt sind Beschreibungen in der Art "Ich streifte eine Locke meines langen blonden Haares zurück, die sich in meinen blauen Augen verfing. Ein Lächeln lag auf meinen vollen Lippen und ließ meine hervorragend gepflegten weißen Zähne aufblitzen"


    Ich mag die Ich-Perspektive wirklich, ich würde sie nur gerne mal von einem Autor lesen, der sie auch tatsächlich beherrscht. :help


    Was liest du denn für Bücher :gruebel


    Das ist genauso grausam, wie er-Erzählungen, die jeden Dialog mit: sagte sie, meinte er, dacht sie... erklären grrrrrr :bonk

  • Liest sich hier alles wie die Diskussion um "Kaisers Bart". Aber wo keine Probleme sind, da schafft man sich kurzerhand welche. :rofl

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Liest sich hier alles wie die Diskussion um "Kaisers Bart". Aber wo keine Probleme sind, da schafft man sich kurzerhand welche. :rofl


    Nee, da hast du, glaub ich, nicht genau hingeschaut. Die Frage der Erzählperspektive in Romanen und ihrer jeweiligen Wirkung auf die Leser finde ich schon spannend. Sehr sogar.
    Natürlich kann auch des "Kaisers Bart" interessant sein - wenn auch haarig. :chen

  • Grundsätzlich ist es mir egal, welche Erzählperspektive für ein Buch gewählt wird. Manchmal ist es so, dass ich einen Protagonisten sympathischer finde, dass er mir näher ist, wenn er mir seine Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt. Aber, wie gesagt, ob mir ein Buch gefällt oder nicht, hängt nicht von der Erzählperspektive ab.


    Aufgefallen ist mir aber im Jugendbuchbereich, dass die Ich-Perspektive häufiger gewählt wird, besonders in der Fantasyecke. Mir scheint, dass es nach "Bis(s) zum Morgengrauen" von Stephenie Meyer mehr geworden ist. Belegen kann ich es nicht, ich stelle es eher beim Anlesen der Bücher fest.

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann
    Was soll man zu den letzten beiden hef-Statements noch sagen außer: Touché! :anbet


    Wobei da genau genommen zwei Dinge durcheinander geraten sind. Ja, es ist oft überflüssig (weil offensichtlich und redundant) im Dialog durch ein "sagte er/sie/ich" den Sprecher zu identifizieren und es ist auch eher schlechter Stil zu kreativ mit "sagte er/sich/ich"-Synomymen wie meinen/erklären etc. umzugehen, aber das hat nun wirklich nichts mit der Erzählperspektive oder "er-Erzählungen zu tun. In einer Ich-Erzählung sprechen auch manchmal ers.

  • Mir fällt so etwas in einem Buch kaum auf. Musste auch gerade stark überlegen, ob ich in meinem aktuellen eine ich perspektive habe


    Zum erten fiel mir das wirklich bei den Büchern von Dora Heldt auf, nachdem ich die Bücher in einem Rutsch lesen wollte. Beim dritten Buch kam mir irgendetwas komisch vor, als ich es mit den Vorgängern verglichen habe war es schnell klar. Das 1. 3. Und 5. Buch war aus der ersten Person geschrieben und das 2. + 4. Aus der dritten (oder auch umgekehrt genau weiss ich es nicht mehr)
    Für eine Serie find ich das schon sehr merkwürdig. :gruebel

    Wenn du den roten Faden verloren hast, halte nach einem anderem ausschau, vielleicht ist deiner BUNT
    (Das Leben ist (k)ein Ponyhof - Britta Sabbag)

  • Mir ist es auch völlig egal, ob das Buch durchgehend aus der Ich-Perspektive oder in der dritten Person erzählt wird. (oder laufend zwischen beiden Perspektiven gewechselt wird) Viel wichtiger ist der eigentliche Inhalt, zB. eine spannende Handlung und gut ausgearbeitete Protagonisten.


    Bei mir halten sich die Bücher der beiden Perspektiven in etwa die Waage. Mir kam es bisher nicht so vor, als wenn die Ich-Perspektive überwiegen würde.

  • Zitat

    Original von Michi


    Am meisten finde ich es schade, dass aufgrund dieser Perspektive die anderen Charaktere immer etwas blass bleiben.


    Das finde ich interessant, weil ich denke, dass zwar einerseits natürlich der Ich-Erzähler im Mittelpunkt steht, gleichzeitig aber mehr oder weniger mit dem Leser verschmilzt und so gerade die anderen Figuren ins Blickfeld rücken - ganz so, als ich würde ich durch dessen Augen blicken. Damit hat der Leser die anderen immer vor Augen, aber nicht den Erzähler.


    Vielleicht wird diese Perspektive deswegen so gerne im Romantasy-Bereich angewendet, weil der Leser sich so schneller identifizieren kann und der Blick auf das wirklich Wichtige, den übernatürlichen Mr. Right (Vampir, Engel, etc.), nicht verstellt ist :grin

  • Ich lese eigentlich gerne Bücher in der "Ich" Perspektive. Allerdings habe ich das Gefühl das ich solche Bücher noch sorgfältiger aussuche als Bücher die in einer andere Perspektive geschrieben sind. Z.B. darf mir die Hauptfigur nicht im kleinsten unsympathisch sein.
    Ich verlange auch von der Geschichte das sie mich direkt mitreißt und mich nicht langweilt.


    JASS : Wenn du gerade keine Lust auf "Ich" hast wie wäre es denn mit dem Buch Daughter of Smoke and Bone Zwischen den Welten. Ich habe es gerade als ungekürztes Hörbuch und bin noch nicht ganz bei der Hälfte angelangt allerdings schon jetzt sehr begeistert. :-)


    Kurzbeschreibung von Amazon.de
    Was würdest du dir wünschen, wenn du nur eine Perle deiner Kette opfern musst, damit dein Wunsch in Erfüllung geht?
    Wo würdest du hinreisen, wenn du bloß durch eine Tür gehen musst, um nahezu alle Orte der Welt zu erreichen?
    Wie würdest du dich fühlen, wenn du den falschen Mann liebst, er aber die Antwort auf alle deine Fragen ist? Karou dachte, sie wüsste, wer sie ist. Doch dann kommt es zu einer Begegnung, die alles verändert …
    Eine Liebe, die älter ist als die Zeit. Und ein Kampf, bei dem ALLES auf dem Spiel steht. Der erste Band der Serie, die die Welt erobert.


    _

  • Interessante Theorie, Elin, sie klingt logisch. :gruebel


    Es scheint allerdings tatsächlich auf das Genre anzukommen. Wenn ich an "Bis(s) zum Morgengrauen" von Stephenie Meyer denke, dann bleibt Bella etwas "blass". Sowohl Edward als auch Jacob sind dagegen rundum sehr deutlich beschrieben.


    In "Die Rache des Kreuzfahrers" von James Patterson (historischer Roman) ist es der Ich-Erzähler, der im Vordergrund steht. Ich weiß viele Dinge über ihn und kann ihn gut einschätzen. Die weiteren Figuren im Buch bleiben etwas außen vor; ich habe selten ein genaues Bild von ihnen.


    Und als letztes Beispiel "Das ägyptische Amulett" von William Dietrich (historischer Roman): Hier kenne ich den Protagonisten sehr gut, aber auch die anderen Figuren kommen nicht zu kurz, sondern fühlen sich authentisch an.

  • Das "Problem" mit der scheinbar inflationär benutzten Ich-Perspektive in letzter Zeit ist mir auch vor kurzem aufgefallen.
    Ich lese wirklich sehr viele Jugendbücher vor allem mit dem Thema Dystopie etc. wie bei der "Panem"-Reihe und es gibt echt kaum ein Buch dieses Genres oder dieser Richtung, das NICHT aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Tatsächlich bin ich drüber gestolpert, als mir plötzlich und in regelmäßigen Abständen der Name einer Hauptperson entfallen ist, weil der eher selten benutzt wurde... Außerdem habe ich das Gefühl, die Ich-Perspektive dient manchen Autoren einfach dem sinnlosen Gelaber über irgendwelche Gefühle und meist philosophischen Ansätze, die eigentlich keinen interessieren, aber mit denen sich die Leser (meist junge Mädchen) voll und ganz identifizieren können... Es geht dabei meist um das Anschmachten eines Jungen, das freie Ausleben der Gefühle und das Überschreiten von Grenzen bzw Brechen von etwaigen Regeln. Und weil das sich von Buch zu Buch zu wiederholen scheint, ist es sterbenslangweilig (denn das einzige, was sich tatsächlich mal ändert, sind die Regeln und Gesetze des totalitären Staates - nur auf dieses Genre bezogen natürlich!).
    Zwar habe ich jetzt TATSÄCHLICH ein Dystopie-Jugendbuch gefunden, dass von der dritten Person erzählt wird ("Die Stadt der verschwundenen Kinder" von Caragh O'Brien), doch wahrscheinlich wird es für die nächste Zeit erstmal auch das letzte dieses Genres sein...


    Btw finde ich die Erzählperspektiven wie bei "Der große Gatsby" von F. Scott Fitzgerald und bei der "Sherlock Holmes"-Reihe von Arthur Conan Doyle total interessant, wenn also die eigentlichen Hauptpersonen von Nebenstehenden aus der Ich-Perspektive beschrieben werden. So bekommen die Protagonisten ihren ganz besonderen "Touch", find ich. :lache

  • Zitat

    Original von JASS
    Wenn ich fünf Bücher hintereinander mit dieser Perspektive lese, empfinde ich einfach keinen Unterschied mehr zwischen den 5 Ichs. (Im schlimmsten Fall weiß ich weder, wie die Person heißt, noch kommt dessen Geschlecht rüber)


    geht mir genau so. da ich mir die namen der figuren im buch sowieso schlecht merken kann - zwischendurch frage ich mich öfter, wer xyz noch mal war ?( -, finde ich es besonders nervig. schlimm ist auch, wenn der ich-erzähler anfängt zu erzählen und erzählen und der leser erfährt erst ein oder zwei seiten später, ob die figur männlich oder weiblich ist. :rolleyes so gesehen bei "sturmhöhe" und ein paar agatha christies.

  • Die Ich-Perspektive habe ich früher auch nicht gemocht. Ich habe sogar sofort Bücher wieder weggelegt wenn ich gemerkt habe, das es ein "Ich-Buch" ist. Mittlerweile habe ich aber auch gemerkt, das mir dadurch viele gute Bücher durch die Lappen gehen und lese jetzt doch beides.


    Mich hat früher immer gestört, das ich die Geschichte durch die Ich-Perspektive sehr auf mich bezogen habe und mir immer vorgestellt habe, das mir das passiert, und das hat irgendwann genervt. Mittlerweile stelle ich mir einfach vor, wie mir jemand seine Geschichte erzählt und das geschieht ja zwangsläufig in der Ich-Perspektive. Und somit geht auch das Lesen! Obwohl ich immer noch murre, wenn ich merke, das ich ein Ich-Buch erwischt habe. :lache

  • Ich habe das Gefühl, dass die Ich-Perspektive vor allem bei Büchern aus dem Mysterygenre verbreitet ist. Es scheint manchmal auch ein Weg zu sein, den Leser gegenüber der Hauptperson "milde" zu stimmen. Einige Bücher hätte ich bestimmt zur Seite gelegt, wenn sie aus einer Dritte-Person-Perspektive geschrieben wären.