'Wendekreis des Krebses' - Seiten 001 - 105

  • Ich staune gerade, da ich ja die englische Fassung lese, über die scheinbar häufige Verwendung des Wortes "Pritsche". Bei mir ist, so vermute ich aufgrund der Häufigkeit zumindest, die Entsprechung "Cunt". Da empfinde ich Pritsche als ziemlich laue und nicht treffende Übersetzung. :gruebel


    Edit: Mittlerweile kam mir in den Sinn, dass "Pritsche" auch die Übersetzung von "Lay" sein könnte, das ebenfalls regelmäßig auftaucht. Gefiele mir aber auch nicht besonders. Was meinst du als Expertin, Charlie?

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

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  • Heureka, ich hab den ersten Abschnitt geschafft.
    Es ist nicht mehr ganz so schlimm wie am Anfang, aber ganz ehrlich, dieser Typ ist mir zutiefst unsympathisch. Ich verstehe es nicht ganz, weil ich sowohl Stille Tage in Clichy als auch Henry, June und Ich gelesen habe und ich damals nicht so empfunden habe.
    Mit dem Stil komme ich mittlerweile besser zurecht, aber den Menschen dahinter empfinde ich als undankbar, egoistisch, chauvinistisch, ein Ekelpaket. Aber egal, jetzt wirds fertig gelesen ;-)

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Das würde für "Cunt" sprechen. Eine anderer, häufig wiederkehrender Begriff ist Van Nordens "Georgia Cunt". Hilft das?

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    Carl im 2. Abschnitt redet ganz oft von Pritschen- vieleicht hilft dir das, herauszufinden, welches Wort gemeint ist. :wave


    Mit "Pritschen" sind "Matrazen" gemeint - und zwar die lebendigen Matrazen. :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Mit "Pritschen" sind "Matrazen" gemeint - und zwar die lebendigen Matrazen. :-)


    Das weiß ich, lieber Voltaire!
    Es ging ja um das entsprechende Wort im Original, da hat Kurt Wagenseil wohl nicht gut übersetzt. :wave

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Ich tu mich manchmal generell mit Millers Frauenbild schwer. Bislang hat er so ziemlich jede Frau, von der er spricht oder an die er denkt, als Pritsche bezeichnet. Demnach sind in seinem Weltbild alle Frauen Huren. Gibt es überhaupt eine Frau, der er Respekt entgegenbringt?


    Ich denke, man kommt bei der Lektüre von Millers Werken überhaupt nicht um die Frage herum, ob er frauenfeindlich ist. Oder gar menschenfeindlich. Mich beschleicht der Verdacht, dass er Frauen nur dann halbwegs mit Respekt begegnet, wenn er sich in sie verliebt. Siehe Mona, die er zwar auch gelegentlich kräftig abwertet, an der er aber auch nach Jahren noch Positives sieht. Ich staune darüber, ihn in seinen Erinnerungen an sie auch mal sentimental zu erleben. Grundsätzlich muss man bedenken, dass sich das Verhältnis zwischen den Geschlechtern (Inklusive des gängigen männlichen Frauenbilds) zu Millers Zeit erheblich von dem heutigen, zumindest dem erhofften, unterscheidet.


    Ist sein Verhältnis zu Männern grundsätzlich anders? Mit manchen verbindet ihn eine Art Kumpanei (Freundschaft schiene mir übertrieben), die meistens auf seinen eigenen Vorteil hinausläuft, aber respektiert er sie deshalb? Dafür macht er sich zu häufig über sie lustig oder degradiert sie.


    Bezeichnend in dieser Hinsicht die schon mehrfach angesprochene Passage mit Germaine. Tatsächlich respektiert er sie in gewisser Weise, aber ausschließlich als Hure. Ihre Professionalität also, im Gegensatz zu Claude, die sich auch als Mensch zeigt, was ihn stört. Ihn interessieren beide nur als Huren, die Individuen dahinter sind ihm scheißegal. Dasselbe gilt für fast alle seine Gönner, die ihn durchfüttern.


    Ich hoffe, das war jetzt nicht zu wirr. Eigentlich sollte ich nach der Nachtschicht schon längst schlafen. :wave


    Edit gibt ein n aus.

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

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  • Vielleicht sollte man etwas weiter ausholen und statt von "Frauenbild" von "Menschenbild" sprechen. Henry Miller wirkt menschenfeindlich, nicht aber speziell frauenfeindlich.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Vielleicht fällt es mir bei den Frauen einfach stärker auf. Bei den Männern empfinde ich sein Verhalten und seine Einstellung eher als Neid oder Konkurrenzkampf.


    Ich bin eine arme Wurst, also mache ich alle, die auch nur ein bisschen mehr haben als ich oder etwas erfolgreicher sind als ich, in meinen Augen klein, um mich selber in einem besseren Licht zu sehen.

  • :gruebel Ich frage mich, ob Miller überhaupt ein Menschenbild und nicht nur ein Selbstbild hat. Ich empfinde das so, dass er fern jeglicher Moralvorstellung lebt und Werte keine Bedeutung für ihn haben.
    Das heißt nicht, dass ich das bewerte oder diese Einstellung gut finde, aber Probleme habe ich damit erst, wenn andere damit verletzt werden. Das kann ich bis jetzt nicht erkennen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Henry Miller ist ein Amoralist. Und wenn er sich dann gegen herkömmliche Moralvorstellungen wendet - die sich seit damals im Großen und Ganzen nur wenig verändert haben - dann ist es nicht ganz einfach, sein Weltbild zu erfassen. Dieses amoralische Denken ist halt doch nicht allzuoft anzutreffen und daher ungewohnt bis ungewöhnlich.


    In jedem Falle aber finde ich Henry Miller in seinem Denken und Handeln konsequent. Egal ob nun egoistisch oder nicht.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Henry Miller ist ein Amoralist. Und wenn er sich dann gegen herkömmliche Moralvorstellungen wendet - die sich seit damals im Großen und Ganzen nur wenig verändert haben - dann ist es nicht ganz einfach, sein Weltbild zu erfassen. Dieses amoralische Denken ist halt doch nicht allzuoft anzutreffen und daher ungewohnt bis ungewöhnlich.


    In jedem Falle aber finde ich Henry Miller in seinem Denken und Handeln konsequent. Egal ob nun egoistisch oder nicht.


    :write
    Ich denke schon länger darüber nach, warum es mich beim Lesen nicht stört, dass Frauen als Pritsche oder Matratze bezeichnet werden.
    Ich denke, es liegt daran, dass sein Wertesystem in sich stimmig ist- wie du das eben gesagt hast.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch


    :write
    Ich denke schon länger darüber nach, warum es mich beim Lesen nicht stört, dass Frauen als Pritsche oder Matratze bezeichnet werden.
    Ich denke, es liegt daran, dass sein Wertesystem in sich stimmig ist- wie du das eben gesagt hast.


    Stört dich wirklich nicht? Ich kann das Ganze auch in Millers Wertesystem, soweit ich dieses nach einem Teil des Buches überhaupt einschätzen kann, einordnen, aber auch das ändert nichts daran, dass er sich schlicht und ergreifend verachtend äußert.

  • Zitat

    Original von Clare


    Stört dich wirklich nicht? Ich kann das Ganze auch in Millers Wertesystem, soweit ich dieses nach einem Teil des Buches überhaupt einschätzen kann, einordnen, aber auch das ändert nichts daran, dass er sich schlicht und ergreifend verachtend äußert.


    :gruebel :gruebel :gruebel
    Da denke ich noch mal darüber nach. Da es im Buch (bis jetzt) nicht um feste Beziehungen geht, kann ich das akzeptieren.
    Ihn stört es ja auch nicht, dass ich einen komplett anderen Lebensentwurf habe. Problematisch wird es für mich, wenn jemand drittes darunter leiden würde.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch: Ich denke schon länger darüber nach, warum es mich beim Lesen nicht stört, dass Frauen als Pritsche oder Matratze bezeichnet werden. Ich denke, es liegt daran, dass sein Wertesystem in sich stimmig ist- wie du das eben gesagt hast.


    Ich sehe das ähnlich. Miller hat sich nie als Gutmensch präsentiert, von vornherein hat der Leser ihn als Egozentriker kennengelernt und eine Erwartungshaltung wurde nicht aufgebaut. Was ich dennoch vermisse, sind Miller's Beschreibungen über seine Arbeit. Nur über seine sexuellen Ausschweifungen, die Suche nach Essen und seine abfälligen Bemerkungen über Schriftstellerkollegen zu lesen reicht mir für ein Buch mit über 400 Seiten nicht.

  • Bin spät, aber ich lese ...


    Habe jetzt diesen ersten Teil durch und bin etwas unsicher:


    Auf der einen Seite befremdet mich das Buch, teilweise muss ich mich zwingen dranzubleiben. Ich glaube, es wäre besser, den Wendekreis im Urlaub zu lesen, wo ich mich voll auf das Buch einlassen kann. Mitten im (derzeit anstrengenden) Alltag fällt mir das schwer.


    Andererseits fasziniert mich die Sprache in ihrer Klarheit und Direktheit so sehr, dass ich mich permanent auf das Weiterlesen freue.


    In diesem ersten Abschnitt waren es vor allem zwei Sequenzen, die mich begeisterten: Einmal die Beschreibung der beiden Huren Germaine und Claude, zum anderen die "Gedanken zur Musik" am Ende des Kapitels.


    Der Protagonist ist im wahrsten Sinne des Wortes "rück-sichts-los", es interessiert ihn nicht, was andere (über ihn) denken, schon gar nicht, was sie fühlen. Diese Rücksichtslosigkeit paart sich (vor allem in den oben genannten Szenen) mit einer tiefen Emotionalität. Radikaler kann man sich Lebensentwürfe kaum vorstellen, als sie Miller schildert.


    Genuss und Optimismus sind zwei der Prinzipien Millers. Ich bin optimistisch, auch die weiteren Kapitel genießen zu können ... ;-)

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Huhu! :wave


    Darf ich jetzt auch noch in die LR einsteigen? Ich habe noch keinen Eurer (zahlreichen) Beiträge gelesen und ich bin auch erst ca bei der Hälfte des ersten Abschnittes. Das Lesen fällt mir nicht leicht, die Gedankengänge des Protagonisten empfinde ich wirr, aber die Sprache fasziniert mich. Sie ist obszön und unschön, brutal, aber wirklich und auf den Punkt. Das ist mein erstes Buch von Henry Miller und ich bin sehr gespannt darauf, was es noch so bringt.


    Dass dieses Buch u.a im prüden Amerika hohe Wellen geschlagen hat, kann ich mir nun sehr gut vorstellen. So etwas um die 1940er Jahre herum... :wow


    Ob der hedonistische, leidende "Von- der- Hand- in - den- Mund"- Künstler mein Herz noch erobern wird, weiß ich jetzt noch nicht. Eine Tendenz gibt es aber- ich finde ihn unglaublich anstrengend.


    Nachtrag:

    Zitat

    Original von harimau
    Auch pornographisch trifft es für mich nicht richtig, da seine zum Teil expliziten Beschreibungen von Sex nicht um ihrer selbst willen im Buch zu finden sind, sondern sich in ihrer Schnodderigkeit und Härte in seine Wahrnehmung bzw. Darstellung der Realität einfügen.


    Das sehe ich auch so. Diese ganzen Beschreibungen von weiblichen Genitalien beispielsweise haben zwar etwas Anzügliches, aber eher im Sinne von etwas Intimen, das durch Zurschaustellung obzön wird.


    Edit 2: Huhu, Voltaire! Okay, 1930! :-)

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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  • Zitat

    Original von rienchen
    Huhu! :wave


    Darf ich jetzt auch noch in die LR einsteigen?
    Dass dieses Buch u.a im prüden Amerika hohe Wellen geschlagen hat, kann ich mir nun sehr gut vorstellen. So etwas um die 1940er Jahre herum... :wow


    Du kannst jederzeit einsteigen. :-) :wave


    Es war wohl eher so um 1930..... :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von rienchen
    Huhu! :wave


    Darf ich jetzt auch noch in die LR einsteigen?


    Du passt sehr gut in die Runde. Ich habe das Buch auch wieder und bin sehr auf deine Sicht der Dinge gespannt. :knuddel1


    Zitat

    Original von rienchen
    Ob der hedonistische, leidende "Von- der- Hand- in - den- Mund"- Künstler mein Herz noch erobern wird, weiß ich jetzt noch nicht. Eine Tendenz gibt es aber- ich finde ihn unglaublich anstrengend.


    :lache

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Danke, Regenfisch! :-)


    Herrje, was für ein Buch. Der Protagonist erschließt sich mir nicht wirklich. Ich verstehe aber ( glaube ich) die Tendenz, auf die es wohl hinauslaufen soll. Vielleicht bin ich aber ( wahrscheinlich) zu wenig " Künstler" um begreifen zu können, wie man sich von seiner Umwelt existentiell aushalten lassen kann, sie aber gleichzeitig misantrophisch verabscheut. Und dann dieser Stolz. Er lädt sich zum Essen ein und fühlt sich von seinen Gastgebern betrogen und ausgenutzt, weil sie sie ihn gerne bewirten und seine geistigen Ergüsse schätzen. Das Gerede über Frauen- egal, ob nun Hure, Pritsche, Schönheit oder allgemein- wirft auch kein gutes Licht auf ihn, passt aber zu seiner allgemein menschenverachtenden Einstellung. Eine konsequente Zeichnung von Herrn Miller. Das einzige, was der Protagonist wirklich zu lieben scheint, ist die Stadt Paris. Noch nicht mal seinen Beruf darf er lieben- er muss ja leiden, um ihn GUT auszuüben.


    :gruebel


    Meine Güte, das ist alles unglaublich schwierig. Und weiter gehts. Mal sehen, ob ich das noch lange durchhalte. :wave

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)